Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Karma Girl

Titel: Karma Girl
Autoren: Tanuja Desai Hidier
Vom Netzwerk:
Dadurch dass er auf der Bildfläche erschienen war, war gleich eine ganze Reihe von unterschwelligen Konflikten ans Tageslicht gekommen, die wir bis dato entweder ignoriert oder nicht bemerkt hatten, weil wir uns damit nicht auseinander setzen wollten.
    »Ja, das stimmt«, nickte ich, »wir zwei hatten 'ne ganze Menge, worüber wir reden mussten. Aber ich wünschte, wir würden immer noch reden. Hast du sie in letzter Zeit noch mal gesehen?«
    Er schüttelte den Kopf und trotz aller Euphorie wurde mein Herz wieder schwer. Komisch, dass ich früher nie verstanden hatte, dass man zwei oder gleich mehrere Dinge auf einmal fühlen konnte. Denn mittlerweile schien diese Grauzone ein ganz normaler, wenn nicht sogar der einzig mögliche Zustand zu sein.
    »Ich wünschte, sie wäre hier«, sagte ich. »Ich meine, in gewisser Weise ist es ja ihre Party.«
    »Ja, den Leuten vom Flash! gebührt wirklich Respekt. Sie haben genau die Richtige mit dem Job betraut. Und sie war es ja auch, die ihnen gesagt hat, dass sie deine Fotos nehmen sollen.«
    »Was?«
    »Sie hat sogar darauf bestanden«, lächelte er. »Na ja, bei mir brauchte sie natürlich keine großen Überredungskünste, damit ich die Abzüge rausrückte. Und sobald die Typen vom Flash! die Fotos gesehen hatten, waren die von der Idee auch sofort begeistert.«
    »Sie hat darauf bestanden?«, fragte ich völlig verblüfft. Ich hatte immer gedacht, dass sie nur Fotos von sich selbst gut finden würde.
    »Ja, bestanden «, sagte er. »Sogar nachdem sie meine Gefühle richtig verstanden hatte. Meine Gefühle für dich.«
    Ich war ganz gerührt, und zwar wegen ihnen beiden, Gwyn und Karsh. Und meiner seltsamen Stimmung zum Trotz gewann nun doch die Freude Oberhand und ich fing ebenfalls an zu lächeln.
    »Ich hab ihr übrigens von Anfang an keinerlei Hoffnungen gemacht«, fügte er hinzu. »Dachte ich jedenfalls.«
    »Sie hat mir erzählt, dass sie in ihrem Leben noch nie so liebevoll von jemandem behandelt worden ist wie von dir«, sagte ich. »Jedenfalls nicht von einem Jungen. Vielleicht hat sie etwas falsch interpretiert. Ich meine, ich hab eure Beziehung ja auch völlig falsch interpretiert. Bis sie mir erzählt hat, was eigentlich Sache war, war ich mir nicht sicher.«
    »Wie konntest du dir denn nicht sicher sein? Ich habe doch ständig Signale gesendet, zum Beispiel als ich meine Schuhe bei euch liegen gelassen oder dich zum Tanzen aufgefordert habe.«
    »Was?«
    »Hier, im HotPot. Und du hast gesagt, dass dir die Füße wehtun. Da dämmerte mir, dass ich vielleicht keine Chancen hätte. Du hast ja auch immer so getan, als wären wir Bruder und Schwester.«
    »Hab ich das? Aber du doch auch!«
    »Na ja, irgendwie gehörst du für mich auch zur Familie. Aber nicht wie eine Schwester. Oder doch wie eine Schwester … aber … hmm. Na, das wär jetzt Wortklauberei«, sagte er zwinkernd. »Ich wusste jedenfalls wirklich nicht, wie du über mich dachtest. Und irgendwann habe ich mir dann überlegt, dass es wohl das Beste wäre, wenn ich einfach meine Gefühle gestehen würde – nur für den Fall, dass ich vielleicht doch 'ne Chance hätte. In jedem Fall besser, als für den Rest des Lebens über die verpasste Chance zu trauern …«
    »Ja, ich weiß, was du meinst.«
    Er nahm meine Hand, legte sie in seine und drehte die Handfläche nach oben.
    »Sieh mal«, sagte er und folgte mit dem Finger einer Linie. »Es steht doch hier: Alles wird gut zwischen euch beiden.«
    »Wirklich? Das steht da?«
    »Äh, tja, also da steht, dass eine gegenwärtige Krise in einer Freundschaft vielleicht nicht ihr Ende bedeutet, sondern vielmehr den Beginn einer neuen Lebensphase markiert, sozusagen den Anfang eines Happyends … Siehst du? Genau hier.«
    Er fuhr nun mit dem Finger eine zweite, kleinere Nebenlinie entlang.
    »Und hier … ja, hier steht, dass ein gewisser Jemand währenddessen ständig für dich da sein wird und auf dich wartet, bis du bereit für ihn bist und dich völlig frei fühlst. Und dass diese gewisse Person, tja, also, die hat zwanzig Jahre gebraucht, um dich zu finden, mehr oder weniger – und ein paar Jahre davon hast du noch nicht mal existiert! Wenn es also okay für dich ist, dann wird er dich nicht so leicht ziehen lassen.«
    »Und was noch?«, fragte ich und gab ihm einen Knuff. »Was siehst du noch?«
    »Mehr darf ich heute leider nicht sehen«, grinste er. Aber er ließ meine Hand nicht los. Während ich auf unsere Hände schaute, fiel mir auf, dass wir gar
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher