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Kein Öl, Moses

Kein Öl, Moses

Titel: Kein Öl, Moses
Autoren: Unbekannter Autor
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geworden und leerte das Glas bis auf den letzten Tropfen. Welch wunderbares Erlebnis, allein auf der Straße ein Glas Orangensaft zu trinken und erfrischt weiterzugehen.
    Der Kioskinhaber rannte ihm nach:
    »45 Agorot, wenn ich bitten darf!«
    Der Minister starrte ihn an. Es dauerte sekundenlang, ehe er begriff, was gemeint war. Dann faßte er in seine Tasche. Sie war leer. Natürlich. Solche Sachen wurden ja immer von seiner Sekretärin erledigt. Warum mußte sie gerade heute nach Haifa fahren?
    »Schicken Sie mir die Rechnung, bitte«, sagte er dem gierigen Inkassanten und entfloh.
    Als er endlich innehielt, stand er vor einem in Bau befindlichen Haus. Die emsigen Menschen, die rundum beschäftigt waren, beeindruckten ihn tief. Nur der Lärm störte ihn ein wenig. Und was war das für eine graue Masse, die sie dort in dem Bottich zusammenmischten?
    »Einen schönen guten Tag wünsche ich!«
    Ein alter Mann, wahrscheinlich ein Sammler für irgendwelche neu aufgelegten Anleihen, hielt ihm die Hand hin. Auch ihn verwies er an sein Büro.
    Immer neue Überraschungen: Dort, in einer Reihe von Glaskästen, hingen Bilder halbnackter Mädchen! Der Minister blickte auf - jawohl, er hat's erraten: ein Kino. So sah das also aus. Er empfand heftige Lust, hineinzugehen und endlich einmal einen Film zu sehen. Sonst kam er ja nie dazu.
    Der Minister klopfte an die versperrte Eisentüre. Er muß mehrmals klopfen, ehe eine verhutzelte Frauensperson den Kopf heraussteckte:
    »Was los?«
    »Ich möchte einen Film sehen.«
    »Jetzt? Die erste Vorstellung beginnt um vier Uhr nachmittag.«
    »Nachmittag habe ich zu tun.«
    »Dann sprechen Sie mit Herrn Weiss.«
    Und die Eisentüre fiel ins Schloß.
    An der nächsten Straßenecke stand ein ungewöhnlich großer, länglicher, blaulackierter Wagen, der eine Menge wartender Leute in sich aufnimmt. Ein Bus! schoß es dem Minister durch den Kopf. Erst vorige Woche haben wir ihnen das Budget erhöht. Um 11,5 Prozent. Da kann ich ja einsteigen.
    »Hajarkonstraße«, sagte er dem Fahrer. »Nummer 71.«
    »Welcher Stock?«
    »Wie bitte?«
    »Machen Sie, daß Sie vom Trittbrett herunterkommen!« Der Fahrer betätigte die automatische Tür und sauste los. Eine merkwürdige Welt mit merkwürdigen Spielregeln. Der Minister versuchte sich zu orientieren, konnte jedoch mangels irgendwelcher Wahrzeichen ( Hilton-Hotel oder griechisches Restaurant) - nicht feststellen, wo er sich befand.
    Menschen fluteten an ihm vorbei, als wäre nichts geschehen. Dies also ist die Nation, das Volk, die Masse der Wähler. Den jüngsten Meinungsumfragen zufolge wird im Oktober jeder dritte dieser fremden Menschen für ihn stimmen. Der Minister liebt sie alle. Er ist seit seiner frühesten Jugend ein überzeugter Sozialist.
    Endlich, auf vielfach verschlungenen Wegen, hat er zu seiner Limousine zurückgefunden; gerade rechtzeitig, um den Fahrer Gabi herankommen zu sehen.
    »Zwei Sonderzahlungen jährlich und erhöhtes Urlaubsgeld«, sagte Gabi.
    Der Streik war beendet. Sie stiegen ein. Gabi ließ den Motor anspringen.
    Und der Minister kehrte von seinen Abenteuern auf einem fremden Planeten in die Welt seines Alltags zurück.

Ich habe ja so recht
    Ich soll mich hinlegen?«
    »Ja. Hier, auf diese Couch. Legen Sie sich hin, schließen Sie die Augen und erzählen Sie mir, was Sie bedrückt.«
    »Ich verstehe die Welt nicht mehr.«
    »Na ja, das sagt man so. Sie müssen sich schon ein wenig genauer ausdrücken. Vergessen Sie, daß ich Ihr Psychiater bin, und plaudern Sie drauflos. Sprechen Sie zu mir wie zu einem alten Freund. Also.«
    »Also. Wo soll ich anfangen... Sie wissen ja, daß ich mich publizistisch betätige. Unter anderem verfasse ich eine satirische Kolumne für eine unserer führenden Tageszeitungen. Von Haus aus bin ich ein stiller, ruhiger Mensch. Man könnte mich sogar einen Feigling nennen. Aber manchmal schreibe ich sehr scharfe Artikel gegen die Regierung und verschiedene öffentliche Institutionen.«
    »Vollkommen in Ordnung. Wir leben in einer Demokratie.«
    »Trotzdem. Infolge meiner ständigen Angriffe fühle ich mich nun meinerseits gefährdet. Ich fürchte die Rache der Angegriffenen. Zum Beispiel ließ ich vor ungefähr einem Jahr einen scharfen Artikel gegen Dr. Bar-Bizzua erscheinen, den Generaldirektor des Ministeriums für Öffentliche Planung, Sie erinnern sich...»
    »Nicht sehr genau.«
    »Damals verhandelte Dr. Bar-Bizzua für die Regierung mit einer neugegründeten Firma, der Allgemeinen
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