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Katzendaemmerung

Katzendaemmerung

Titel: Katzendaemmerung
Autoren: Arthur Gordon Wolf
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beleuchten.
    Zuerst bemerkte ich keine Besonderheit. Überall sah ich das gleiche Fischgrätmuster, das teilweise von Staub, Dreck und hereingewehtem Laub verdeckt wurde. Dann jedoch wurde ich auf die kreisrunde Vertiefung aufmerksam. Mia kniete sich davor hin, umfasste einen ovalen Griff und drehte ihn um neunzig Grad. Ein deutliches Knacken war zu hören. Verblüfft beobachtete ich, wie sich eine etwa fünfzig Zentimeter lange, quadratische Platte vom Boden ablöste.
    »Praktisch, nicht?«, bemerkte Mia. »Früher wurden hier wohl Instandsetzungsarbeiten am Getriebe oder Ähnlichem durchgeführt.« Sie stand auf und legte den Deckel gegen die Wand. »Jetzt, wo selbst die Achsen und Räder fehlen, ist dies hier nichts weiter als ein ganz gewöhnliches Loch. Willst du mal einen Blick riskieren?«
    Bislang hatte ich lediglich auf den getarnten Deckel geachtet; allein die Vorstellung, dass so etwas Profanes wie ein öffentlicher Bus über einen geheimen Ausgang verfügte, setzte mich in Erstaunen. Unweigerlich erinnerte ich mich an Bücher und Filme, in denen düstere Herrenhäuser, Geheimtüren, Katakomben, Mord und Intrigen eine wichtige Rolle spielten. Hier allerdings lag der Sachverhalt anders; das viereckige Loch im Boden verdiente ja nicht einmal die Bezeichnung ›Ausgang‹, schließlich stand das Skelett des Busses auf ebener Erde. Was darunter lag, konnte wohl kaum als ›geheim‹ gelten.
    Als ich den Lichtstrahl eher gelangweilt auf das schwarze Loch richtete, musste ich aber erkennen, dass in Bastets Reich selbst Busse nicht das waren, was sie zu sein schienen. Zwischen Bodenblech und Untergrund waren mindestens eineinhalb Meter Luft. Der Bus war offenbar auf einer noch tieferen Bodensenke abgestellt worden.
    »Ich glaub’ es nicht«, platzte es aus mir heraus. »Diesem Bus fehlt nur noch der Kabelanschluss, unterkellert ist er schon.«
    Lächelnd stützte sich Mia auf ihren Spaten. »Und genau dort wirst du ein ruhiges Plätzchen für unsere Freundin suchen.«
    Da es keine Leiter gab, schob ich mich zuerst bis zur Hüfte hinein und ließ mich dann das restliche Stück auf den Boden fallen. Bis knapp zu den Achseln war ich im ›Untergeschoss‹ verschwunden. Dumpfer Modergeruch schlug mir entgegen. Ich duckte mich ganz ab und vollführte mit der ›MagLite‹ zur besseren Orientierung eine vollständige Drehung. Ich erkannte, dass sich der Graben nicht nur unter einem Großteil des Busses (und darüber hinaus) entlang zog, sondern dass er sich auch nach vorne hin weiter vertiefte. Schon nach wenigen Schritten konnte ich in dem etwa zwanzig Meter langen Keller fast aufrecht stehen.
    Ich kroch zur Luke zurück und erstattete Bericht. »Woher wusstest du von dieser Höhle?«, fragte ich neugierig. »Warst du schon einmal dort unten?«
    Mia schüttelte den Kopf. »Nein, das war nicht nötig. Ich wusste auch so, dass sie dort sein musste.« Sie stampfte einmal fest mit dem Fuß auf. Als Resultat war ein leicht nachhallendes Geräusch zu hören. »Die Bodenöffnung fand ich dann eher zufällig.« Sie nahm den Spaten und ließ ihn zu mir hinunter. »Hebe ganz hinten ein flaches Grab aus«, sagte sie. »Die überschüssige Erde werden wir dann hiermit nach draußen befördern.«
    Meine Augen folgten ihrer Hand und entdeckten mehrere ineinander gestapelte, alte Farbeimer. Wann hatte sie nur diese Eimer gesammelt? , ging es mir durch den Kopf. Wie lange warteten sie bereits auf ihren Einsatz? Wie lange schon vor Joys Erscheinen? Ganz langsam, alter Junge , sagte ich mir. Bevor dein ewiger Argwohn dich überschnappen lässt, denk erst mal nach.
    Mia hatte das Versteck auf ihren nächtlichen Streifzügen – vermutlich sogar als Katze – unter dem Wrack entdeckt, soweit war alles klar. Was die Eimer betraf, so lagen unzählige davon auf dem Gelände verstreut herum; der Stapel konnte also direkt neben dem Bus gestanden haben. Als ich den Untergrund erkundete, hatte Mia sie wahrscheinlich nur hereinholen müssen. Eine spontane Entscheidung und kein von langer Hand geplanter Schachzug.
    Meine Skepsis ließ sich aber selbst jetzt nicht vollständig verdrängen. Vergeblich versuchte ich, in dem engen Durchgang eine bequeme Stellung einzunehmen.
    »Wozu jetzt noch eine Grube?«, wollte ich wissen. »Dieses Versteck ist doch geradezu ideal.«
    Der Schein der Taschenlampe warf gespenstische Schatten auf ihr Gesicht.
    »Bist du dir sicher, dass wir die Einzigen sind, die diese Höhle kennen?«, fragte sie mit hochgezogenen
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