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Kind des Glücks

Kind des Glücks

Titel: Kind des Glücks
Autoren: Norman Spinrad
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Kinderwelt umhertobte; sie wurde hingegen eine echte Heranwachsende, deren Wirkungsfeld nicht mehr der elterliche Garten, sondern ganz Nouvelle Orlean und das Hinterland bildeten.
    Mit Genji begann ich die Abwechslung der verschiedenen Cuisine-Stile zu schätzen, die man in Rioville finden kann, und ich lernte die Meisterwerke wahrer chef maestros von gewöhnlicher Cuisine zu unterscheiden; außerdem erwarb ich ein bescheidenes Wissen über die Produkte der Weinbauerkunst. Pallo war musikbesessen, und mit ihm besuchte ich hundert oder mehr Konzerthallen, Tavernen, Open Air-Veranstaltungen und so weiter. Meine Zeit mit Cort war kurz und schwermütig, und meine Eltern waren ganz und gar nicht unangenehm berührt, als ich seiner Gesellschaft müde wurde, denn er war ein Anhänger psychoaktiver Chemikalien – eher mit Begeisterung und rücksichtslosem Mut als mit genauem Wissen und klarer Unterscheidung. Ali flog mit Adlern – das sind große heliumgefüllte Gleitflügel aus feiner Gaze, die uns mit der zauberhaften Erregung antriebslosen Flugs über Land, See und Fluß trugen, wenn auch nicht ganz ohne Gefahr für Leib und Leben. Der Liebhaber, den meine Eltern mit den mißtrauischsten Blicken bedachten, war vielleicht Franco, der mich auf Expeditionen in den Bittersüßdschungel mitnahm, manchmal gleich für drei oder vier Tage, wo wir nur nur zu Fuß weiterkamen, wo wir Betäubungspistolen zum Schutz vor der gefräßigeren Fauna brauchten und einfache Decken auf einem Moosbett als Lager dienten.
    Nun kann man nicht sagen, daß ich der bloße Spiegel der Leidenschaften meiner Geliebten wurde, denn auch ich hatte eigene Interessen, die ich mit ihnen teilte, wenn auch keins von ihnen das Ausmaß einer übertriebenen Besessenheit erreichte. Mein Gefährte zu sein bedeutete, Galerien mit Grafiken zu besuchen und vertraut mit dem Stil der Weltblasen zu werden, hundert Kilometer und weiter mit Motorskiern den Rio Royale hinaufzufahren und dort den Bootsverkehr durcheinanderzubringen und endlos lange und ziemlich unerfahren Schach zu spielen.
    Außerdem gab es in den Kreisen, in denen ich mich bewegte, häufig gegenseitige Befruchtungen jugendlicher Leidenschaften und Interessen, was heißen soll, daß Pallo sich kulinarisch bildete, indem er mit mir speiste, während Franco neue Psychochemikalien kennenlernte und sogar Cort sich verpflichtet sah, sich mit dem Segeln unter einem Adler zu versuchen. Kurz gesagt, als ich siebzehn wurde, war ich ein selbständiges Mitglied der Gesellschaft, hatte einen Kreis von Freunden, Geliebten, Rivalen, ehemaligen und zukünftigen Liebhabern, die in gewisser Weise soziale Zusammenhänge, veränderte Interessen und Beziehungen spiegelten, und ein Leben, das von der Wohnzimmergesellschaft meiner Eltern unabhängig war, wenn ich auch kaum die Ernsthaftigkeit, die künstlerische und wissenschaftliche Bildung oder die Tiefe des Wissens besaß, die dort zu finden waren.
    Falls ich den Eindruck erweckt habe, daß Erotik, Drogen, Sport, Abenteuer und Unterhaltung in unserem Leben eine weit wichtigere Rolle spielten als unsere akademischen Studien, dann muß ich hinzufügen, daß die Forderungen letzterer – sowohl zeitlich als auch dem Aufwand nach – von den erfahrenen Lehrern der Akademie nach dem sechzehnten Geburtstag ihrer Schüler absichtlich stark zurückgenommen wurden. Denn die natürliche Neigung eines jugendlichen Geistes ist es, sich genau die Vergnügungen zu suchen, auf die wir den größten Teil unserer Aufmerksamkeit richteten, und die Flügel ans Nest mühsamer Studien zu binden würde nur die völlig nutzlose Lektion erteilen, daß Wissenschaft eine Plage ist und eine schreckliche Aufgabe, die einem von den Eltern und der Gesellschaft auferlegt wird – und keineswegs eine Freude und ein intellektuelles Abenteuer, dem man aus einem Herzenswunsch heraus nachgeht.
    Mit sechzehn nähert sich der erste Teil der Ausbildung seinem Ende; man hat Lesen gelernt und Wortkristalle zusammenzustellen, man versteht die Grundlagen der Mathematik, hat einige Fähigkeiten darin erworben, sich fließend der unendlich vielfältigen Sprachen des menschlichen Lingo zu bedienen, ist mit der Geschichte der Rasse und mehreren Wissenschaften vertraut, wurde mit der Vielfalt möglicher spiritueller Disziplinen und den physischen Künsten, die zur individuellen Entwicklung zur Verfügung stehen, bekannt gemacht, und für den nicht von selbst motivierten Studenten bleibt kaum noch etwas von bleibendem
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