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Karma Girl

Titel: Karma Girl
Autoren: Tanuja Desai Hidier
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gefunden«, grinste ich.
    Ich fühlte mich, als würde ich von einem anderen Planeten auf die Erde schauen. Und zwar in einem Augenblick, in dem auf der Erde alles bestens war: Um uns und in uns war Musik und unter uns tanzte eine aus gelassene Woge von Menschen voller Harmonie – und dabei groovte jeder auf seine ganz eigene Art und Weise.
    Und der Takt – tja, der Takt, dem man folgen musste, das war der eigene Herzschlag.
    Auf einmal fühlte ich mich gar nicht mehr confused - na gut, sagen wir viel weniger confused . Auf jeden Fall fühlte ich mich kein bisschen confused in Bezug auf den Jungen, der jetzt meine Hand nahm. Und während ich so mit Karsh dort oben Händchen hielt, kam mir der Gedanke, dass wir zwei am Anfang unseres eigenen Happyends standen. Ich hatte das Gefühl, endlich zu Hause angekommen zu sein.
    »Siehst du?«, sagte Karsh und folgte mit dem Finger derselben kleinen Nebenlinie wie vorhin. »Was habe ich dir gesagt? Dass sie zurückkommen würde. Und dass ich warten würde.«
    Unsere Blicke trafen sich und wir waren ganz allein inmitten von so vielen Leuten.
    »Du kannst also tatsächlich aus der Hand lesen?«, war alles, was ich sagen konnte.
    »Nein«, sagte er und lächelte sein wunderbares Lächeln, das ich mittlerweile so sehr liebte. Er ließ meine Hand nicht los, checkte kurz den Sound über den Kopfhörer und hob die Nadel von der Platte. »Aber ich kann von den Lippen ablesen.«
    Alle tanzten. Und dann konnte ich auf einmal nichts mehr sehen, denn endlich berührten seine Lippen meine Lippen, und es gab keinen Ort auf der Welt, an dem ich lieber gewesen wäre.
    Wir küssten uns, bis wir gleich schmeckten. Bis ich nicht mehr unterscheiden konnte, wo er aufhörte und ich anfing.
    Und erst als sich unsere Lippen wieder voneinander trennten, fiel uns auf: dass es mucksmäuschenstill im ganzen Club war!
    Und erst als wir von unserem Planeten runter auf die Erde schauten, sahen wir: dass immer noch alle tanzten!
    »Oh Mann«, flüsterte Karsh, »ich hab die falsche Nadel abgehoben.«
    Er rettete schnell die Situation, indem er ein Stück auflegte, das ganz, ganz leise wie das Summen einer Hummel begann, dann immer lauter wurde und in einen einzigartigen Groove mündete.
    Danach war DJ Sole Mate dran, bis zum Ende der Nacht. Und Karsh hatte Feierabend.
    »Komm«, sagte er und drehte sich zu mir. »Möchtest du tanzen?«
    »Liebend gern«, sagte ich.

37. KAPITEL
Neu geboren
    Man konnte sich kaum vorstellen, dass der Sommer offiziell fast schon wieder zu Ende war. Denn er selbst schien ganz und gar nicht dieser Meinung zu sein und strengte sich noch einmal an, so als habe er noch keine Lust, vorbei zu sein. Hatte es nach den vergangenen heißen Monaten zunächst nach einer Kälteperiode ausgesehen, hatte sich das Wetter kurz darauf wieder gefangen, und die Tage wurden mild und schließlich wieder angenehm sonnig. Warm genug, um schwimmen zu gehen, kühl genug, um einen Pullover zu tragen.
    Ich zog mir Karshs blauen Strickpulli über, den er gestern Abend bei uns vergessen hatte, und dazu eine Jeans, unter der ich bereits meinen Badeanzug trug. So machte ich mich auf zu unserer Mondschein-Verabredung, zu der sogar der Vollmond schien.
    Gleich nachdem ich bei Karshs Haus angekommen war, erschien er auch schon in der Auffahrt. Er lächelte, strich mir die Haare aus der Stirn und küsste mich direkt auf mein drittes Auge, also dahin, wo sonst das Bindi klebte. Dann nahm er meine Hand und wir liefen los, Richtung Mirror Lake.
    Als wir auf der Brücke angekommen waren und das vom Wasser reflektierte Mondlicht auf unsere Gesichter schien, fragte er:
    »Bist du dir sicher, dass du das wirklich willst?«
    »So sicher wie nie zuvor«, sagte ich.
    Stolpernd liefen wir die grasbewachsene Böschung neben der Brücke hinunter, bis wir das Ufer erreichten. Ich schälte mich aus meinen Klamotten und schlüpfte aus meinen Chappals, und auch Karsh zog sich schon T-Shirt und Chappals aus. Hand in Hand wateten wir ins blau-golden schimmernde Wasser. Und schließlich gab es nur noch das Geräusch unserer Schwimmzüge, das Wasser trug uns, unsere Füße fanden keinen Halt mehr auf dem schlammigen Boden und es fühlte sich sicher und geheimnisvoll zugleich an.
    Als wir den Ponton erreichten, griff ich nach der nächsten klatschnassen Sprosse der Leiter, die hinab zu einer unsichtbaren Tanzfläche zu führen schien. Während ich emporkletterte, neigte sich der Ponton auf meine Seite, was ich sonst immer ziemlich
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