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Kein böser Traum

Kein böser Traum

Titel: Kein böser Traum
Autoren: H Coben
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Konzert gewesen  – wäre es denn verwunderlich gewesen, wenn ich in den ersten Tagen nach der Katastrophe völlig verstört gewesen wäre. Wer sollte mir das übel nehmen?«
    Graces Stimme klang sanft. »Ich würde es dir nicht übel nehmen.«
    »Also bitte. Was soll das dann?«
    »Zuerst hast du eigentlich nichts wirklich Schlimmes getan. Du bist zu diesem Konzert gegangen, um Gerechtigkeit für deinen Bruder zu fordern. Du hast einen Mann zur Rede gestellt, der einen Song gestohlen hatte, den dein Bruder und ein Freund geschrieben
hatten. Das ist kein Verbrechen. Aber die Dinge sind aus dem Ruder gelaufen. Dein Bruder ist gestorben. Nichts konnte ihn wieder lebendig machen. Also hast du das getan, was du für das Beste hieltest.«
    Sandra Koval breitete die Arme aus. »Was willst du dann eigentlich noch von mir, Grace?«
    »Antworten, schätze ich.«
    »Sieht so aus, als hättest du einige schon bekommen.« Dann hob sie den Zeigefinger und fügte hinzu: »Hypothetisch gesprochen.«
    »Vielleicht auch Gerechtigkeit.«
    »Gerechtigkeit wofür? Du hast doch gerade selbst gesagt, dass verständlich ist, was passiert ist.«
    »Der erste Teil, ja«, konterte Grace in unverändert sanftem Ton. »Wenn die Sache damit zu Ende gewesen wäre, ja, dann würde ich mich vermutlich damit zufrieden geben. Aber dem ist nicht so.«
    Sandra Koval lehnte sich zurück und wartete.
    »Als Shane einverstanden war, die Rolle von John Lawson zu übernehmen, musste er, als Jack, alle Brücken hinter sich abreißen und nach Europa gehen. Für Geri Duncan war er wie vom Erdboden verschluckt. Einen Monat später erfährt sie, dass sie schwanger ist. Sie versuchte verzweifelt, den Vater ihres Kindes zu finden. Deshalb kam sie zu dir. Vermutlich hatte sie vor, einen Neuanfang zu wagen. Sie wollte die Wahrheit sagen, einen sauberen Schnitt machen und ihr Kind zur Welt bringen. Du kanntest meinen Mann. Er hätte Geri niemals mit einem Kind sitzen gelassen. Vielleicht hätte auch er reinen Tisch machen wollen. Und dann? Was wäre dann mit dir passiert, Sandra?«
    Grace betrachtete ihre Hände. Sie zitterten noch immer.
    »Du musstest Geri zum Schweigen bringen. Du bist Strafanwältin. Zu deinen Mandanten gehören Kriminelle. Und einer von denen hat dir einen Killer namens Monte Scanlon vermittelt.«

    »Nichts von alledem kannst du beweisen«, sagte Sandra.
    »Die Jahre vergingen«, fuhr Grace fort. »Jack Lawson war inzwischen mein Ehemann geworden.« Grace verstummte. Carl Vespa fiel ihr ein und dass er gesagt hatte, Jack Lawson hätte gezielt nach ihr gesucht. Dieser Punkt war noch immer nicht geklärt. »Wir hatten Kinder. Ich wollte zurück in die Staaten. Jack war dagegen. Ich bin hartnäckig geblieben. Wegen der Kinder. Vermutlich ist das mein entscheidender Fehler gewesen. Ich wünschte, er hätte mir damals einfach die Wahrheit gesagt …«
    »Und wie hättest du reagiert, Grace?«
    Sie überlegte. »Ich weiß es nicht.«
    Sandra Koval lächelte. »Er hat es vermutlich auch nicht gewusst.«
    Das Argument war nicht von der Hand zu weisen. Aber für Betrachtungen dieser Art war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt. »Schließlich sind wir nach New York gezogen. Was dann passiert ist, weiß ich nicht. Da musst du mir helfen, Sandra. Ich glaube, angesichts des Jahrestages des Massakers und Wade Larues Freilassung, haben Sheila Lambert – oder vielleicht auch Jack – beschlossen, dass es an der Zeit war, die Wahrheit zu sagen. Jack hat schon immer unter Schlafstörungen gelitten. Möglich, dass beide endlich ihr Gewissen erleichtern wollten. Was du natürlich nicht zulassen konntest. Den beiden hätte man vermutlich verziehen. Aber dir? Niemals! Du hast immerhin Geri Duncan ermorden lassen.«
    »Darf ich mal fragen, wie du das, bitte schön, beweisen willst …?«
    »Dazu kommen wir noch«, sagte Grace. »Du hast mich von Anfang an belogen. Aber in einem Punkt warst du aufrichtig.«
    »Bin ich nicht ein Prachtstück?« Ihr Sarkasmus war nicht mehr zu überbieten. »Klär mich auf. Wobei war ich denn so ehrlich?«
    »Als Jack das alte Foto in der Küche gesehen hat, hat er Geri
Duncan über die Suchmaschine im Computer ausfindig machen wollen. Dabei hat er erfahren, dass sie tot, bei einem Brand ums Leben gekommen ist. Er muss sofort vermutet haben, dass das kein Unfall war. Also hat er dich angerufen. Neun Minuten habt ihr telefoniert. Du musstest befürchten, er könnte dem Druck nicht mehr standhalten. Schnelles Handeln war angesagt.
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