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Kaperfahrt

Kaperfahrt

Titel: Kaperfahrt
Autoren: Clive Cussler
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und festgemacht an der Mole ankerten Dutzende anderer Schiffe, darunter lateinergetakelte Frachtsegler und schnittige Piratenschoner, die vor Kanonen starrten. Als er bei zwanzig Schiffen angelangt war, hörte Lafayette auf zu zählen.
    Ein neues Gefühl schnürte seine Brust ein. Furcht.
    Wenn die Dinge nicht so liefen wie geplant, dann würde die Intrepid niemals aus dem Hafen hinausgelangen und jedermann an Bord fände den Tod – oder, schlimmer noch, würde gefangen genommen und in die Sklaverei verschleppt werden.
    Plötzlich bekam Henry einen trockenen Mund – und die zahllosen Stunden, die er mit seinem Entermesser trainiert hatte, erschienen auch nicht annähernd ausreichend. Die beiden .58er Kaliber Steinschlosspistolen , die er sich hinter die um seinen Leib geschlungene Schärpe geschoben hatte, fühlten sich schwach und wirkungslos an. Dann blickte er auf die Matrosen, die sich hinter der Bordwand der Intrepid versteckten. Bewaffnet mit Äxten, Piken, Schwertern und Dolchen wirkten sie mindestens genauso mordlustig wie jeder arabische Pirat. Sie waren die besten Männer der Welt, allesamt Freiwillige, und er wusste, dass sie den Sieg davontragen würden. Ein Fähnrich war bei ihnen und vergewisserte sich, dass die einzelnen Gruppenführer ihre Lampen angezündet hatten und die auf gleiche Länge zugeschnittenen Waltran-Zündschnur bereithielten.
    Er blickte wieder zur Philadelphia hin. Sie waren jetzt nahe genug herangekommen, um ein Wächtertrio zu erkennen, das an der Reling stand. Die gekrümmten Säbel, die die Männer an der Seite trugen, waren deutlich zu sehen. Aber da sich nur ein schwacher Windhauch regte, dauerte es noch weitere zwei Stunden, ehe sie sich dem großen Kriegsschiff auf Rufweite genähert hatten.
    Catalano versuchte sein Glück auf Arabisch. »Ahoi, da drüben!«
    »Was wollen Sie?«, rief einer zurück.
    »Ich bin Salvatore Catalano«, antwortete der maltesische Lotse und hielt sich damit genau an den Plan, den Decatur und Lafayette ausgearbeitet hatten. »Dieses Schiff ist die Mastico. Wir sind unterwegs, um Rinder für die englische Marinebasis auf Malta zu kaufen, sind jedoch in einen Sturm geraten. Unser Anker wurde abgerissen, so dass wir einen sicheren Halt zum Vertäuen brauchen. Gerne würde ich für die Nacht an Ihrem prächtigen Schiff festmachen. Am Morgen würden wir dann an den Kai wechseln und die nötigen Reparaturen ausführen.«
    »Das war’s wohl«, bemerkte Decatur im Flüsterton zu Henry. »Wenn sie das jetzt nicht glauben, sitzen wir wirklich in der Klemme.«
    »Sie glauben uns. Versetzen Sie sich doch mal ihre Lage. Würden Sie sich wegen dieser kleinen Ketsch Sorgen machen?«
    »Nein. Wahrscheinlich nicht.«
    Der Wachhauptmann musterte die Intrepid, ehe er antwortete: »Sie dürfen festmachen, aber sobald der Tag anbricht, werden die Leinen gelöst.«
    »Habt Dank. Für Euch wird Allah einen ganz besonderen Platz in seinem Herzen reservieren«, rief Catalano. Dann wechselte er ins Englische und meinte flüsternd zu den beiden Offizieren: »Sie sind einverstanden.«
    Lafayette stand dicht neben Decatur, während die leichte Brise die Intrepid langsam näher und näher an die Seite der Philadelphia heranschob. Die Kanonen der großen Fregatte wurden ausgefahren und die Schutzdeckel von den Läufen entfernt. Je näher sie kamen, desto größer kamen ihnen die Mündungen vor. Falls die Piraten misstrauisch wurden, würde auf diese kurze Entfernung eine einzige Breitseite ausreichen, um die Ketsch in Brennholz zu verwandeln und ihre achtzig Mann Besatzung zu zerfetzen.
    Während der Abstand weiter schrumpfte, drängten sich die Piraten gut fünfzehn Fuß über dem Deck der Intrepid an der Reling. Sie unterhielten sich murmelnd und machten sich gegenseitig auf die Gestalten aufmerksam, die hinter der Bordwand der Ketsch kauerten.
    Zehn Fuß trennten die Schiffe noch voneinander, als ein Pirat rief: »Americanos! «
    »Befehlen Sie Ihren Männern anzugreifen«, schrie Catalano.
    »Es gilt einzig und allein der Befehl des kommandierenden Offiziers«, erwiderte Decatur ruhig.
    Über ihnen zückten die Berberpiraten ihre Schwerter, und einer griff nach der Donnerbüchse, die an einem Riemen auf seinem Rücken hing. Lautes Geschrei ertönte, als die eichenen Rümpfe gegeneinanderstießen, und Decatur rief: »Entern!«
    Henry Lafayette berührte die Bibel, die er stets bei sich trug, und setzte zu einer offenen Stückpforte hinüber, hakte eine Hand hinter die
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