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Kein Öl, Moses

Kein Öl, Moses

Titel: Kein Öl, Moses
Autoren: Unbekannter Autor
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zahlen Sie 1500 Shekel Zinsen. Das macht in zehn Jahren... lassen Sie mich sehen... 3000Shekel.«
    Ich konnte den in solchen Fällen naheliegenden Ausruf »Oi-weh!« nicht unterdrücken und fuhr dann fort:
    »3000 Shekel als zusätzliche Zahlung zu den Monatsraten - das ist aber eine recht kräftige Belastung!«
    »Wo denken Sie hin«, beruhigte mich eilends Herr Feintuch. »Wir würden unseren Kunden eine derartige Zusatzbelastung niemals aufbürden! Im Gegenteil. Wir kassieren diese Dividende im voraus, so daß der Klient praktisch überhaupt keine Zinsen zu zahlen hat. Er refundiert uns nur das Kapital als solches.«
    Das klang vernünftig. Ich würde also einen Kredit von 6000 Shekel auf zehn Jahre aufnehmen, und man würde mir die Zinsen im voraus abziehen. Auf diese Weise bekäme ich zwar nur 3000 Shekel auf die Hand, wäre aber mit monatlichen Rückzahlungen von nicht mehr als 50 Shekel für die nächsten zehn Jahre ganz gut dran. Bei einer Laufzeit von 20 Jahren wäre ich allerdings noch besser dran.
    Ich gab Herrn Feintuch zu verstehen, daß ich eine zwanzigjährige Laufzeit vorziehen würde.
    »Ganz wie Sie wünschen.« Herr Feintuch war die Liebenswürdigkeit selbst. »Für 6000 Shekel betragen die Zinsen bei einer Laufzeit von zwanzig Jahren 6000 Shekel. Aber dafür beträgt die monatliche Rückzahlungsrate nur 25 Shekel.«
    Ich stellte eine hurtige Kopfrechnung an: Wenn ich mir jetzt 6000 Shekel ausborge, von denen mir sofort 6000 Shekel abgezogen werden, brauchte ich mich um nichts mehr zu kümmern, und die 25 Shekel monatlich würden mich schon nicht umbringen. Heutzutage, wo die Inflation mit jedem Tag ansteigt, ist es ja ein Wunder, daß man überhaupt noch ein Darlehen bekommt. Wer weiß, was das Geld in zwanzig Jahren wert sein wird. Aber darüber sollen sich die Banken den Kopf zerbrechen. Was mich betrifft, so kann die Laufzeit gar nicht lange genug dauern. Ein kühner Gedanke durchschoß mein Hirn:
    »Herr Feintuch«, sagte ich mit heiserer Stimme, »wie war's, Sie geben mir einen Kredit auf dreißig Jahre?«
    Herr Feintuch dachte ein wenig nach. Meine grenzenlose Geldgier schien ihm nicht zu behagen.
    »Na ja«, meinte er schließlich. »Warum nicht. Also dreißig Jahre.« Wieder hantierte er an seiner Rechenmaschine. »Damit reduziert sich Ihre monatliche Zahlung auf 16,50 Shekel. Wirklich eine Bagatelle.«
    Die 10 Prozent Zinsen von 6000 Shekel auf dreißig Jahre beliefen sich auf insgesamt 9000 Shekel. Das ergab eine Summe von 3000 Shekel zu meinen Lasten. Ich zog mein Scheckbuch hervor und überreichte Herrn Feintuch einen Scheck auf 3000 Shekel. Dann unterschrieb ich 360 korrekt vordatierte Schuldscheine zu 16,50 Shekel, und dann machten wir uns an die Ausarbeitung der Formulare für eine Hypothek auf meine Wohnung. Die Bürgen werden morgen unterschreiben.
    Die beste Ehefrau von allen schien über meine Transaktion nicht restlos erfreut zu sein. Ich hätte, so fand sie, die Laufzeit des Kredits auf fünfzig Jahre erstrecken sollen.
    »Sehr gescheit gedacht«, entgegnete ich sarkastisch. »Und wo soll ich die 9000 Shekel für die im voraus zu entrichtenden Zinsen hernehmen?«
    Ein strafender Blick begleitete ihre Antwort:
    »Das kann doch nicht so schwer sein. Da nimmt man eben einen langfristigen Kredit auf.« Echt weibliche Logik.

A la recherche du temps perdu
    Mit gewinnendem Lächeln wandte sich die beste Ehefrau von allen an mich:
    »Höre, Liebling. Am nächsten Sonntag haben wir unseren Abituriententag.«
    »Wer - wir?«
    »Der Jahrgang 1953 meines Gymnasiums. Alle werden dort sein. Alle meine ehemaligen Schulkameradinnen und Schulkameraden. Wenn's dir nichts ausmacht, ich meine, wenn du Lust hast, dann komm bitte mit.«
    »Es macht mir etwas aus. Ich habe keine Lust. Bitte geh allein.«
    »Allein geh ich nicht. Du willst mir nicht den kleinsten Gefallen tun. Es ist immer dasselbe.«
    Ich ging mit.
    Alle waren dort. Alle waren in bester Laune, wie immer bei solchen Gelegenheiten. Kaum erschien jemand neuer, wurde er von allen umarmt. Auch meine Frau wurde von allen umarmt und wurde mit »Poppy« angesprochen. Poppy! Man nannte sie Poppy! Und meine Frau fühlte sich auch noch wohl dabei. Ich hingegen fühlte mich so einsam und verlassen wie Israel im Weltsicherheitsrat.
    Die fröhliche, wohlgelaunte, lärmende Unterhaltung hüpfte von einem Thema zum andern.
    »Weiß jemand etwas von Tschaschik? Stimmt es, daß er beim Rigorosum durchgefallen ist? Würde mich nicht überraschen. Er
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