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Katja Henkelpott 1 - Katja Henkelpott

Katja Henkelpott 1 - Katja Henkelpott

Titel: Katja Henkelpott 1 - Katja Henkelpott
Autoren: Helmut Sakowski
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frierend unter dem kahlen Fliederbusch kauerten, eine Katzenmutter mit drei kleinen schwarzen Herbstkatzen, die in den Winter geraten waren. Vielleicht hatten schlechte Menschen sie im Wald ausgesetzt. Die Katzen hatten weiße Pfoten und einen weißen Fleck am Hals. Erst dachte ich, sie hätten eine Serviette bis unter das Kinn gebunden und warteten aufs Essen. Sie maunzten und klagten so laut, daß ich ihnen gleich was Warmes holen wollte.
    Meistens bin ich mit meiner Großmutter befreundet. Nun hatten wir Streit. Sie rief: »Wir wohnen in Mecklenburg-Vorpommern, das ist das ärmste von den neuen Bundesländern. Deine Eltern haben studiert, nun müssen sie sich umschulen. Solange sorge ich für dich, obwohl meine Rente so klein ist, daß sie Mindestrente heißt. Ich kann es mir nicht leisten, hergelaufene Katzen zu füttern.«
    Ich machte Funkelaugen und schob die Schneidezähne aus dem Mund. Meine Oma ließ sich nicht erschrecken. »Komm endlich zum Tisch«, sagte sie, »und iß.«
    Grießbrei ist meine Lieblingsspeise. Er dampfte in der blauen Schüssel und glänzte gelb, wahrscheinlich hatte meine Oma ein Ei darunter gerührt. Trotzdem piepste ich, daß ich keinen Hunger hätte und schielte auf meine Nasenspitze, weil ich meiner Großmutter nicht gern in die Augen blicke, wenn ich ausnahmsweise mal lügen muß. Ich wollte ihr nicht sagen, daß ich wegen der Katzen ab sofort in den Hungerstreik getreten war. Sie legte eine Hand auf meine Stirn und sah mich aus den Augenwinkeln an, als wollte sie sagen: »Ich trau dir nicht.« Ich war ja auch nicht krank, aber ich war traurig.
    Es war gegen Abend. Großmutter hatte mir den süßen Brei zum dritten Mal gewärmt. Ich piepste wieder, daß ich keinen Hunger hätte. Meine Stimme klang so dünn, als wäre ich selber schon einen Strich. »Es muß der Magen sein«, sagte meine Großmutter. »Ich lauf rasch mal ins Dorf, um Tee zu kaufen.«
    Kaum war sie aus dem Haus, trug ich die blaue Schüssel mit dem dampfenden gelben Brei zum Fliederbusch. Die drei kleinen Katzen und ihre Mutter schleckten und schlabberten um die Wette, und dann leckten sie sich zufrieden die Schnurrbarthaare.
    Da packte mich meine Oma plötzlich beim Kragen und rief: »Katja Henkelpott, du hast mich ausgetrixt und den Katzen deinen Lieblingsbrei gegeben. Aber wenn ich’s recht bedenke, hast du recht. Die Katzen sind arm dran, weil sie im Winter keine Mäuse jagen können. Wir wollen die Milch mit ihnen teilen, bis es wieder wärmer wird. Aber ins Haus kommen sie mir nicht! Punktum!«
    Am nächsten Morgen schneite es wieder. Die vier Katzen saßen vor der Tür und maunzten und klagten.
    Ob ich wohl öffne?



Tante Einbein

    Ich durfte das Katzenfutter allein zubereiten. Ich brockte zwei Brötchen in die blaue Schüssel und goß beinahe eine ganze Tüte Milch darüber aus. Meine Großmutter Habenicht seufzte, als sie es sah. Sie sagte: »Ein Liter Milch plus zwei Brötchen am Tag, das macht im Monat, laß mich mal rechnen... eine Menge Geld. Die Freundlichkeit ist teuer geworden.«
    Nun klopfte auch noch Tante Einbein an das Küchenfenster und verlangte ihre Morgengabe.
    Tante Einbein ist eine schwer beschädigte Amsel. Ich habe sie mit Kuchenkrümeln zahm gekriegt. Sie macht wegen des kaputten Fahrgestells jeden Morgen eine Bauchlandung auf dem Fensterbrett. Dann klopft sie mit dem Schnabel an, und ich muß sie einlassen, weil ihr da draußen die neidischen Gimpel das Futter streitig machen. Das Gesunde setzt sich eben durch, sagt meine Oma. Das hat sie aus der Zeitung. Mir tun die einbeinige Amsel und die ausgesetzten Katzen leid, deshalb helfe ich ihnen beim Durchsetzen.
    Tante Einbein hinkte also herein und durfte vom Katzenfutter kosten. Dann nahm sie ein Bad in der Spüle und spritzte ein bißchen Wasser an die Gardine. Meine Oma nennt das eine Schweinerei. Es gefällt ihr auch nicht, daß ich Tante Einbein erlaubt habe, sich auf dem alten Sofa neben dem Herd das Gefieder zu trocknen. Sie schüttelte den Kopf und brummte, und dann rührte sie den Reibekuchen ein. Ich hätte gerne mit dem Zeigefinger in den Teig gestippt, aber ich mußte die Katzen füttern und trug die blaue Schüssel mit dem Eingebrockten in den Flur. Da hörte ich schon die Mutter mit den drei Herbstkätzchen draußen vor der Tür maunzen und klagen. Ob ich sie wohl hereinlasse?
    Ich drehte mich vorsichtig um. Leider war ich nicht allein. Meine Großmutter Habenicht stand im Flur. Sie hatte die Fäuste in die Seiten gestemmt,
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