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Kammerdiener gesucht

Kammerdiener gesucht

Titel: Kammerdiener gesucht
Autoren: Friede Birkner
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Frauenköpfe erkennen. Einer sieht aus, als wäre es eine Haremsdame, verschleiert, man erkennt eine Andeutung von großen Ohrringen -«
    »Richtig - und die andere?«
    »Wäre es nicht respektlos, möchte ich diesen Frauenkopf als ein lieb-blödes blondes Mägdelein mit zwei unförmig dicken Zöpfen bezeichnen.«
    »Ebenfalls richtig. Wo befinden wir uns zur Zeit, du kluges Mädchen?«
    »In einem von dir für viel Geld gekauften reizvollen Barockschlößchen.«
    »Brav. Und wie nennt sich dieses Schlößchen?«
    »Torhaus Gleichen - ein etwas komischer Name, wie ich schon immer feststellte. Die abgebröckelte Ruine eines alten Torbaues am Anfang des Parks sollte doch dem schönen Besitz nicht den Namen geben, meine ich.«
    »In diesem Falle meinst du falsch. Ich komme der Sache schon etwas näher, da ich oben im alten Bibliotheksaal diese herrliche Bibel gefunden habe -«
    »Woraus ich entnehmen kann, daß meine brüderliche Liebe wieder ohne zwingende Not Treppen geklettert ist und nicht auf sein Bein achtete. Was hast du mir versprochen?«
    »Mich nur zu rühren, wenn es unbedingt nötig ist, das gebrochene Bein zu schonen und keinerlei wilde, verwegene Kletterpartien zu unternehmen. Ich war auch äußerst vorsichtig, als ich die schöne bequeme Treppe unseres Schlößchens hinaufhumpelte. Ich hoffe nun, daß sich bald jemand auf meine Annonce melden und ein durchaus fürstlicher Kammerdiener mir solche Wege abnehmen wird, bis ich wieder auf Reisen gehe.«
    »Du hast mir so fest versprochen, eine lange, eine sehr lange Zeit endlich einmal seßhaft zu sein und nicht wieder auf abenteuerliche Reisen zu gehen.« Mary spielte nachdenklich mit dem dichten Haar des Bruders. »Achim, ich habe den Schreck noch nicht überwunden. Bitte, spiel noch nicht wieder mit den Gedanken an die nächste Expedition! Hier ist es doch so himmlisch, wir leben wie im Paradies.«
    »Mary ist reisemüde?« Ruhig und bedacht fragte er, streichelte dabei leise über ihre schlanke Rechte, die noch auf der Bibel ruhte.
    »Ja, Achim, ganz ehrlich eingestanden.«
    »Wir sind immer einer Meinung, wenn es sich um ernste Dinge handelt. Ich bin auch noch nicht so richtig in Form, daß ich schon neue Pläne habe. Und kommt endlich der erwünschte Helfer - nennen wir ihn also Kammerdiener -, bekommen wir dazu auch ein Paar hübsche Dackelhunde und eine ebenso erwünschte Sekretärin, dann fehlt uns nichts zum vollkommenen Glück. Es soll dich beruhigen, wenn ich erkläre, mit meiner neuen Arbeit wenigstens noch ein Jahr zu tun zu haben. Bist du nun zufrieden?«
    »Vorerst ja, Achim. Doch nun zurück zu diesem alten Stempelabdruck. Wie erklärst du ihn dir?«
    »Du kennst doch die Sage vom Grafen von Gleichen. Ein Kreuzritter, der eine blonde, heißgeliebte Gattin in der Burg der Väter zurückließ, auf große Fahrt ging und nach Jahren mit einer Orientalin zurückkam. Sie hatte ihm drüben im fernen Land sein Leben gerettet, als er von ihrem Volk in grausame Gefangenschaft genommen worden war - er machte sie zum Dank zu seiner Gemahlin. Erinnere dich bitte an das zauberhafte Bild Moritz von Schwinds, welches die Heimkehr des Ritters zeigt. Er hatte also zwei Frauen - rechts die blonde, etwas dümmliche, und links die schwarze rassige Orientalin. Ein Genießer, wie du nicht ableugnen kannst, war der edle Ritter von Gleichen.«
    »Ich stimme dir zu. Doch weiter?«
    »Dieses Schlößchen hier nennt sich Torhaus Gleichen - also rekonstruieren wir, daß eventuelle Nachkommen dieses lustigen Märchengrafen Gleichen auf dem Grundstück der verfallenen Gleichenburg sich im siebzehnten Jahrhundert dieses köstliche Schlößchen erbauten und den alten Torhausbau mit einbezogen. So wählte man den Namen Torhaus Gleichen. Sie lebten dann also bis zu unserer Zeit hier im Schlößchen. Die Geburt sämtlicher Knaben und Mägdelein, Eheschließungen und so weiter - alles ist hier sauber und ordnungsgemäß eingetragen.«
    »Steht auch etwas über die letzten Gleichen drinnen?«
    Achim blätterte in den Familienbogen und tippte dann auf einen eingetragenen Vermerk: »Hier steht als letzte Notiz: Kunibert von Gleichen, genannt Kuno, geboren am zweiten Mai 19.., dann Gertraude von Gleichen, geboren am zehnten Juni 19.., also die jüngere Schwester. Das sind die letzten Gleichen, die hier lebten und über deren Vermögensverwalter wir dies Schlößchen kauften. Vermögensverwalter dürfte wohl etwas verstiegen klingen, denn wie mir Doktor Schöner berichtete, verblieb
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