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Ketzer

Ketzer

Titel: Ketzer
Autoren: Stephanie Parris
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sich dieser Aufgabe verschrieben haben. Was ich tue, tue ich einzig und allein um der Sicherheit dieses Reiches und der Person der Königin willen. Besser, es wird in Tyburn ein Priester vor den Augen der Menge bei lebendigem Leibe ausgeweidet, als dass man zulässt, dass er zwanzig andere bekehrt, denen sich später noch weitere Männer anschließen und sich am Ende gegen Ihre Majestät erheben.«
    Ich neigte zustimmend den Kopf, er schien auch nicht mit Widerspruch zu rechnen. Rund um den größten und ältesten Baum des Gartens verlief eine steinerne Bank. Walsingham bedeutete mir, neben ihm Platz zu nehmen.
    »Ihr kennt die Verfolgungen, denen die Gegner Roms ausgesetzt sind, aus eigener Erfahrung. Ströme von Blut würden durch die Straßen Englands fließen, wenn es Maria von Schottland gelänge, den Thron an sich zu reißen. Versteht Ihr mich, Bruno? Aber die Verschwörungen, die dazu bestimmt sind, sie dorthin zu bringen, sind wie die Köpfe der Hydra – einen Kopf schlagen wir ab, und zehn wachsen nach. 1581 haben wir diesen aufwieglerischen Jesuiten Edmund Campion hingerichtet, und jetzt segeln seine Missionare, inspiriert von seinem Märtyrertum, zu Dutzenden nach England.« Wieder schüttelte er den Kopf.
    »Ich beneide Euer Ehren nicht um Eure Aufgabe.«
    »Sie wurde mir von Gott auferlegt, und ich muss nach Männern Ausschau halten, die mir helfen, mein Werk zu vollenden«, erwiderte er schlicht. »Sagt mir, Bruno – stellt Euch der französische
König noch anderes als nur die Unterkunft in der Botschaft zur Verfügung?«
    »Er unterstützt mich eher mit Worten als mit klingender Münze«, gab ich zurück. »Ich hatte gehofft, mir mein karges Stipendium durch das Erteilen von Unterrichtsstunden aufzubessern. Aus diesem Grund beabsichtige ich auch, die berühmte Universität von Oxford aufzusuchen. Vielleicht hat man dort Verwendung für mich.«
    »Oxford? Tatsächlich?« Ein Fünkchen Interesse glomm in seinen Augen auf. »Ein Ort, der mitten im Sumpf des Papismus liegt. Die Obrigkeit der Universität prahlt damit, all jene auszurotten, die noch immer den alten Glauben praktizieren, aber in Wirklichkeit sind die Hälfte der älteren Männer dort heimliche Katholiken. Der Earl of Leicester, der Kanzler, kommt ständig überraschend zu Besuch oder ordnet Nachforschungen an, die Papisten huschen jedoch davon wie Spinnen unter Steine, wenn Licht auf sie fällt. Und sowie wir ihnen den Rücken zukehren, fahren sie fort, die Köpfe von Englands jungen Männern mit ihrer Götzenanbeterei vollzustopfen – die Köpfe derselben jungen Männer, die wir dann bei Gericht oder als kirchliche Würdenträger oder als Politiker wiedertreffen. Unsere künftige Regierung und Geistlichkeit wird direkt unter unserer Nase auf die Seite Roms gezogen. Ihre Majestät schäumt vor Wut, und ich habe Leicester mehr als ein Mal gesagt, er müsse härter dagegen vorgehen.« Er presste die Lippen zusammen, wie um anzudeuten, dass er die Dinge nicht so schleifenlassen würde, wenn er in diesem Punkt das Sagen hätte. »Oxford ist zum Refugium für all jene geworden, die mit aufrührerischen Büchern handeln, und die meisten dieser missionarischen Priester, die aus den französischen Seminaren kommen, sind Oxford-Absolventen.« Er dachte einen Moment nach und schlug sodann einen gemäßigteren Ton an. »Ja, Ihr solltet nach Oxford gehen. Ich würde Euch sogar mit Freuden empfehlen, wenn Ihr der Universität einen Besuch abstatten wollt. Es gibt dort viel Interessantes zu sehen.«

    Er hielt inne, als erwäge er irgendetwas, schließlich schienen seine Gedanken entschlossen in ganz anderen Gefilden gelandet zu sein.
    »Als Ihr mir sagtet, Ihr wärt bereit, Ihrer Majestät zu dienen, wenn sie Eurer Dienste bedürfen sollte – war dieses Angebot ernst gemeint?«
    »Solche Angebote unterbreite ich nicht im Scherz, Euer Ehren.«
    »Für Männer, die ich anheuere, um sie und ihr Reich vor Feinden zu schützen, hat Ihre Majestät immer Gold in ihren Schatztruhen. Und sie würde ihre Dankbarkeit auch auf andere Weise unter Beweis stellen – ich weiß, wie wichtig einflussreiche Gönner für die schreibende Zunft sind. Ich sage Euch jetzt, was der größte Dienst wäre, den Ihr ihr erweisen könntet: Wenn Ihr weiter in der französischen Botschaft wohnen bleibt, habt Ihr die Gelegenheit, viele heimliche Gespräche zu belauschen, und alles, was Ihr über geplante Komplotte gegen Ihre Majestät oder ihre Regierung in Erfahrung bringen
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