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Kill Decision

Kill Decision

Titel: Kill Decision
Autoren: Daniel Suarez
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durch eine Cocktailserviette mit einer Handynummer und Lippenstiftspuren darauf. Er wischte die Papierserviette beiseite und griff sich das Gerät. «Ja?»
    Pause.
    Er setzte sich auf und knipste die Nachttischlampe an. «Shit. Ja, bin ich. Okay. Ja.» Er blickte sich um. «Jetzt?» Er sah auf seine Armbanduhr, nickte dann widerstrebend. «Okay. Alles klar. Ich komme runter.»
    Zwei Minuten später öffnete Clarke, jetzt in Jeans mit darüber hängendem weißem Button-down-Hemd und barfuß, die rote Tür seines Townhomes in Georgetown. Eine streng aussehende, gutgekleidete Frau in den Fünfzigern kam seine Eingangsstufen herauf. Ein schwarzer Lincoln Town Car stand mit laufendem Motor in der zweiten Reihe. Der Fahrer und ein weiterer Mann im Anzug sahen der Frau nach. Sie bedeutete ihnen weiterzufahren und knurrte dann Clarke an: «Machen Sie, dass Sie wieder reinkommen, Henry, bevor Sie sich noch erkälten.»
    Sie marschierte in die Diele, während Clarke die Tür zumachte. «Es ist drei Uhr morgens, Marta. Hätte das nicht noch ein paar Stunden Zeit gehabt?»
    «Sie riechen nach Gin.» Sie schnupperte. «Und Parfüm. Sind wir allein?»
    «Bis auf das Personal. Wundert mich, dass Sie das nicht auch riechen, bei Ihrer Nase.»
    Sie wischte seine spitze Bemerkung mit einer Handbewegung weg, ging weiter und musterte dabei die hohen Stuckdecken, die Föderalstil-Möbel, die aufwendig verzierte Marmorkamineinfassung und die Kunst-Originale. «Ich hatte ganz vergessen, wie Sie hier wohnen. Ein bisschen konservativ für einen Mann in Ihrem Alter.»
    Er steckte sein Hemd in die Hose. «Das Haus ist schon lange im Besitz meiner Familie. Erinnert mich an meine Mutter.»
    «Ich hätte Sie nicht für den sentimentalen Typ gehalten. Aber bei den K-Street-Mädels wirkt so ein Ambiente zweifellos Wunder.» Sie war bereits in seinem Arbeitszimmer und ergriff die Fernbedienung. Sie schien den Grundriss des Hauses genau zu kennen.
    «Wie schlimm ist es?» Er war in der Tür stehen geblieben.
    Sie schaltete seinen Plasmafernseher an und zappte durch Satellitenkanäle. Blieb als Erstes auf BBC One. Horrorszenen aus Nahost füllten den Bildschirm. Blutgetränkte Straßen, aus der Luft gesehen. Die Laufschrift am unteren Rand verkündete: «US-Drohnenangriff auf Schiiten-Schrein – Tausende Tote und Verletzte.» Die Stimme der Nachrichtenmoderatorin erklärte: «… offizielle Stellungnahme, aber China, Russland und Staatschefs aus der gesamten muslimischen Welt verurteilen den Angriff aufs schärfste.»
    Die Livebilder wurden jetzt von einem Amateurvideo abgelöst: Es zeigte eine tieffliegende Reaper-Drohne, die Raketen in die dichten Menschenmassen rings um die Schreine feuerte. Am Rumpf war deutlich das Stars-and-Bars-Emblem der US Air Force zu erkennen.
    «Der Vorfall ereignete sich vor den Augen Tausender Pilger, die gerade durch die irakische Stadt Kerbela zogen. Obwohl das Pentagon jede Beteiligung der USA bestreitet, sprechen die von Einwohnern aufgesammelten Wrackteile mit US-amerikanischen Markierungen und Seriennummern eine deutliche Sprache. Viele Stimmen werten diesen Angriff als Vergeltungsakt für eine Serie tödlicher Terroranschläge in den USA – etwa das Bombenattentat, das vor einer Woche den Senator von Virginia, Aaron Arkin, und sechs seiner Mitarbeiter das Leben kostete. Ein Nahost-Diplomat bezeichnete die heutigen Geschehnisse als ‹blinden Rundumschlag gegen unsichtbare Angreifer.›»
    «Heilige … was zum Teufel ist da passiert?»
    «Haben Sie The Black Swan gelesen?»
    «Ich habe den Film gesehen.»
    Sie bedachte ihn mit einem finsteren Blick.
    «Was?» Er zuckte die Achseln. «Ist doch nicht das erste Mal, dass die USA die Falschen bombardieren, Marta. Das ist ein Riesenbockmist, aber das versendet sich.»
    «Nein. Diesmal ist es anders …» Sie schaltete weiter auf digitale Nachrichtenkanäle, von Al Jazeera über englischsprachiges russisches Fernsehen zu amerikanischen Cable News. Überall kamen Berichte über den Angriff. Aufnahmen von Verletzten, die in Wagen des Roten Halbmonds in Kliniken transportiert wurden. Schreiende Frauen und Kinder. Der größte Teil Amerikas lag noch im Schlaf und ahnte nichts von dieser jüngsten PR-Katastrophe. «US-Reaper-Drohne richtet Massaker unter schiitischen Pilgern an.» Oder krasser: «Das Imperium schlägt zurück.»
    Eine Videoschleife zeigte auf die Stadt herabregnende glimmende Wrackteile, unterlegt mit dem endlos wiederholten Halbsatz des Reporters:
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