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Kerzenlicht Für Eine Leiche

Kerzenlicht Für Eine Leiche

Titel: Kerzenlicht Für Eine Leiche
Autoren: Granger Ann
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wegschließen, Derek, machen Sie sich deswegen keine Gedanken! Und anschließend werden wir uns gründlich umsehen, bevor wir die Kirche absperren. Sie können ganz beruhigt nach Hause gehen, Mrs. Etheridge. Ich danke Ihnen, dass Sie uns auf die Angelegenheit aufmerksam gemacht haben.«

    »Allein nach Hause gehen?«, krächzte Janet entsetzt.
    »Nach dieser Sache? Derek, du musst mich fahren! Du bist doch mit dem Wagen da, oder?«

    »Ja, ja, schon gut, Janet. Setz dich dort drüben hin.« Er deutete auf die erste Kirchenbank.
    »Ganz bestimmt nicht!«, entgegnete sie.
    »Ich bleibe dicht bei dir!« Sie tappten hintereinander her wie drei blinde Mäuse, während sie den gesamten Bau absuchten, Schränke öffneten, staubige Wandbehänge zur Seite schoben und unter Sitzbänke schielten. Sie fanden nichts außer einem Füllfederhalter, den Maurice einen Monat zuvor verlegt hatte, und einer Sammlung Bonbonpapiere im Chorgestühl. Maurice war froh, seinen Füllfederhalter wiederzuhaben. Er hatte das Gerät viele Jahre benutzt und seit seinem Verlust mit einem Kugelschreiber geschrieben, was ihm gar nicht gefallen hatte. Der Federhalter war ein Geschenk von Nancy gewesen. Vielleicht würden sie sich bald wieder begegnen, er und Nancy. Er hoffte es sehr. Es wäre schön, wenn sich der Himmel als der Ort herausstellte, den die traditionellen Vorstellungen zeichneten. Vielleicht stand Nancy ja schon dort und erwartete ihn mit ausgestreckten Händen. Sie schlossen die Kirche ab und gingen.
    Später am Abend, als Maurice sich von den Knien erhob und in sein Bett stieg, überlegte er, dass man die Geschichte nicht zu ernst nehmen sollte. Nichts war gestohlen oder beschädigt worden. Wahrscheinlich hatte nur irgendjemand einen fehlgeleiteten Sinn für Humor. Der Altar war schließlich nicht wirklich entweiht worden. Maurice verspürte keine Lust, am nächsten Tag zur Bamforder Polizeistation zu fahren und einen ermüdenden Bericht auszufüllen. Noch weniger wollte er den Bischof belästigen, einen energischen Mann, der ganz ohne Zweifel eine Untersuchung anstrengen würde. Außerdem war da auch noch die einheimische Presse. Sie konnte Wind von der Sache bekommen und die Geschichte zu etwas aufbauschen, was sie nicht war – und das, so wusste Maurice, brachte manche Menschen überhaupt erst auf dumme Ideen.
    Er würde die Kirche in Zukunft ein wenig früher verschließen, wie Derek Archibald es vorgeschlagen hatte, und er würde sich zusammenreißen und nach jedem Gottesdienst das Altarbesteck wegschließen. Archibald hatte Recht. Die Menschen respektierten das Gotteshaus tatsächlich nicht mehr so wie früher. Maurice hatte Glück gehabt, sein Priesteramt größtenteils zu einer Zeit bekleidet zu haben, in der das Priestergewand noch als Symbol der Autorität respektiert worden war. Heutzutage war dieses Symbol längst verblasst. Und die jungen Priester, zumindest einige von ihnen, waren sehr eigenartig. Ihm war zu Ohren gekommen, dass sein Nachfolger ein Motorrad fuhr.
    Maurice hatte den beiden anderen seinen Unwillen verkündet, die Angelegenheit zu melden, und sie gebeten, nichts über das Rätsel der Kerze und die Kosmos-Blüten zu erzählen. Sie waren einverstanden gewesen.

    »So etwas«, hatte Derek gepoltert und eifrig im Licht der Straßenlaterne vor dem Tor des Pfarrhauses genickt, »so etwas bringt eine Gemeinde ganz schnell in Verruf. Nicht nur die Kirche, die ganze Stadt. Ich bin ein einheimischer Geschäftsmann, und ich will keine Gerüchte von heimlichen schwarzen Messen. Das beeinträchtigt das Geschäft, ganz sicher tut es das.«
    Er hatte nicht erklärt, wie eine schwarze Messe seine Metzgerei beeinträchtigen könnte, doch Maurice hatte ironisch gedacht, dass es Archibalds Geschäft vielleicht sogar beflügeln würde, und sei es nur durch den Handel mit Geflügel und eine gestiegene Nachfrage nach weißen Küken. Doch Derek hatte wie gewöhnlich Recht. Beide hatten in jeder Hinsicht Recht, Mrs. Etheridge und Derek Archibald. Wie unglaublich ärgerlich das doch war.
    »Dann sind wir alle einverstanden, Mrs. Etheridge?«, hatte
    Maurice die Frau gefragt.
    »O ja! Ich werde kein Sterbenswort erzählen! Man weiß schließlich nie, was geschieht, wenn man über solche Dinge redet. Es könnte alles noch schlimmer machen!« Sie hatte die Augen verdreht, bis nur noch das Weiße zu sehen gewesen war wie bei einem verängstigten Pferd. Die naive Frau hatte wahrscheinlich gefürchtet, dass ein schreckliches Gespenst
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