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Kapitän Singleton

Kapitän Singleton

Titel: Kapitän Singleton
Autoren: Daniel Defoe
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erreichen; es würde nicht nur ungeeignet sein, dem Meer standzuhalten, sondern auch, die Last aufzunehmen, denn wir waren ja siebenundzwanzig Mann, führten eine Menge Gepäck bei uns und mußten darüber hinaus zu unserem Unterhalt noch viel mehr mitnehmen.
    Ich hatte niemals zuvor Anstalten gemacht, bei ihren allgemeinen Beratungen meine Meinung zu äußern, da ich aber sah, daß sie sich nicht entscheiden konnten, welche Art Fahrzeug sie bauen und wie sie es bauen sollten, was für unsere Zwecke am geeignetsten sei und was nicht, sagte ich ihnen, ich dächte, sie befänden sich bei ihren Überlegungen auf einem toten Punkt. Freilich könnten wir niemals wagen, die Überfahrt nach Goa an der Küste von Malabar mit einem Kanu zu unterne hmen, in dem wir zwar alle Platz finden und das dem Meer ganz gut standhalten, das aber keinesfalls unsere Vorräte aufnehmen könnte, besonders nicht genügend Trinkwasser für die Fahrt; wenn wir uns auf ein solches Abenteuer einließen, bedeutete das nichts anderes, als daß wir in den sicheren Tod gingen; trotzdem aber sei ich dafür, ein Kanu zu bauen.
    Sie erwiderten, sie hätten alles, was ich zuvor gesagt habe, recht gut verstanden; was ich aber damit meinte, ihnen erst zu erklären, wie gefährlich und unmöglich es sei, die Flucht in einem Kanu zu wagen, und ihnen dann doch zu raten, ein Kanu zu bauen, könnten sie nicht begreifen.
    Darauf antwortete ich, meiner Meinung nach sei es für uns nicht das Zweckmäßigste, zu versuchen, in einem Kanu zu entkommen, sondern, da ja außer unserem Schiff noch andere Fahrzeuge auf See waren und nur wenige Völker, die an der Meeresküste lebten, so primitiv waren, daß sie nicht mit 34
    irgendwelchen Booten das Meer befuhren, sei es das Zweckmäßigste für uns, vor der Küste der Insel, die sehr lang war, zu kreuzen und das erstbeste unserem in seiner Seetüchtigkeit überlegene Fahrzeug, das wir kapern konnten, zu nehmen, und mit diesem ein anderes, bis wir vielleicht schließlich ein gutes Schiff erbeuteten, das uns überallhin trüge, wohin wir fahren wollten.
    „Ein ausge zeichneter Rat“, sagte einer. „Ein bewundernswer-ter Rat“, erklärte ein anderer. „Ja, ja“, äußerte sich der dritte (es war der Geschützmeister), „der englische Hund hat uns einen ausgezeichneten Ratschlag gegeben, aber der ist durchaus geeignet, uns alle an den Galgen zu bringen. Der Gauner hat uns einen teuflischen Rat gegeben, zu rauben, bis wir von einem kleinen Boot zu einem großen Schiff kommen, und so werden wir zu richtigen Piraten, die schließlich am Galgen enden.“
    „Du kannst uns Piraten nennen, wenn du willst“, erwiderte ein anderer, „und wenn wir in die falschen Hände fallen, werden wir vielleicht als Seeräuber behandelt, aber das ist mir gleich, ich will lieber ein Seeräuber oder sonst etwas sein, ja sogar als Seeräuber gehängt werden, ehe ich hier verhungere.
    Darum halte ich den Rat für sehr gut.“ Und so riefen alle:
    „Laßt uns ein Kanu bauen.“ Der von den anderen überstimmte Geschützmeister fügte sich; als wir aber die Versammlung auflösten, trat er zu mir, nahm mich bei der Hand und blickte sehr ernst in meine Handfläche und auch in mein Gesicht.
    „Mein Junge“, sagte er, „du bist geboren, um eine Menge Unheil anzurichten; du hast sehr jung als Pirat begonnen, aber hüte dich vor dem Galgen, junger Mann – hüte dich, sage ich, denn du wirst ein berühmter Räuber werden.“
    Ich lachte ihn aus und erwiderte, ich wisse nicht, was vie lleicht später aus mir würde, wie unsere Lage aber jetzt sei, so machte ich mir keinerlei Gewissen daraus, um unsere Freiheit zu erlangen, das erstbeste Schiff zu kapern, das des Wegs 35
    käme; ich wünschte nur, wir könnten eins erblicken und es erbeuten.
    Während wir noch sprachen, berichtete uns einer unserer Leute, der an der Tür unserer Hütte stand, der Zimmermann, der sich anscheinend in einiger Entfernung auf einem Hügel befand, habe gerufen: „Ein Segel! Ein Segel!“ Wir liefen sogleich alle hinaus, aber obwohl sehr klares Wetter herrschte, vermochten wir nichts zu sehen; der Zimmermann brüllte uns jedoch immer weiter zu: „Ein Segel! Ein Segel!“ Wir rannten den Hügel hinauf und sahe n dort nun deutlich ein Schiff, aber es befand sich in sehr großer Entfernung, zu weit fort, als daß wir ihm ein Signal hätten geben können. Trotzdem zündeten wir mit allem Holz, das wir zusammenraffen konnten, auf dem Hügel ein Feuer an und erzeugten soviel
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