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Kauffahrers Glück

Kauffahrers Glück

Titel: Kauffahrers Glück
Autoren: C.J. Cherryh
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verbunden und gaben nur selten Berichte über geringfügige Kriminalität an andere Stationen weiter, aus denselben Gründen, warum die großen Konzerne sich nur selten Sorgen um ferne und kleine Konten machten. Aber wenn man es aus irgendeinem Grund mit einer Kauffahrerfamilie verdarb, dann würde sich die Nachricht davon verbreiten und einen von Stern zu Stern jagen, jede Station und jede von Menschen besiedelte Welt vor einem warnen, so dass man sterben musste oder einen schließlich irgendeine Station packte und geistig manipulierte, was in Sandors Augen dasselbe war. Er hatte nichts mehr mit Frauen; solchen Annäherungsversuchen hatte er abgeschworen.
    Aber in den für ihn endlosen Nächten gab er sich Träumen hin, da er siebenundzwanzig war und fast immer allein. Und bei diesem Anblick im Silberoverall vor ihm vergaß er den alten Mann mit den zerlumpten Ellbogen, an den er sich anzupirschen versucht hatte, vergaß auch den mit den leeren Stellen, wo sonst Armelaufnäher zu finden waren, vergaß schließlich den blutjungen Kurzstreckenflieger, der wieder eine andere und sicherere Aussicht geboten hatte. Er starrte auf diesen schlanken Rücken und erblickte im Strom des Haares eine Nacht, in der Sterne brannten - sah aber gleichzeitig auch den Arm auf der Bar mit dem Kleeblattaufnäher der Reillys, der grün in dem grünen Neongleißen brannte, das von den Lampen über der Bar stammte, und dieser Aufnäher besagte ihm, dass sie unter Kauffahrern eine von allererstem Rang war, eine Prinzessin mit einem Namen, der Kredit hatte, wo es ihr gefiel, die weit reiste und tat, was sie tun wollte. Nichts vom Format der Lucy hatte eine Chance gegen die Dublin Again, dieses große und moderne Wunder, hinter dessen Namen saubere Korridore standen und saubere Overalls und angehäufter Kredit in Stationskonten von Cyteen bis Pell. Diese Frau wurde von anderen Dublinern begleitet, Vettern oder Brüdern, großen dunkelhaarigen Männern verschiedenen Alters. Er sah sie in einem Nebel neben ihr und wie sie mit ihr redeten; und ihr Arm hob das Glas, und ihr Haar wippte mit dem Funkeln des wechselnden Neons wie eine Ansammlung roter Sterne... dann drehte sie den Ellbogen, um das Glas abzusetzen, und ein zweites mal wirbelte die sternenhelle Nacht.
    Ah, betete er verschwommen zu Gott, denn er wollte ihr Gesicht nicht sehen, weil sie vielleicht überhaupt nicht schön war, und er konnte rechtzeitig wegsehen und diesen schönen Rücken und diese Haarwolke in seinen eigenen alkoholvernebelten Traum verwandeln, der ihm auf den langen Wachen Gesellschaft leistete - solange sie eben kein Gesicht hatte. Aber er war zu gelähmt, um sich zu bewegen, und mit jener selben langsamen Bewegung drehte sie sich gänzlich herum und schüttelte die lebendige Nacht aus ihrem Gesicht, das im wechselnden Neonlicht gerade blau leuchtete.
    Und damit war er gefangen, denn er vergaß zu lachen und vergaß überhaupt alles, was er in dieser Bar machte, starrte mit offenem Mund und aus Augen, die zeigten, was sie immer zeigten, wenn er gerade nicht lachte - und er wusste es, denn sie sah plötzlich verärgert aus. Sie erhob sich abrupt von der Bar, eine Bewegung, die seine Augen auf das A. REILLY zogen, das auf das blaugesprenkelte Silber einer Brust genäht war, während sie ihn von oben bis unten betrachtete und dabei nach dem abgewetzten braunen Overall und dem durchschnittlich wirkenden und obendrein gelogenen E. STEVENS auf seiner Brusttasche einschätzte, und nach der knalligen Nymphe mit dem Lucy-Band auf seinem Ärmel... die Nymphe war ein Standardprodukt aus Läden, die solche Dinge verkauften. Sie dekorierte zahllose Schiffe und Ärmel, kahl und mit Sternen umgürtet und lieblos bestickt mit dem leeren Namensband, auf das jeder beliebige Schiffsname genäht werden konnte.
    Systeminterne Transporteure benutzten so was. Auch Bergleute. Und er, denn es war genau das, was er sich leisten konnte.
    Sie starrte ihn für eine geraume Weile an, drehte sich dann um und kramte in ihrer Tasche... ihre Mannschaftsgefährten waren weggegangen, und sie hielt inne, um einen kurzen Blick auf einen zu werfen, der sich gemächlich an eine Frau aus einer anderen Besatzung in einer entfernten, matt erleuchteten Ecke heranpirschte. Sie warf einen Schein auf die von feuchten Rändern bedeckte Theke und ging allein zur Tür, während Sandor dort stand und dem bezaubernden Rücken hinterher starrte, zusah, wie diese Wolke der kosmischen Nacht in den ewigen Tag des Docks
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