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Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)

Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)

Titel: Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)
Autoren: Mark Mazzetti
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verwackelten Videoaufnahme vom Verhör greift Davis unter sein kariertes Flanellhemd und zieht ein ganzes Bündel von Ausweisen hervor, die er an einem Band um den Hals trägt. Die ID -Karten gehörten zu den wenigen Dingen, die ihm nach der chaotischen Szene auf der Straße noch geblieben waren.
    »Das ist ein alter Ausweis. Aus Islamabad.« Er zeigte ihn dem Mann hinter dem Schreibtisch. Dann streckte er ihm einen neueren entgegen, der ihn als Mitarbeiter des amerikanischen Konsulats in Lahore identifizierte.
    Ein Telefon klingelte; einer der Beamten griff nach dem Hörer und fertigte den Anrufer kurz ab. »Wir haben einen Mann von der Botschaft festgenommen. Ich rufe Sie zurück.« Das Verhör ging weiter.
    »Sie arbeiten für das Generalkonsulat in Lahore?«
    »Ja.«
    »Als was?«
    »Als … als Berater.«
    »Berater?« Der Mann hinter dem Schreibtisch klang unverkennbar skeptisch. Er machte einen Moment Pause, dann fragte er einen anderen Beamten auf Urdu: »Und wie war der Name?«
    »Raymond Davis«.
    »Raymond Davis, genau«, bestätigte der Amerikaner. »Kann ich mich setzen?«
    »Ja, natürlich«, antwortete der Beamte. »Wollen Sie Wasser?«
    »Haben Sie eine Flasche?«, fragte Davis. »Eine Flasche mit Wasser?«
    Ein anderer Polizist im Raum lachte. »Sie wollen Wasser?«, fragte er. »Kein Geld, kein Wasser.«
    In diesem Moment betrat ein weiterer Polizist hinter Davis den Raum. Ob es schon etwas Neues gebe, wollte er wissen.
    »Versteht er alles? Und er hat gerade zwei Menschen umgebracht?«
    Ein paar Stunden zuvor hatte Raymond Allen Davis, einst Star im Football- und Ringerteam seiner Highschool in West Virginia, später Green Beret bei der US -Army, danach eine Zeitlang Söldner für die private Sicherheitsfirma Blackwater USA und nun Geheimagent der CIA in Pakistan, seinen massigen Körper in den Fahrersitz eines weißen Honda Civic gequetscht und das Auto durch den dichten Verkehr von Lahore manövriert. Die einst von den Moguln, dann von den Sikhs und schließlich von den Briten beherrschte Stadt ist die kulturelle und intellektuelle Metropole Pakistans, und sie gehört seit gut einem Jahrzehnt zum Randgebiet des geheimen Kriegs, den die USA in Pakistan führen.
    Bis 2011 hatte sich die Landkarte der islamistischen Militanz in Pakistan jedoch deutlich verschoben. Rebellengruppen, die zuvor kaum Kontakt miteinander hatten, schmiedeten neue Bündnisse, um den Drohnenkrieg der CIA in den Bergen Westpakistans zu überstehen.
    Gruppen, die ihre Kräfte bis dahin vor allem auf die Planung von blutigen Anschlägen gegen Indien konzentriert hatten, näherten sich immer mehr der al-Qaida und anderen Organisationen an, die den globalen Dschihad propagierten. Einige dieser Gruppen waren in Lahore stark verwurzelt, und deswegen hatten Raymond Davis und ein CIA -Team in einem Safe House eine Operationsbasis eingerichtet.
    Nun jedoch saß Davis auf einem Polizeirevier in Lahore, weil er zwei junge Männer erschossen hatte. Sie hatten sich auf einem schwarzen Motorrad mit gezogenen Waffen seinem Wagen genähert, als er auf einer von Autos, Fahrrädern und Rikschas verstopften Straße dahinschlich. Davis jagte mit seiner halbautomatischen Glock eine Handvoll Kugeln durch die splitternde Windschutzscheibe und traf den einen Mann in den Bauch, in den Arm und an weiteren Stellen. Der zweite wollte davonrennen, aber Davis stieg aus und schoss ihm mehrmals in den Rücken.
    Danach funkte er das amerikanische Konsulat um Hilfe an, und Minuten später kam ein Toyota Land Cruiser in Sicht, der eine Einbahnstraße gegen die Fahrtrichtung entlangraste. Doch der Toyota erfasste einen jungen pakistanischen Motorradfahrer tödlich und raste wieder davon. Um Davis herum waren einige recht bizarre Utensilien verstreut, darunter eine schwarze Maske, hundert Patronen und ein Stück Tuch mit aufgedruckter amerikanischer Flagge. Auf der Kamera in Davis’ Wagen waren heimlich aufgenommene Fotos von pakistanischen Militäreinrichtungen gespeichert.
    Wenige Tage nach dem Debakel belog der Direktor der CIA den Chef des pakistanischen Geheimdiensts sowohl bei einem Telefongespräch als auch bei einem persönlichen Treffen, indem er bestritt, dass Davis für die CIA arbeitete. Präsident Barack Obama ließ auf einer Pressekonferenz im Unklaren, welche Rolle Davis in Pakistan gespielt hatte, und forderte die Freilassung »unseres Diplomaten in Pakistan«. Der CIA -Stationschef von Islamabad, der nur wenige Tage vor der Schießerei in
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