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Kein Blick zurueck

Kein Blick zurueck

Titel: Kein Blick zurueck
Autoren: Nancy Horan
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Stuhl. »Wir sprachen von den wahren Dingen.« Seine Stimme nahm einen angespannten Unterton an. »Dinge, die mir eine Zeitlang einen klaren Verstand bewahrten. Oder erinnerst du dich nicht mehr?«
    »Doch, ich erinnere mich.«
    »Erinnerst du dich, als du zum ersten Mal zu mir ins Studio kamst? Du warst gerade erst in Arthur Huertleys Haus gewesen. Du zitiertest Goethe. Du nanntest es ›gefrorene Musik‹.«
    »Stimmt. Am liebsten wäre ich durch dieses Haus getanzt.« Frank schüttelte den Kopf. »Ich kann dir nicht annähernd schildern, was für einen Eindruck du auf mich machtest. Da war diese schöne Frau, so redegewandt und begabt, die verstand … Sag mir etwas, Mamah. In all den Stunden, die wir miteinander verbrachten, war ich der Einzige, der dieses Staunen empfand?«
    Sie starrte auf ihre Hände, die in ihrem Schoß lagen. »Nein.« »Dann war es nicht meine Einbildung?«
    Mamah hob den Blick. So schnell, dachte sie. Ich bin so schnell Wachs in deinen Händen. Sie zögerte, presste die Lippen zusammen. »Erinnerst du dich an meinen dritten Besuch in deinem Studio?«
    »Den dritten?«
    »Nun, ich erinnere mich«, sagte sie. »Haargenau. Deine Sekretärin ließ mich ein. Ich war früh dran für einen frühen Termin, also muss es ungefähr morgens gegen halb neungewesen sein. Im Kamin brannte schon ein großes Feuer. Du warst oben auf der Galerie und unterhieltest dich mit diesem Künstler…«
    »Dickie Bock.«
    »Ja.« Mamah holte tief Luft. »Er war dort oben und arbeitete an einer Skulptur. Ich erinnere mich, dass du mich nicht sehen konntest, weil ich abseits in einer Ecke stand. Dann kam Marion Mahony herein, und auch sie sah mich nicht. Ich muss irgendwie in einer blinden Ecke gestanden haben.« Mamah lächelte und erinnerte sich an das Vergnügen, mit dem sie beobachtet hatte, wie der Vormittag in dem Studio Fahrt aufgenommen hatte.
    »Marion wirkte so elegant«, sagte sie. »Sie trug einen dicken Mantel und einen Turban mit Paisley-Muster. Ich sehe ihn vor mir. Du schautest auf sie hinab und sagtest: ›Was hast du denn da für ein Ding auf dem Kopf?‹ Ich wollte schon anfangen loszukichern, hielt mich dann aber zurück, denn sie wirkte zunächst gekränkt. Sie sagte: ›Gefällt er dir nicht?‹
    Du tratest ans Geländer und zogst sie auf. Du sagtest: ›Bei einem Zauberer gefällt er mir.‹ Und sie erwiderte wie aus der Pistole geschossen: ›Ich bin ein Zauberer.‹«
    Frank ließ ein herzhaftes Lachen hören.
    »Erinnerst du dich, was du dann tatest?«, fragte Mamah. Er zuckte die Schultern.
    »Du hobst Hände und ergabst dich.«
    Frank grinste jetzt. »Sie glaubt, sie bewirke Wunder für mich.«
    »Tut sie das?«
    »Sie hält mich auf Trab. Sie ist schlagfertig.«
    »Nun, ich sage dir etwas. Ich wollte an diesem Tag Marion sein , mehr als du es dir vorstellen kannst. Ich wollte jeden Morgen damit beginnen, dich laut zum Lachen zu bringen.« Da sind wir wieder, dachte sie und merkte, wie ihre Augenfeucht wurden. »Neben dir zu sitzen, nach oben zu schauen und jemandem bei der Arbeit an einer Skulptur zuzusehen… Die kreative Energie zu spüren, die diesen Raum durchströmte… An jenem Tag im Studio sehnte ich mich danach, jemand zu sein, auf den du absolut bauen konntest. In Wahrheit tue ich das immer noch.«
    Frank streckte die Hand aus und strich ihr damit über die Brauen, dann seitlich über das Gesicht. Sein Zeigefinger berührte die Perle an ihrem Hals.
    Mamah spürte, wie ihr Herz raste. »Verliebst du dich immer in deine Kundinnen?«
    »Nur einmal«, sagte er. »In eine.«
    Er stand auf, nahm ihre Hand und führte sie zu dem Sofa im Wohnzimmer, wo er ihr sanft bedeutete, sich hinzulegen. Sie lagen einige Zeit beieinander, ihr Kopf auf seiner Brust, bis seine Hände zu wandern begannen. Seine Handgelenke knirschten, als er ihre Bluse öffnete und seinen Mund an ihre Brust legte. Ein Stromstoß durchzuckte ihren Körper und riss ihre Hüften nach oben. Ihre Hände suchten ihn, kämpften ungestüm gegen den Stoff. Im nächsten Moment lag er in voller Länge neben ihr, und die nackte Landschaft seines Körpers glitt über sie, als sie wortlos einen gemeinsamen Rhythmus fanden.
Kapitel 5
    Es war ein Sommer der atemberaubenden Risiken.
    Für jeden sorgsam ausgearbeiteten Plan gab es einen sorglosen Besuch. Sie hörte ein Klopfen an der Tür und sah Frank mit aufgerollten Hemdsärmeln vor sich stehen, eine Blaupause für die Garage unter dem Arm, als wäre er nurschnell vorbeigekommen, um
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