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Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren

Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren

Titel: Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren
Autoren: Sue Grafton
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mich aber heute noch mit Ihnen in Verbindung setzen und Ihnen Bescheid geben.«
    »Dafür wäre ich dankbar. Geld habe ich. Was immer es kostet.«
    »Ich möchte nicht dafür bezahlt werden, daß ich alte Geschichten aufwärme, Mrs. Fife. Selbst wenn wir herausfinden, wer der Täter war, müssen wir dafür sorgen, daß es hieb- und stichfest ist, und das könnte schwer sein nach der ganzen Zeit. Ich würde gern erst die Akten durchgehen und mal abwarten, wie das aussieht.«
    Sie nahm einen Schnellhefter aus ihrer großen Ledertasche. »Ich habe ein paar Zeitungsausschnitte dabei. Die kann ich Ihnen dalassen, wenn Sie wollen. Hier ist die Nummer, unter der ich zu erreichen bin.«
    Wir gaben uns die Hand. Ihre war kühl und dünn, aber ihr Griff war fest. »Nennen Sie mich Nikki. Bitte.«
    »Wir bleiben in Verbindung«, sagte ich.

    Ich mußte wegen eines Versicherungsanspruchs Fotos von einem Riß in irgendeinem Bürgersteig machen, deshalb verließ ich das Büro kurz nach ihr und fuhr mit meinem VW über den Freeway. Ich hab’s gern voll im Auto, und diesmal war es vollgestopft mit Ordnern und Gesetzbüchern, einer Aktentasche, in der ich meine kleine Automatic aufbewahre, Pappkisten und einem Karton Motoröl, den mir ein Klient geschenkt hatte. Er war zwei Schwindlern zum Opfer gefallen, die ihm »erlaubt« hatten, zwei Tausender in ihre Ölgesellschaft zu investieren. Echtes Motoröl war es schon, aber nicht ihr eigenes; bloß ein billiges von Sears, mit neuen Etiketten überklebt. Ich hatte eineinhalb Tage gebraucht, um die Scheichs aufzuspüren. Außer dem Gerümpel habe ich auch einen gepackten Koffer hintendrin, für Gott weiß welche Notlage. Ich würde für niemanden arbeiten, der mich so schnell braucht. Es gibt mir einfach ein Gefühl der Sicherheit, ein Nachthemd, Zahnbürste und frische Unterwäsche zur Hand zu haben. Vermutlich habe ich so meine kleinen Macken. Der VW ist ein 68er, eins von diesen undefinierbar beigen Modellen mit etlichen Beulen. Er müßte überholt werden, aber ich habe nie Zeit.
    Im Fahren dachte ich über Nikki nach. Ich hatte den Schnellhefter voller Zeitungsausschnitte auf den Nebensitz geworfen, aber eigentlich brauchte ich sie mir nicht anzusehen. Laurence Fife hatte eine Menge Scheidungsfälle bearbeitet und am Gericht den Ruf eines scharfen Hundes gehabt. Er war kalt, methodisch und skrupellos, kein Vorteil entging ihm. In Kalifornien, wie in vielen anderen Staaten auch, gibt es als Scheidungsgrund nur unversöhnliche Differenzen oder unheilbare Geisteskrankheit, wodurch die erfundenen Ehebruchsvorwürfe entfallen, die einst die Hauptstütze von Scheidungsanwälten und Privatdetektiven waren. Geblieben ist die Frage der Güterregelung und des Sorgerechts — Geld und Kinder —, und Laurence Fife konnte für seine Klienten so gut wie alles herausholen. Die meisten waren Frauen. Außergerichtlich stand er im Ruf eines Scharfmachers anderer Art, und man munkelte, er habe in der schwierigen Phase zwischen vorläufigem und endgültigem Scheidungsurteil so manches gebrochene Herz geheilt.
    Ich hatte ihn als klug, fast humorlos, aber sorgfältig empfunden; ein Mann, für den zu arbeiten leicht war, da er klare Anweisungen gab und im voraus zahlte. Eine Menge Leute haßten ihn offenbar: Männer, weil er sie schröpfte, Frauen, weil er ihr Vertrauen mißbrauchte. Er war neununddreißig, als er starb. Daß Nikki angeklagt, vor Gericht gestellt und verurteilt wurde, war einfach Pech. Abgesehen von Fällen, hinter denen offensichtlich ein blutrünstiger Irrer steckt, glaubt die Polizei gern, daß Morde von denjenigen verübt werden, die wir kennen und lieben, und meistens hat sie recht damit — ein schauriger Gedanke, wenn man sich mit einer fünfköpfigen Familie zu Tisch setzt. All diese potentiellen Mörder, die in ihren Tellern stochern.
    Soweit ich mich erinnern konnte, hatte Laurence Fife am Abend seiner Ermordung mit Charlie Scorsoni, seinem Sozius, ein paar Gläser getrunken. Nikki war auf einem Treffen ihres College-Clubs. Sie kehrte vor Laurence zurück, der gegen Mitternacht kam. Er mußte Medikamente gegen zahlreiche Allergien einnehmen, und bevor er schlafen ging, schluckte er seine gewohnte Kapsel. Innerhalb zwei Stunden wachte er auf — Übelkeit, Erbrechen, er wand sich in heftigen Magenkrämpfen. Bis zum Morgen war er tot. Eine Autopsie und Laboruntersuchungen ergaben, daß er an der Einnahme von Oleander gestorben war, der, zu feinem Pulver gemahlen, mit der Arznei
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