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Kantaki 05 - Feuerstürme (Graken-Trilogie 2)

Kantaki 05 - Feuerstürme (Graken-Trilogie 2)

Titel: Kantaki 05 - Feuerstürme (Graken-Trilogie 2)
Autoren: Andreas Brandhorst
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sich anders überlegt und bereits jetzt konkrete Strafmaßnahmen beschlossen hatte. Doch die aus dem Schatten des Wagens tretende Gestalt trug keine Uniform, sondern einen Bionenanzug, und ihr schmales Gesicht, umrahmt von rotbraunem Haar, war angenehm vertraut: Zara 20, nach dem Tod von Myra 27 und Norene 19 die einzige Großmeisterin der Tal-Telassi. Sie deutete auf die offene Tür des Wagens, und Dominique stieg sofort ein, richtete dabei einen fragenden Blick auf Zara.
    Die Großmeisterin schüttelte den Kopf, nahm an den Kontrollen Platz und aktivierte die Bordsysteme. Mit einem dumpfen Summen stieg der Wagen auf, und als er kurze Zeit später durch einen der Eistunnel flog, die Empirion mit anderen Städten unter den Gletschern von Millennia verbanden, sagte Zara: »Jetzt können wir miteinander reden, ohne dass jemand mithört.«
    Sie stand auf und trat zur Tür des Heckabteils. »Ich möchte dir jemanden vorstellen.«
    Zara öffnete die Tür, und Dominique sah eine zweite Frau, die sie sofort erkannte, obwohl sie ihr jetzt zum ersten Mal begegnete. Sie hatte pechschwarzes Haar, das ihr weit über die Schultern fiel, und ihre großen Augen zeigten das Grün von Jade. Die Frau war jünger als in den quasirealen Aufzeichnungen, doch an ihrer Identität bestand kein Zweifel: Dies war Norene, von Dominik/Ahelia auf Kyrna getötet, und jetzt von den Toten zurückgekehrt.

 
Interludium 1
     
    2. Juli 951 ÄdeF
     
    Kaither wusste, dass er versklavt war oder vielleicht tot. Trotzdem fühlte er sich frei und lebendig. Art und Umstände seiner Existenz spielten kaum mehr eine Rolle; wichtig war nur, dass er existierte, in einer Form, die ihm Zufriedenheit und Glück ermöglichte.
    Der Schwarm war an diesem Morgen aufgebrochen, um mit den Wolken zu spielen. So sah es jedenfalls aus. In der vergangenen Nacht war die Stadt erneut gewachsen, wie in den Nächten zuvor, aber trotzdem hatte Kaither nicht weiter gehen müssen, um sie zu verlassen. Als er oben auf der Kuppe des Hügels stand, umgeben von einer offenen Graslandschaft, beobachtete er, wie die Ränder der lebenden Stadt sich über die Hänge des Tals ausbreiteten. Neue Treppen und Bögen bildeten sich, neue Stege zwischen ineinander verschachtelten Gebäuden, neue Türme. Es ging sehr schnell, und Kaither vermutete, dass er in wenigen Minuten die Ereignisse von Wochen und Monaten sah. Seinem Zeitempfinden konnte er nicht mehr trauen; ein Tag auf dieser Welt mochte so lang sein wie Jahre. Wie viel Zeit war verstrichen seit dem Ende jenes anderen Lebens? Einige Wochen an diesem Ort, und vermutlich Jahrhunderte in seiner eigenen Zeit.
    Oben am Himmel dehnte sich der Schwarm aus. Er war größer als sonst, schien diesmal aus allen Bewohnern der Stadt zu bestehen. Etwas Besonderes musste geschehen sein.
    Als sich Kaither umdrehte, bekam er die Antwort auf seine unausgesprochene Frage.
    »Wir sind in eine Mulde geraten«, sagte der Mann auf der Sitzbank, von der aus man einen guten Blick über das weite Land und die wachsende Stadt hatte. »Kurz vor der Galaxie, die du ›Milchstraße‹ nennst.«
    Er bezeichnete sich selbst als Kognitor, aber Kaither nannte ihn Hendrik, weil er ihn an seinen Großvater erinnerte, obwohl der Mann nicht in dem Sinne alt wirkte. Sein Alter ließ sich nur schwer bestimmen: Mal erschien er Kaither jung und energisch, voller Vitalität; bei anderen Gelegenheiten gewann er den Eindruck von Ruhe und Weisheit. Hendrik veränderte sich ständig, wie die Stadt.
    »Sind deshalb alle dort oben?«, fragte Kaither und deutete gen Himmel.
    »Ja. Wir suchen nach einem Weg aus der Mulde. Es kann eine Weile dauern, einige Wochen hier, ein oder zwei Jahrhunderte deiner Zeit.«
    Kaither nahm neben Hendrik Platz. »Was ist eine Mulde?«
    »Wunden in der Raum-Zeit«, sagte der Kognitor. Heute schien er ganz alte Weisheit zu sein. Ruhig saß er da, beide Hände auf den Knauf eines Gehstocks gelegt. Sein Blick reichte in die Ferne. »Das Universum trägt die Narben eines alten Konflikts. Eine unserer Fragen gilt dem Wann und Warum.«
    Ein Summen kam vom Himmel, wie von einem riesigen Bienenvolk. Der Schwarm dehnte sich weiter aus, wie eine große dunkle Wolke unter den vielen weißen. Aus der wachsenden Stadt ertönte ein Knacken und Knirschen, vom Seufzen des Winds überlagert.
    Kaither lehnte sich zurück. »Haben wir Zeit?«, fragte er, obwohl er wusste, wie die Antwort lautete.
    »Zeit ist kein Problem.«
    »Dann erzähl mir eine Geschichte, Hendrik«,
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