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Kein Freibier für Matzbach

Kein Freibier für Matzbach

Titel: Kein Freibier für Matzbach
Autoren: Gisbert Haefs
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Ellenbogen auf den Tresen, faltete die Hände, legte das Kinn darauf und blinzelte. »Irgendwie ...« Er hüstelte. »Die Sache hat ja zwei Aspekte.« Er richtete sich wieder auf, ließ die Arme baumeln und musterte zuerst Yü, dann Matzbach.
    »Erklärt Euch, Herr«, sagte der Chinese.
    »Von mir aus können wir uns ruhig duzen.«
    Yü deutete eine Verneigung an, sagte aber nichts. Matzbach und der Hauptkommissar kannten einander seit langem; in einer Kleinstadt wie Bonn ist es nicht zu vermeiden, daß Personen mit Hang zu Personen mit krimineller Energie früher oder später kollidieren. Seit sie die Kneipe aufgemacht hatten, war Freiberg einige Male dagewesen – meistens, um auf seine promovierte Konkubine zu warten, die geheimnisvolle Dinge in der nahen UB trieb.
    »Für einen Chinesen ist ›Ihr‹ und ›Herr‹ schon ziemlich vertraulich«, sagte Matzbach. »Du solltest ihn nicht drängeln.«
    Freiberg legte eine Faust auf den Tresen. »Bah. Also – zwei Aspekte, wie gesagt. Jemand hat Schmidt gemetzelt – wer, wo, wann, warum? Und: Wieso hat man die Leiche auf eurem Anleger deponiert? Es liegt nahe, eine Verbindung zwischen den Dingen zu vermuten, oder?«
    Matzbach grinste. »Es wird sich als Fraktal herausstellen, Junge. Eine der berühmten akausalen Verbindungen, denen du nicht einmal mit transfiniter Beweisführung gerecht werden kannst.«
    »Ach hör doch auf mit deinem Gesabber.« Freiberg betrachtete Yüs ausdrucksloses Gesicht. »Von Ihnen – von dir weiß ich wenig. Schwatzbach würde nur jemand umnieten, wenn es sich irgendwie lohnt oder nicht vermeiden läßt. Ihr habt bestimmt Schulden gemacht, um das Ding hier zu finanzieren. War Schmidt reich und hat euch ins Testament gesetzt?«
    »O Mann.« Yü holte tief Luft und zeigte die Schneidezähne. »Ich verwende die Seidenschnur oder die blanke Hand. So eine Sauerei würde ich nie anrichten, schon gar nicht auf der eigenen Türschwelle. Und abgesehen von den üblichen Unersprießlichkeiten weiß ich nichts von bösen Menschen mit bösen Vorfahren.«
    »Was für Unersprießlichkeiten?«
    »Ach, Schutzgeldforderungen und derlei.«
    Freiberg nickte. »Trübe Sache, greift immer weiter um sich. Habt ihr da Probleme?«
    Yü hob die Schultern. »Immer mal wieder. Letzte Woche hab ich einen rausgeworfen, der kassieren wollte.«
    »Und?«
    »Nix und.«
    Matzbach blies eine lange Rauchschlange zwischen Freiberg und Yü. »Yü hat ihm den rechten Unterarm gebrochen. Und gesagt, wenn er wiederkäme, würde er mit dem linken weitermachen. Bis jetzt hatten wir Ruhe. Ich fürchte, du wirst die ganze Routine fahren müssen, Freibier. Vielleicht weiß seine Schwester ja was – die von Albo.«
    »Schwester? Aha. Ist die auch schwul?«
    Yü breitete die Arme aus. »Eine Frage der Definition.«
    Freiberg zwinkerte. »Inwiefern?«
    »Zwei Leute machen’s nur mit Männern«, sagte Matzbach. »Der eine ist schwul; was ist die andere? Konfuzius hat das in einem Aufsatz über amorphe Logik mal als ›einseitiges Dilemma‹ bezeichnet.«
    »Für Konfuzius bin
ich
zuständig«, sagte Yü.
    »Ihr könnt mich mal«, sagte Freiberg; knurrend glitt er vom Hocker.
    »Aber nicht sofort, oder?« Matzbach nahm die Zigarre aus dem Mund, betrachtete das feuchte Ende und schüttelte den Kopf. »Nein, jetzt nicht.«
    »Wo wohnt die Schwester, und wie heißt sie?«
    Yü schob die Unterlippe vor. »Wir haben hier leider nur uninteressante Adressen. Sie steht aber bestimmt im Telefonbuch, unter Schmidt.«
    »Schön, das sind höchstens sechs Seiten. Alt, jung, geschieden? Und, bittebitte, hat sie vielleicht einen Vornamen?«
    Matzbach kicherte. »Verwitwet. Ihr Mann ist mal zu schnell gefahren. Und der Vorname wird dir nicht gefallen.«
    »Moment. Wieso heißt sie Schmidt, von wegen verheiratet und verwitwet? Kein Doppelname?«
    Yü starrte an die weißgestrichene Decke und bemühte sich um eine ausdruckslose Miene. »Sie hieß Schmidt, hat einen Mann namens Schmidt geheiratet, auf den Doppelnamen verzichtet und nach Eintritt der Witwenschaft ihren Mädchennamen wieder angenommen.«
    Freiberg schloß die Augen. »Vorname.«
    »Tja«, sagte Matzbach. »Noch so was Germanisches.«
    Der Hauptkommissar öffnete die müden Augen. »Und zwar?«
    »Rapunzel. Rapunzel Schmidt.«
    Freiberg kratzte sich den Kopf.
    »Ich glaube«, sagte Yü, »Feldsalat mag sie nicht.«
    »Irgendwie«, sagte Freiberg finster, »fühl ich mich hier ein bißchen verarscht. Wir sprechen uns noch.« Er ging zur
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