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Kapitän Singleton

Kapitän Singleton

Titel: Kapitän Singleton
Autoren: Daniel Defoe
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ließ, ihn heraufzunehmen, nachdem sie ihn drei Stunden im Wasser hatten schwimmen lassen, bevor er sich bereit fand.
    Nach Ablauf dieser Zeit und auf seine demütige Unterwerfung hin ließ ihn der Kapitän an Bord, weil die Zudringlichkeit dieses Menschen (der lange darum gefleht hatte, daß er wieder aufgenommen würde, und wenn sie ihn auch hängten, sobald sie ihn hätten) so groß war, daß man ihm nicht zu widerstehen vermochte, denn nachdem er so lange rings um das Schiff geschwommen war, hatte er nicht mehr die Kraft, das Ufer zu 22
    erreichen, und der Kapitän sah offensichtlich, daß er den Mann an Bord nehmen oder ertrinken lassen müsse, und da die gesamte Mannschaft sich erbot, für sein gutes Verhalten zu bürgen, gab der Kapitän schließlich nach und nahm ihn auf, wenn der Mann auch durch den langen Aufenthalt im Wasser fast tot war.
    Als er sich an Bord befand, ließ er nicht nach, den Kapitän und alle übrigen Offiziere unseretwegen, die wir zurückgeblieben waren, zu behelligen, aber der Kapitän war bis zum letzten Tag unerbittlich. Zum Zeitpunkt, als sie Vorbereitungen trafen, in See zu stechen, und er den Befehl gegeben hatte, die Boote an Bord zu holen, kamen alle Matrosen gemeinsam zur Reling des Achterdecks, wo der Kapitän mit einigen seiner Offiziere auf und ab ging; sie bestimmten den Bootsmann zu ihrem Sprecher, und er trat vor den Kapitän hin, fiel vor ihm auf die Knie und flehte ihn so unterwürfig wie nur möglich an, die vier Leute wieder an Bord zu nehmen. Er sagte, sie alle erböten sich, für ihre Treue zu bürgen oder aber sie in Ketten liegenzu-lassen, bis sie Lissabon erreichten und man sie dort der Justiz übergebe, lieber als daß sie dort zurückblieben und, wie sie sagten, durch die Wilden ermordet oder von wilden Tieren aufgefressen würden. Es dauerte lange, bis der Kapitän Notiz von ihnen nahm, dann aber befahl er, den Bootsmann festzu-nehmen, und drohte, ihn zur Ankerwinde führen zu lassen, weil er für sie gesprochen hatte.
    Nach dieser Äußerung der Strenge ersuchte einer der Matrosen, der kühner war als die übrigen, dabei aber dem Kapitän allen nur möglichen Respekt erwies, Seine Ehren, wie er ihn nannte, er möge doch einigen von ihnen die Erlaubnis geben, an Land zu gehen, damit sie zusammen mit ihren Kameraden sterben oder aber ihnen, wenn möglich, im Widerstand gegen die Barbaren beistehen könnten. Der Kapitän, den dies eher herausforderte als einschüchterte, kam zum Achterdeck und sprach sehr vorsichtig zu den Männern (denn wenn er grob 23
    gewesen wäre, hätten zwei Drittel von ihnen, wenn nicht alle, das Schiff verlassen). Er erklärte ihnen, er sei ebenso im Interesse ihrer Sicherheit wie seiner eigenen zu dieser Strenge gezwungen; Meuterei an Bord eines Schiffs sei das gleiche wie Verrat im Palast eines Königs, und er könne es vor den Schiffseigentümern, die seine Brotgeber seien, nicht verant-worten, das ihm anvertraute Schiff und die Waren darauf Leuten zugänglich zu machen, deren Absichten von der schlimmsten und schwärzesten Art gewesen seien. Er wünschte von Herzen, er würde sie anderswo an Land gesetzt haben, wo sie sich vielleicht in geringerer Gefahr vor den Wilden befänden, denn wenn es seine Absicht gewesen wäre, daß sie umkämen, dann hätte er sie ebensogut wie die beiden anderen an Bord hinrichten lassen können. Er wünschte, sie lägen an irgendeinem anderen Ort der Welt, wo er sie der Zivilgerichts-barkeit übergeben oder sie unter Christen lassen könnte. Es sei jedoch besser, ihr Leben befinde sich in Gefahr als seins und die Sicherheit des Schiffs; und obgleich er sich dessen nicht bewußt sei, von irgendeinem unter ihnen so Böses verdient zu haben, daß sie lieber das Schiff verlassen als ihre Pflicht tun wollten, werde er doch, falls jemand dazu entschlossen sei, ihn nicht daran hindern, bevor er sich bereit erklärte, eine Bande von Verrätern an Bord zu nehmen, die, wie er vor ihnen allen bewiesen, sich verschworen habe, ihn zu ermorden, noch wolle er ihnen ihre gegenwärtige Zudringlichkeit nachtragen; jedoch, auch wenn er als einziger auf dem Schiff bliebe, werde er nicht gestatten, daß sie an Bord kämen.
    Er brachte diese Rede so gut vor, und sie war an sich so vernünftig, so gemäßigt und schloß doch so kühn mit einer Verneinung, daß sie den größten Teil der Leute für den Augenblick zufriedenstellte. Da sie aber Anlaß dazu gab, daß Cliquen und Kabalen entstanden, beruhigten sich die Männer
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