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Katzenbach: Kriminalroman (German Edition)

Katzenbach: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Katzenbach: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Isabel Morf
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fragen?«, wollte Lieselotte Bär wissen.
    »Sie haben
in Einsiedeln dieses Käppchen vergessen«, sagte Streiff und wies es vor.
    Die Frau
erschrak.
    »Es lag
im Schrank der Pension Kälin, in dem Zimmer, das Sie drei Tage bewohnten.«
    »Ja, es
ist meins. Aber warum, ich meine – was ist daran nicht richtig? Ich habe es gekauft.«
    »Wozu haben
Sie es gekauft?«
    »Einfach
so, ich mag Babysachen. Das darf ich doch.«
    »Wünschen
Sie sich noch immer ein Kind?«, fragte Zita Elmer.
    Die Frau
sagte nichts.
    »Sie haben
vor zwölf Jahren das Baby einer anderen Frau aus einem Kinderwagen geraubt, der
unbeaufsichtigt im Garten stand.«
    Lieselotte
Bär schrie leise auf. »Ich weiß, dass ich das nicht hätte tun dürfen. Ich habe Michael
ja zurückgegeben, ich war in der Klinik, ich nehme meine Medikamente. Ich gehe spazieren,
ich schaue mir die kleinen Kinder nur an.« Erschöpft schwieg sie.
    »Warum sind
Sie diesen Montag weggefahren?«
    »Ich wollte
ein bisschen Ferien haben, nur drei Tage, mehr kann ich mir nicht leisten. Ich bin
spazierengegangen, was ist daran falsch?«
    »Wann sind
Sie denn zum Zug gegangen?«
    »Am frühen
Nachmittag, um halb zwei.«
    »Frau Bär«,
sagte Streiff eindringlich, »an jenem Montag ist in Seebach ein vier Monate altes
Baby aus einem Kinderwagen geraubt worden, der im Garten stand.«
    Die Frau
starrte ihn an. »Ich war das nicht. Ich habe kein Baby.«
    »Die Person,
die das Kleinkind nahm, hat es anschließend in den Katzenbach geworfen, und es ist
ertrunken.«
    »In den
Bach geworfen?«, rief sie. »Das würde ich doch nie tun! Ich liebe Kinder. Der kleine
Michael damals, zu dem habe ich gut geschaut, ich habe ihm den Schoppen gegeben,
ihn gewickelt und gewiegt.« Sie begann zu weinen. »Er war so ein hübscher Junge,
ich hatte ihn so lieb.«
    »Ja«, meinte
Streiff. »Aber das kleine Mädchen, das am Montag verschwand, war nicht hübsch. Ich
will Ihnen sagen, wie ich mir das vorstelle: Sie sind auf einem Spaziergang, Sie
begegnen Müttern mit ihren Kindern, und Ihr Wunsch, selber eines zu haben, wird
wieder übermächtig. Da sehen Sie den unbewachten Kinderwagen. Sie eilen hin, ohne
genau hinzusehen, denn es muss ja schnell gehen, heben den Säugling aus dem Wagen
und tragen ihn davon. Dann schauen Sie in sein Gesicht und sehen, dass das Kind
entstellt ist. Sie erschrecken furchtbar, dieses Baby wollen Sie nicht, zurückbringen
können Sie es auch nicht mehr, Sie schauen sich um, zufällig kommt niemand des Wegs,
und Sie werfen die Kleine in den Bach. Dann eilen Sie nach Hause, packen das Nötigste
und fahren weg.«
    Lieselotte
Bär schloss einen Moment die Augen. »Nein, glauben Sie mir, das war nicht ich, wirklich
nicht.«
    »Wo waren
Sie denn am Montagvormittag?«, wollte Streiff wissen.
    »Zu Hause.
Es ging mir nicht so gut, ich habe überlegt, was ich tun sollte. Da kam mir die
Idee wegzufahren. Ich habe gepackt, die Wohnung ein bisschen aufgeräumt.«
    »Darf ich
mich in der Wohnung etwas umsehen?«
    »Ich, ich
weiß nicht«, wehrte sich die Frau.
    Streiff
hatte die eine Türe bereits aufgestoßen. Es war eine Art Wohnschlafzimmer. An einer
Wand stand ein schmales Bett, an einer anderen ein durchgesessenes Sofa mit einem
kleinen Beistelltisch, gegenüber ein Fernseher. Es gab noch eine zweite Tür. Streiff
öffnete sie und blieb überrascht im Türrahmen stehen. Dieses zweite, kleinere Zimmer
war als Kinderzimmer eingerichtet. Ein Babybettchen stand darin, auf die Bettwäsche
waren rosarote Schmetterlinge aufgedruckt. Ein buntes Strickpüppchen und ein Schnuller
lagen auf dem Kopfkissen. Ein kleiner Tisch war als Wickeltisch hergerichtet, mit
weicher Unterlage, Waschlappen und Babycreme. Daneben stand am Boden eine große
Packung Windeln.
    Lieselotte
Bär und Zita Elmer waren hinter ihn getreten. Bär stieß einen erschrockenen Laut
aus. Streiff wandte sich zu ihr um. »Wie können Sie mir das erklären, Frau Bär?«
    Die Frau
sah ihn hilflos an. Dann machte sie einen Versuch: »Ich muss …, darf manchmal das
Baby meiner Schwester hüten.«
    »Sie haben
keine Schwester«, stellte Streiff klar. Sie gingen zurück in die Küche. Elmer öffnete
die Schränke und fand einige Packungen Babymilch und zwei Fläschchen.
    »Ich muss
Sie bitten, mit uns zu kommen«, sagte Streiff. »Wir müssen Ihnen noch einige Fragen
mehr stellen.«
    Frau Bär
schlüpfte in ein Paar ausgetretene Sandalen, griff sich eine Handtasche und folgte
ihnen. Auf der Fahrt weinte sie leise.
     
    Sie saß am
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