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Kalter Zwilling

Kalter Zwilling

Titel: Kalter Zwilling
Autoren: Catherine Shepherd
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gerufen. Bastian war außerordentlich beliebt bei den Zonser Bürgern. Insbesondere das weibliche Geschlecht lag ihm zu Füßen, was nicht nur in seiner muskulösen Gestalt, seinem markanten Gesicht oder seinen blonden Strubbelhaaren, sondern vor allem in seinem Mut und seiner Tapferkeit begründet war.
    Bereits zwei üble Unholde hatte er in seiner kurzen Amtszeit zur Strecke gebracht. Der erste Verbrecher vergewaltigte und ermordete mehrere junge Frauen nach einem bestimmten Muster, was ihm in Zons und Umgebung den Namen »Puzzlemörder« eingebracht hatte. Der andere missbrauchte das Beichtgeheimnis, um anschließend mit einer goldenen Sichel die Kehlen unschuldiger Bürger aufzuschlitzen. Schmerzhaft erinnerte sich Bastian an seinen ältesten Bruder Heinrich, der, wie viele andere auch, dem Sichelmörder zum Opfer gefallen war. Bis heute hatte Bastian seine Leiche nicht beerdigen können. Eine Bürde, die er bis an sein Lebensende mit sich herumschleppen musste.
    Seit diesen düsteren Mordfällen war es bis auf ein paar Hexenverbrennungen ruhig geworden im kleinen Städtchen Zons. Hin und wieder wurde gestohlen, aber Gewalttaten gab es keine, wenn man von den zerstückelten Tierresten einmal absah. Bastian trat näher an die blutigen Fellreste heran. Diesmal waren es keine Hühner, soviel konnte er aufgrund der fehlenden Federn schlussfolgern. Das Fell erinnerte ihn an das eines Hundes, vielleicht war es auch ein Wolf. Bastian ergriff einen Knüppel und stocherte in dem Haufen herum. Die breiige Masse aus blutigem Fleisch gab zäh unter seinem Druck nach. Einzelne Knochen waren gebrochen. Die Rasse des Hundes war nicht mehr zu erkennen. Bastian würde in der ganzen Stadt herumfragen müssen, um herauszufinden, welcher Bürger zu Schaden gekommen war. Ansonsten erschien dieser Fall eigentlich uninteressant. Wenn er den Täter dingfest machte, würde er für den Diebstahl bestraft werden. Aber dafür brauchte er zumindest einen Zeugen, der ihn auf die richtige Spur brachte. Anhand der zerfetzten Überreste konnte er nicht viel herausfinden.
    In Bastians Magengrube machte sich Unruhe breit. Er hatte das Gefühl, dass er nicht zum letzten Mal einen derartigen Fund gemacht hatte. Dieses Tier war größer als das Federvieh, welches Bastian vor zwei Wochen an diesem Ort vorgefunden hatte. Fast machte es den Eindruck, als würde der Täter eine immer höhere Dosis benötigen. So als ob ein Huhn nicht mehr genug wäre und die Opfer immer gewichtiger werden mussten, um das Blut des Täters zum Rauschen zu bringen.
    »Das war der Bucklige, ich habe es genau gesehen!« Die alte Frau zeigte mit zitternden Fingern auf den Kadaver. »Er schleicht ständig hier herum. So sperrt ihn doch endlich in den Juddeturm, Bastian Mühlenberg.«
    Bastian betrachtete die Alte mitleidig. Seit ihr Sohn im Neusser Krieg ums Leben gekommen war, konnte Jonata Heusenstamm keine Freude mehr empfinden. Ihr ganzes Leben bestand nur noch aus Bitterkeit, die insbesondere dadurch zum Ausdruck kam, dass sie ihre Umgebung und Mitmenschen für alles anklagte, was schief ging.
    »Ich werde mit ihm sprechen, Jonata. Bis ich Beweise habe, bitte ich Euch, Eure Zunge zu hüten und keine Verdächtigungen mehr auszusprechen.« Bastian richtete sich zu voller Größe auf: »Oder könnt Ihr seine Schuld tatsächlich beweisen?«
    Die Alte verzog ärgerlich den Mund. »Glaubt mir oder lasst es sein, Bastian Mühlenberg. Möge Gott Euch auf den richtigen Weg führen, aber ich habe es mit meinen eigenen Augen gesehen.« Mit diesen Worten drehte sie sich um und wollte weggehen.
    Bastian hielt sie zurück. »Nun, wenn Ihr es wirklich gesehen habt, Jonata, dann erzählt mir doch genau, wie es sich zugetragen hat.«
    Die Alte blieb stehen und seufzte dankbar.
    »Er kommt immer genau um Mitternacht. Verhüllt in einen schwarzen Umhang schleicht er hier herum. Er läuft nicht aufrecht, sondern gebeugt. Deshalb weiß ich, dass es der Bucklige ist. Manchmal hat er ein armes Tier dabei, manchmal nicht.«
    Jonata machte eine Pause, um die Wichtigkeit des nächsten Satzes hervorzuheben.
    »Und gestern hat er diesen armen Hund dabei gehabt. Wenn Ihr mich fragt, Bastian Mühlenberg, war es noch ein Welpe. Das Tier sprang fröhlich und nichts ahnend umher und der Bucklige hat ihm mit einem großen Mauerstein den Garaus gemacht. Der Hund war längst tot, aber der Bucklige hat nicht aufgehört, den Stein auf ihn niedersausen zu lassen.«
    Angewidert spuckte sie aus.
    »Er hat sein
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