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Katzenbach: Kriminalroman (German Edition)

Katzenbach: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Katzenbach: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Isabel Morf
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einzurichten damit. Man ist verletzt,
wenn die Umgebung ablehnend auf das Kind reagiert. Man schwankt zwischen Gefühlen
von Fürsorglichkeit und Zuneigung und Trauer, vielleicht muss man auch gegen seine
eigene Abwehr ankämpfen. Aber wie ist es wirklich in dieser Familie zugegangen?
Wie hat dieses Baby das Familienleben verändert? Hat es die Eltern näher zusammengebracht
oder sie voneinander entfernt? Waren beide allein mit ihren Ängsten und Verletzungen?
Warum war die ältere Tochter so bedrückt? Was ging in der Großmutter vor? War es
ihr wirklich nur darum zu tun, dass die Familie ihres Sohnes eine Vorzeigefamilie
war, von der sie im Bekanntenkreis Erfolgsmeldungen und gelungene Fotos herumreichen
konnte? Oder war es ihr doch auch um das Glück dieser Familie gegangen? Das Ganze
schien Zita mehr und mehr ein unentwirrbares Knäuel von ambivalenten Gefühlen, Einsamkeit
und Abgründen zu sein. Wie sollen wir da die Wahrheit herausfinden?, dachte sie
entmutigt. Sie stieg beim Triemli aus und bog in die Döltschihalde ein.
     
    Nadine hörte, dass das Telefon klingelte,
dass Stefan abhob und ›Hallo, Mutter‹ sagte. Dann fiel die Tür zu. Sie erzählte
Lotte die Geschichte fertig. Das Mädchen hatte auch heute kein Wort gesprochen,
sie aß wenig und sie spielte auch nicht. Sie saß nur herum, die Plüschkatze Mischa
im Arm, wich Blicken aus. Wenn man sie zu Tisch rief, kam sie, wenn man ihr eine
DVD einlegte, setzte sie sich aufs Sofa und schaute auf den Bildschirm, aber Nadine
zweifelte daran, dass sie den Film wirklich mitbekam. Wir tun ihr nicht gut, dachte
sie, ich tue ihr nicht gut. Ich kann ihr keine Kraft geben, keine Wärme. Heute hatten
sie Bescheid bekommen, dass Luzia zur Beerdigung freigegeben worden war. Das stehe
ich nicht durch, wusste Nadine, Wellen von Angst hatten sie überflutet. Stefan hatte
auch schlecht ausgesehen. »Wir machen das im engsten Familienkreis«, hatte er sie
beruhigt. »Nur du, Lotte, Leon und ich. Vielleicht noch meine Mutter. Todesanzeigen
verschicken wir erst hinterher.« Lotte hatten sie noch nichts davon gesagt.
    »Lotti«,
wandte sich die Mutter jetzt an die Kleine, »du wirst morgen zu Leon gehen für drei
Tage. Er wird mit dir in den Wald gehen zum Spielen und zu McDonald’s essen, okay?«
    Lotte nickte.
    »Wir packen
zusammen deinen kleinen Koffer, ja? Du kannst aussuchen, was du mitnehmen möchtest.
Und für Leon packen wir ein kleines Geschenk ein. Was möchtest du ihm mitbringen?«
    Es half
nichts. Lotte blieb still. Immerhin hatte sie genickt.
    Nadine küsste
sie. »Schlaf schön. Wenn du nachts aufwachst, darfst du zu uns hinüberkommen, ja?«
    Lotte nickte.
Nadine deckte sie zu und ging hinaus. Die Tür ließ sie einen Spalt offen.
    Im Wohnzimmer
saß Stefan. »Mutter ist in U-Haft«, sagte er.
    »Was? Greta?
Warum denn?« Nadine ließ sich in einen Sessel fallen.
    »In Luzias
Wagen fand sich ein Haar von ihr.«
    »Was heißt
das? Dass sie –? Das kann doch nicht sein.« Nadine wurde übel.
    »Sie sagt,
nein. Sie habe nur in den Wagen geschaut und sich dann entfernt. Aber die Polizei
glaubt ihr nicht. Sie haben sie dabehalten. Sie ist im Polizeigefängnis. Morgen
besucht sie ein Anwalt.«
    »Sie ist
doch eine alte Frau«, murmelte Nadine, »man kann sie doch nicht ins Gefängnis stecken.«
    »Eine alte
Frau, die unter Verdacht steht.« Stefan stand auf. »Ich muss ein bisschen raus,
in Ordnung? Ich mache einen Spaziergang.«
    »Ja, sicher.«
Wieder überfiel Nadine die Angst. Stefan wirkte, als ob er am Ende seiner Kräfte
wäre. Du musst durchhalten, beschwor sie ihn innerlich. Was mache ich, wenn du nicht
mehr kannst? Sie ging ins Bad und schluckte eine Tablette. Dann rief sie Leon an.
     
    Als Elmer und Streiff Greta Attinger
am nächsten Morgen vorführen ließen, fanden sie die alte Frau völlig verändert vor.
Den Anwalt hatte sie nach einem kurzen Gespräch weggeschickt. Sie schien in dieser
Nacht kleiner geworden zu sein, schmaler. Die Haare klebten ihr am Kopf. Das goldene
Armband trug sie nicht mehr. Sie sah erschöpft aus, wahrscheinlich hatte sie kaum
geschlafen. Aber es steckte immer noch ein Stück Entschlossenheit in ihr.
    »Schalten
Sie das Tonband an«, forderte sie Zita Elmer auf. »Ich möchte ein Geständnis ablegen.
Ich habe meine Enkelin Luzia Attinger getötet.«
    Nach diesem
Satz war es eine Weile ganz still.
    »Erzählen
Sie es uns genauer«, sagte Streiff.
    »Ich bin
zu ihrem Wagen gegangen, der unbeaufsichtigt dastand. Ich habe
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