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Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Titel: Katherine Neville - Das Montglane-Spiel
Autoren: Malaxis
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Plätzen gefoltert und von der wütenden Menge in Stücke zerrissen ...“ Die Nonnen redeten aufgeregt durcheinander, während Alexandrine ihren blutigen Bericht fortsetzte.
Mireille fand es merkwürdig, daß eine Frau Gottes, ohne zu erbleichen, einen solchen Bericht geben konnte. Die Nonne sprach unverändert leise und ruhig. Ihre Stimme zitterte oder bebte kein einziges Mal. Mireille sah Valentine an, deren Augen vor Aufregung groß und rund geworden waren. Alexandrine de Forbin wartete, bis es im Raum wieder etwas ruhiger geworden war, und sprach dann weiter.
"Es ist jetzt April. Im vergangenen Oktober hat eine aufgebrachte Menge den König und die Königin aus Versailles entführt und gezwungen, nach Paris in die Tuilerien zurückzukehren, wo man sie gefangenhält. Der König mußte ein Dokument unterschreiben, die „Erklärung der Menschenrechte“, in der die Gleichheit aller Menschen verkündet wird. Jetzt übt die Nationalversammlung die Kontrolle über die Regierung aus. Der König hat keine Macht mehr und kann nicht eingreifen. Unser Land ist über das Stadium der Revolution hinaus. Wir befinden uns im Aufstand der Anarchie. Die Lage hat sich noch verschlechtert, seit die Nationalversammlung entdeckt hat, daß sich im Staatsschatz kein Gold befindet. Der König hat den Staat in den Bankrott getrieben. In Paris glaubt man, daß er das Ende des Jahres nicht mehr erleben wird.“ Entsetzen lief durch die Reihen der Nonnen, und überall im Raum hörte man aufgeregtes Flüstern. Mireille drückte Valentine sanft die Hand, während sie fassungslos auf Alexandrine de Forbin blickten. Die Frauen in diesem Raum hatten noch nie erlebt, daß solche Gedanken laut ausgesprochen wurden, und es fiel ihnen schwer, Dinge wie Folter, Anarchie, Königsmord als wirklich hinzunehmen. Wie war das alles möglich?
Die Äbtissin klopfte mit der flachen Hand auf den Tisch, und die Nonnen verstummten sofort. Alexandrine setzte sich. Jetzt stand nur noch Schwester Charlotte. Ihre Stimme klang kräftig und klar.
„In der Nationalversammlung gibt es einen Mann, der sich dem Bösen verschrieben hat. Er giert nach Macht, obwohl er zum Klerus zählt. Es ist der Bischof von Autun. Die römischkatholische Kirche hält ihn für den Teufel in Menschengestalt. Man behauptet, er sei mit einem Pferdefuß, dem Zeichen des Teufels, geboren worden. Angeblich trinkt er das Blut von Kindern und zelebriert die schwarze Messe. Im Oktober hat dieser Bischof der Nationalversammlung vorgeschlagen, das gesamte Eigentum der Kirche zu beschlagnahmen. Am zweiten November hat sich der große Staatsmann Mirabeau vor der Nationalversammlung für das Enteignungsgesetz ausgesprochen, und es wurde verabschiedet. Am Freitag, den dreizehnten November begann der Staat mit der Enteignung. Alle Geistlichen, die Widerstand leisteten, wurden verhaftet und ins Gefängnis geworfen. Und am sechzehnten Februar wurde der Bischof von Autun zum Präsidenten der Nationalversammlung gewählt. Jetzt kann ihn nichts mehr aufhalten.“
Die Nonnen gerieten in helle Aufregung, aber Charlotte de Cordays Stimme übertönte sie alle.
„Lange vor der Verabschiedung des Enteignungsgesetzes hatte der Bischof von Autun in ganz Frankreich über den Besitz und die Reichtümer der Kirche Erkundigungen einholen lassen. Das Gesetz sieht zwar vor, daß die Mönche und Priester zuerst an die Reihe kommen und die Nonnen geschont werden sollen. Doch wir wissen, daß der Bischof ein Auge auf das Kloster von Montglane geworfen hat. Seine Nachforschungen richteten sich sogar im wesentlichen alle auf Montglane. Deshalb sind wir hierher geeilt, um euch zu benachrichtigen. Der Schatz von Montglane darf nicht in seine Hände fallen.
Die Äbtissin erhob sich und legte ihre Hand auf den Arm von Charlotte de Corday. Sie blickte auf die Reihen der schwarz gekleideten Nonnen, deren gestärkte Hauben vor ihr wie eine Schar aufgeregter Möwen auf dem Wasser schaukelten, und lächelte wehmütig. Das war ihre Herde, die sie so lange gehütet hatte und die sie möglicherweise nicht wiedersehen würde, nachdem sie ihnen enthüllt hatte, was sie ihnen sagen mußte.
„Jetzt kennt ihr unsere Lage ebenso wie ich“, sagte die Äbtissin. „Ich weiß zwar schon seit einiger Zeit, was uns droht, aber ich wollte euch nicht beunruhigen, ehe ich mich für einen Weg entschieden hatte. Unsere Schwestern aus Caen sind meinem Ruf gefolgt, und durch ihre Reise haben sich meine schlimmsten Befürchtungen bestätigt.“ Die
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