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Kalte Freundschaft

Titel: Kalte Freundschaft
Autoren: Simone van Der Vlugt
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Wohnzimmer geht und schimpft, ist die Stimmung im Eimer. Früher hätte sie Marielles Aufsässigkeit nicht so einfach hingenommen, aber die ewigen Streitereien kosten so viel Kraft, dass sie immer öfter darüber hinwegsieht.
    Unwillkürlich stellt sich Nadine so hin, dass sie das gerahmte Foto von Christiaan im Wohnzimmer sieht. Nicht zu glauben, dass sein Tod schon fünf Jahre zurückliegt! Sie denkt zwar nicht mehr täglich an ihn, doch manchmal fehlt er ihr sehr. Und sie fragt sich, wie ihr Leben aussähe, wenn er nicht verunglückt wäre. Ob sie wohl noch zusammen wären? So viele Paare in ihrem Bekanntenkreis, von denen sie es nie gedacht hätte, haben sich getrennt. Trotzdem kann sie sich nicht vorstellen, dass es ihr mit Christiaan, ihrer großen Liebe, ebenso ergangen wäre. Hätte es Probleme gegeben, so wäre Marielle Grund genug gewesen, um die Beziehung zu kämpfen.

    Mit achtzehn hatten sie sich kennengelernt, und im Jahr darauf stellte Nadine mit Schrecken fest, dass sie schwanger war. Wider Erwarten hielt ihre Beziehung, sie wurden nur schneller erwachsen. Noch vor Marielles Geburt zogen sie in Utrecht zusammen, wo sie beide die Journalistenschule besuchten.
    Nach dem Studium bekam Nadine eine Stelle bei der Tageszeitung in Leiden, ganz in der Nähe ihrer Eltern, die bereit waren, sich mit um Marielle zu kümmern. Also zogen sie und Christiaan nach Leiden, obwohl er in Amsterdam arbeitete. Alles lief bestens, bis zu jenem schrecklichen Tag, an dem er bei einem Autounfall ums Leben kam.
    Marielle war gerade elf geworden. Nadine hatte sie zur Schule gebracht, war in die Redaktion gefahren, und eine Stunde später kam der Anruf. Sie wusste noch genau, wie sie aufschrie und am ganzen Körper zitterte, als sie hörte, was geschehen war. Sie fühlte sich, als hätte man ihr den Boden unter den Füßen weggezogen. In der ersten Zeit nach dem Unfall wachte sie jeden Morgen mit dem Gefühl auf, dass das Wichtigste in ihrem Leben fehlte, auch wenn alles andere war wie immer.
    Der Verlust eines geliebten Menschen schlägt eine Schneise, der man nie ganz entrinnen kann. Man weicht ihr aus, und doch gibt es immer wieder Situationen, in denen man gefährlich nahe am Abgrund steht.
    Ihre Eltern waren die Rettung! Ohne sie wäre ihr Leben komplett aus den Fugen geraten. Sie kümmerten
sich um Marielle, wenn Nadine Überstunden machen musste, holten sie von der Schule ab und umsorgten die Enkelin, wenn sie einmal krank war.
    Wie gesagt: Fünf Jahre ist der Unfall inzwischen her, und Christiaan fehlt ihr nach wie vor, auch wenn es seitdem andere Männer in ihrem Leben gab. Vielleicht wurde aus keiner Beziehung mehr, weil die Männer das Gefühl hatten, keine wirkliche Chance bei ihr zu haben?
    Dabei ist Nadine durchaus offen für eine neue Beziehung. Warum sollte sie den Rest ihres Lebens allein bleiben? Immer wieder hat sie nette Männer kennengelernt, die sich aber meist schnell wieder zurückzogen. Das wunderte sie zwar, doch sie machte sich nicht allzu viel daraus. Bis sie eines Tages Remco begegnete …
    An dem Abend, als sich ihre Blicke in der Kneipe zum ersten Mal trafen, wusste Nadine, dass die schwerste Zeit ihres Lebens hinter ihr lag.
    Wochenlang bestand die Welt nur aus ihnen beiden, bis die Realität allmählich ihr Recht forderte: Marielle war gerade vierzehn geworden, ein schwieriges Alter, und brauchte ihre Mutter. Remco verstand sich gut mit ihr, ging locker mit ihr um, allerdings ohne sich so recht klarzumachen, dass eine Entscheidung für Nadine zugleich eine Entscheidung für das Leben mit einem Teenager bedeutete.
    Trotzdem wollten sie es wagen: Schon zwei Monate nach ihrer ersten Begegnung beschlossen sie zusammenzuziehen. Nach einem harmonischen Wochenende,
an dem sie Pläne geschmiedet und von der Zukunft geträumt hatten, fuhr Remco sonntagabends nach Hause nach Alphen aan de Rijn, um ein paar Sachen zu holen.
    Er kam nicht wieder. Zwei Tage später rief er an und sagte, er habe sich getäuscht und hinge doch zu sehr an seiner Freiheit, um sich an sie und Marielle zu binden.
    Seitdem hat Nadine sich nicht mehr ernsthaft auf eine Beziehung eingelassen.

3
    Im Grunde genommen ist Marielle kein schwieriges Mädchen. Sie hat ein aufbrausendes Temperament, beruhigt sich aber auch rasch wieder, meist quasselt sie in einer Tour. Nadine hört gern zu, wenn sie von der Schule, den Lehrern und Begebenheiten aus ihrem Freundeskreis erzählt. Marielles Leben ist wie eine Soap, von der Nadine allabendlich
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