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Kalter Tod

Kalter Tod

Titel: Kalter Tod
Autoren: Michael Connelly
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vorzunehmen, und zugleich legten wir ihm nahe, in verstärktem Maß auf der Hut zu sein. Das ist auch der Grund, weshalb ich losgeschickt wurde, als neben seinem Namen das rote Warnlicht aufleuchtete.«
    Bosch legte den Rückwärtsgang ein und stieß rückwärts aus der Einfahrt.
    »Warum hast du das nicht gleich gesagt?«
    Auf der Straße schoss der Wagen ruckartig nach vorn, als Bosch den Vorwärtsgang einlegte.
    »Weil in Greensboro niemand umgebracht wurde«, sagte Walling trotzig. »Das hier könnte etwas völlig anderes sein. Ich bekam ausdrücklich eingeschärft, behutsam und diskret an die Sache heranzugehen. Tut mir leid, dass ich dir was vorgemacht habe.«
    »Dafür ist es jetzt leider ein bisschen spät, Rachel. Konnten deine Leute das verschwundene Caesium aus Greensboro wiederbeschaffen?«
    Sie antwortete nicht.
    »Konnten sie es?«
    »Nein, noch nicht. Es heißt, es wurde auf dem Schwarzmarkt verkauft. Dieses Material ist, auch unter rein monetären Gesichtspunkten betrachtet, extrem wertvoll – auch wenn es im regulären medizinischen Kontext zum Einsatz kommt. Aus diesem Grund sind wir nicht sicher, womit wir es hier zu tun haben. Deshalb wurde ich geschickt.«
    Zehn Sekunden später waren sie im richtigen Abschnitt des Arrowhead Drives, und Bosch begann wieder, nach Hausnummern Ausschau zu halten. Aber Walling sagte ihm, wie er fahren musste.
    »Das dort vorne links, glaube ich. Das Haus mit den schwarzen Fensterläden. Im Dunkeln ist das aber schwer zu erkennen.«
    Bosch fuhr an den Straßenrand und stellte die Automatik auf P, bevor das Auto zum Stehen gekommen war. Er sprang nach draußen und eilte auf die Eingangstür zu.
    Das Haus war dunkel, nicht einmal die Lampe über dem Eingang brannte. Als Bosch sich der Tür näherte, sah er, dass sie offen stand.
    »Es ist offen«, sagte er.
    Bosch und Walling zogen ihre Waffen. Bosch legte die Hand an die Tür und schob sie langsam auf. Mit erhobenen Pistolen betraten sie das dunkle, stille Haus, und Bosch strich mit der Hand kurz über die Wand, bis er den Lichtschalter fand.
    Das Licht ging an und brachte ein Wohnzimmer zum Vorschein, das aufgeräumt war, aber leer, und auf den ersten Blick deutete nichts auf etwas Ungewöhnliches hin.
    »Mrs. Kent?«, rief Walling laut. Dann fügte sie, an Bosch gewandt, leiser hinzu: »Er hat eine Frau, aber keine Kinder.«
    Walling rief noch einmal, aber im Haus blieb es still. Rechts ging ein Flur ab, und Bosch wandte sich ihm zu. Er fand einen weiteren Lichtschalter und knipste das Licht an. Vor ihm lag ein Gang mit vier geschlossenen Türen und einer Nische.
    Die Nische diente als Arbeitszimmer und war leer. Bosch sah eine blaue Spiegelung im Fenster, die von einem Computermonitor stammte. Sie gingen an der Nische vorbei und öffneten der Reihe nach die Türen, die von dem Gang abgingen. Sie führten in ein Gästezimmer und in einen Fitnessraum mit Crosstrainern und an den Wänden hängenden Matten. Hinter der dritten Tür war ein Gästebad, das leer war, und hinter der vierten das Schlafzimmer.
    Wieder tastete Bosch nach einem Wandschalter und machte das Licht an. Und da war Mrs. Kent.
    Sie lag nackt, geknebelt, Hände und Fußgelenke auf den Rücken gefesselt, auf dem Bett. Ihre Augen waren geschlossen.
    Während Walling sofort auf das Bett zueilte, um zu sehen, ob sie noch am Leben war, schaute Bosch als erstes ins Bad und in den begehbaren Kleiderschrank. Dort war niemand.
    Als er zum Bett zurückkehrte, war Walling bereits dabei, mit einem Taschenmesser die schwarzen Plastikkabelbinder zu durchtrennen, mit denen Hand- und Fußgelenke der Frau gefesselt waren. Dann zog sie die Bettdecke über den reglosen Körper der nackten Frau. In dem Zimmer roch es deutlich nach Urin.
    »Lebt sie noch?«, fragte Bosch.
    »Ja, sie lebt noch. Ich glaube, sie ist nur bewusstlos. Sie wurde so hier liegen gelassen.«
    Walling begann, die Handgelenke und Hände der Frau zu massieren. Infolge der schlechten Blutzirkulation hatten sie sich dunkel, fast violett verfärbt.
    »Fordere Hilfe an«, ordnete sie an.
    Ärgerlich über sich selbst, nicht sofort selbst und ohne Aufforderung reagiert zu haben, holte Bosch sein Handy heraus und ging auf den Flur hinaus, um in der Zentrale anzurufen und einen Rettungswagen anzufordern.
    »Zehn Minuten«, sagte er, als er aufgelegt hatte und ins Schlafzimmer zurückkam.
    Bosch spürte, wie ihn eine Welle der Erregung erfasste. Jetzt hatten sie einen lebenden Zeugen. Die Frau auf dem Bett
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