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Kauffahrers Glück

Kauffahrers Glück

Titel: Kauffahrers Glück
Autoren: C.J. Cherryh
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besaß, wünschte sich, die hiesigen Preise seien auf Schildern ausgewiesen.
    Sie hatte den Ellbogen auf der Theke liegen und machte ganz den Eindruck, als gehörte sie hierhin; und er hatte keine Deckung mehr, jetzt nicht mehr, wo sie ihn erkannt hatte, ein Mann mit einem bedeutungslosen Namenssticker auf dem Ärmel und ohne die Möglichkeit zu behaupten, er sei zufällig hier. Noch nie in seinem Leben hatte er sich derart nackt gefühlt, nicht einmal wenn er mit gefälschten Papieren Polizisten gegenüberstand.
    »Möchten Sie einen Drink?« fragte er, aus der Tiefe seiner Originalität schöpfend.
    Sie war - vielleicht - in den mittleren Zwanzigern. Sie zog allein durch die Bars mit diesem Kleeblatt auf dem Ärmel, und sie befand sich dabei in Sicherheit: niemand beraubte einen Dubliner in einem Nachtasyl und konnte noch planen, weiterzuleben. Vielleicht hatte sie vor, sich stark zu betrinken und jemanden zu schnappen, der ihr gefiel, wenn ihr überhaupt jemand gefiel; vielleicht war sie auf Informationen aus und vielleicht würde sie ihn gerne loswerden, um ihre Suche nicht durch Inkonsequenz selbst zu behindern. Sie war gefährlich, und keineswegs nur für seinen Stolz und für seine Träume.
    Sie deutete auf den Hocker neben sich, und er kam herbei und ließ sich darauf nieder, mit einer gewaltigen Taubheit in der Körpermitte und schwitzenden Handflächen. Er blickte nervös zu dem Barkeeper auf, der zu ihnen kam und ihn mit schmalem Blick musterte.
    »Wählen Sie«, sagte Sandor zu A. Reilly, und sie hob das Glas, das sie schon fast ganz geleert hatte. »Zwei«, brachte er dann heraus, und der Barkeeper ging davon.
    Zwei, überlegte er, konnten teuer werden. Es konnten sehr gut die teuersten Drinks werden, die er je bestellt hatte, falls eine unbezahlte Barrechnung auch Fragen nach dem Rest seiner momentan unsicheren Finanzen hervorrief. Er blickte mit echter Verzweiflung in A.
    Reillys Mitternachtsaugen, und der Gedanke formte sich in seinem Kopf, dass eine Verhaftung nur um ein Geringes schlimmer sein würde als das Eingeständnis der Armut in Gegenwart einer Dublinerin.
    »Lucy«, las sie seinen Aufnäher laut ab, neigte dabei den Kopf, um einen Blick auf die Seite seines Armes werfen zu können. »Systemintern?«
    »Nein«, sagte er, während ihm Hitze ins Gesicht stieg. Seine Entrüstung trug ihm zumindest ein kurzes Heben ihrer Hand ein und Missbilligung der Frage, die sie gestellt hatte, denn ein Sprungschiff war ein bei weitem anderes Unternehmen als die systeminternen Frachter und Minenschiffe. In diesem Sinn wenigstens gehörten die Lucy und die Dublin in dieselbe Kategorie.
    »Welches ist dann Ihr Heimathafen?« fragte sie, entweder, um der Stille den Gnadentod zu geben, oder auch nur aus sinnvoller Vorsicht bei ihren Kneipenkontakten. »Dieser hier?«
    »Wyatts«, sagte er. Der Barkeeper kehrte mit zwei Drinks zurück und zögerte, widmete ihm die Art Blick, die besagte, dass er gerne einen Kreditschein sehen würde, ginge es nur um ihn allein, ließ aber dann die Augen nachdenklich über den Kleeblattaufnäher schweifen und zog sich schweigend zurück.
    Sandor nahm beide Gläser und schob eines zu A. Reilly hinüber, die gerade bei ihrem ersten in den letzten Zügen lag.
    »Danke«, sagte sie. Er begrenzte seine Schlucke auf weniger, als er eigentlich wollte, hoffte, es in die Länge zu ziehen und dabei sie zu bremsen, denn in einer solchen Kneipe wurden höhere Trinkgelder gegeben, als er für Mahlzeiten auszugeben pflegte.
    Und verzweifelt versuchte er, sich irgendeine beiläufige Frage auszudenken, die er ihr in Erwiderung stellen konnte. Aber er schaffte es nicht, denn jedermann wusste, wo die Dublin zu Hause war, und mehr zu fragen, hätte sich nach Schnüffelei von jemandem angehört, wie er einer war. »Schon lange hier?« fragte sie.
    »Drei Tage.« Er stürzte sich erleichtert auf diese Frage. »Habe vor, meine Tanks zu füllen und Fracht an Bord zu nehmen. Von hier aus geht es nach Fargone. Ich habe kein großes Schiff, aber es ist meines, frei und unbelastet. Ich komme zur Zeit etwas voran. Versuche, hier eine Besatzung zu finden.«
    »Oh.« Ein leises, flaches›Oh‹. Es bedeutete ein Erkennen der Klasse, zu der er gehörte.
    »Ich bin legitimiert. Ich hatte nur bislang einiges Pech. Sie kennen nicht zufällig irgendeinen ehrlichen Fernspringer, der hier gestrandet ist, oder?«
    Sie schüttelte den Kopf, hatte immer noch diesen Ausdruck in den Augen, der von Wachsamkeit gegenüber
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