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Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren

Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren

Titel: Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren
Autoren: Sue Grafton
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überflüssige Gespräche mit seinen Leuten. Er weiß, wann seine Beamten kommen und gehen, er weiß, wer zur Vernehmung geholt worden ist, und er weiß, wann und wieso Berichte unpünktlich geliefert werden.
    »Was kann ich für Sie tun?« sagte er, aber sein Tonfall ließ keine überschäumende Hilfsbereitschaft erkennen.
    »Ich würde mir gern die Akten über Laurence Fife ansehen.«
    Kaum wahrnehmbar zog er eine Braue hoch. »Das verstößt gegen die polizeilichen Grundsätze. Wir haben keine Bücherei hier.«
    »Ich wollte sie ja nicht mitnehmen. Ich möchte nur reinsehen. Bei anderer Gelegenheit haben Sie mir das doch auch erlaubt.«
    »Einmal.«
    »Ich habe Ihnen schon mehr als einmal Informationen geliefert, und das wissen Sie«, sagte ich. »Was gibt’s denn zu zögern?«
    »Der Fall ist abgeschlossen.«
    »Dann sollten Sie keine Bedenken haben. Es ist ja wohl kein Eindringen in jemandes Privatsphäre.«
    Sein Lächeln darauf war dünn und humorlos, und er spielte lässig mit seinem Bleistift, während er, so nahm ich an, die Macht genoß, mich abblitzen zu lassen. »Sie hat ihn umgebracht, Kinsey. Das ist die ganze Geschichte.«
    »Sie sagten ihr, sie solle sich mit mir in Verbindung setzen. Wozu die Mühe, wenn Sie nicht selber Zweifel haben?«
    »Meine Zweifel haben nichts mit Laurence Fife zu tun«, sagte er.
    »Sondern?«
    »Da steckt mehr dahinter«, wich er aus. »Vielleicht möchten wir das schützen, was wir haben.«
    »Hüten >wir< etwa Geheimnisse?«
    »Oh, ich habe mehr Geheimnisse, als Sie sich träumen lassen«, meinte er.
    »Ich auch«, sagte ich. »Nur, warum diese Spielchen?«
    Er warf mir einen Blick zu, der Ärger sein konnte, aber auch etwas anderes. Der Mann ist schwer zu durchschauen. »Sie wissen, wie ich zu Leuten wie Ihnen stehe.«
    »Also, soweit es mich betrifft, ziehen wir am gleichen Strang«, sagte ich. »Ich bin ehrlich zu Ihnen. Ich weiß nicht, was Sie an den anderen Privatdetektiven in der Stadt zu mäkeln haben, aber ich komme Ihnen nicht in die Quere, und ich habe nur Respekt für die Arbeit, die Sie tun. Ich verstehe nicht, wieso wir nicht zusammenarbeiten können.«
    Er starrte mich einen Augenblick an, sein Mund verzog sich resigniert. »Sie könnten mehr aus mir rausholen, wenn Sie lernen würden zu flirten«, sagte er unwillig.
    »Könnte ich nicht. Für Sie sind Frauen doch eine Strafe. Wenn ich flirte, würden Sie mir den Kopf tätscheln und mich rausschicken.«
    Das lockte ihn zwar nicht aus der Reserve, aber er streckte den Arm aus, griff zum Telefon und wählte Erkennungsdienst und Archiv.
    »Hier ist Dolan. Emerald soll mir die Akten über Laurence Fife bringen.« Er legte auf, lehnte sich wieder zurück und sah mich an mit einer Mischung aus Nachdenklichkeit und Mißfallen.
    »Ich höre besser keine Klagen darüber, wie Sie die Sache angehen. Wenn ich auch nur einen einzigen Anruf erhalte — und ich rede von einem Zeugen, der sich belästigt fühlt, oder sonst jemand, einschließlich meiner Leute oder sonst jemandes Leute—, sind Sie dran. Haben Sie kapiert?«
    Ich hob gehorsam drei Finger an die Schläfe. »Pfadfinderschwur.«
    »Wann waren Sie denn ein Pfadfinder?«
    »Na ja, ich war mal fast ‘ne Woche lang ein Wölfling«, sagte ich sanft. »Wir mußten zum Muttertag Rosen auf ein Taschentuch malen, und weil ich das blöd fand, bin ich abgehauen.«
    Er lächelte nicht. »Sie können Lieutenant Beckers Büro benutzen«, sagte er, als die Akten gebracht wurden. »Und setzen Sie sich nicht in die Nesseln.«
    Ich ging in Beckers Büro. Es nahm zwei Stunden in Anspruch, die Papiermassen durchzusehen, aber Cons Zurückhaltung wurde mir verständlicher, denn nahezu das erste, was ans Licht kam, war eine Reihe von Fernschreiben der Westend-Polizei von Los Angeles über einen zweiten Mord. Zuerst dachte ich, es wäre ein Irrtum — Unterlagen zu einem zweiten Fall wären versehentlich in der falschen Akte gelandet. Aber die Einzelheiten knisterten fast auf dem Papier, und ihre tiefere Bedeutung ließ mein Herz heftig klopfen. Eine Buchhalterin namens Libby Glass, weiß, vierundzwanzig, war vier Tage nach dem Tod von Laurence Fife an der Einnahme von gemahlenem Oleander gestorben. Sie hatte für Haycraft und McNiece gearbeitet, eine Treuhandgesellschaft, die die Interessen von Laurence Fifes Anwaltskanzlei vertrat. Was, zum Teufel, sollte das nun wieder?
    Ich blätterte Kopien von Untersuchungsberichten durch, versuchte mir die Geschichte aus kurzen Aktennotizen
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