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Kalt

Kalt

Titel: Kalt
Autoren: Dean R. Koontz
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Lantern fiel es nicht schwer, dem verblüfften Wissenschaftler die Waffe aus der Hand zu nehmen. Proctor stand da wie vor den Kopf geschlagen, brach jedoch nicht zusammen.
    Dylan, Jilly und schließlich auch der schlurfende Shep traten an Lanterns Seite wie Geschworene, die sich versammelten, um ein Urteil zu sprechen.
    » Er hat noch eine weitere volle S pritze«, sagte Lantern. »Wenn ihm gefällt, was die neue Generation von Nanomist uns angetan hat, will er sich ein Herz fassen und sich sein Zeug selbst injizieren. Meinen Sie, dass das eine gute Idee ist, Dylan? «
    » Nein. «
    » Wie steht ’ s mit Ihnen, Jilly? Meinen denn Sie, dass das eine gute Idee ist? «
    » Teufel, nein «, sagte Jilly. » Er ist bestimmt kein besseres Material. Da wird nur ein neuer Manuel draus. «
    » Sie undankbares Miststück! «, sagte Proctor.
    Als Dylan auf Proctor zutreten wollte, um ihm das Maul zu stopfen, hielt Jilly ihn am Hemd fest. » Man hat mich schon Schlimmeres genannt. «
    » Irgendwelche Vorschläge, was wir mit ihm machen sollen? «, fragte Lantern.
    » Wir können nicht wagen, ihn der Polizei zu übergeben «, sagte Jilly.
    » Oder seinen Geschäftspartnern «, ergänzte Dylan.
    » Kuchen. «
    » Sie sind erstaunlich hartnäckig, mein Lieber, aber zuerst müssen wir unser Problem hier beseitigen, und dann gibt es Kuchen. «
    » Eis «, sagte Shep und faltete hier nach dort.
     

48
    Als Shep in der Küche seines Elternhauses an der ein samen Küste nördlich von Santa Barbara in den Kühlschrank geblickt hatte, hatte er womöglich nicht den Wunsch nach einem kalten Getränk geäußert, sondern eine Vorahnung seiner letzten Begegnung mit Lincoln Proctor gehabt. Jilly fiel nun ein, dass Shep ja sowieso gar kein Eis in seinen Getränken mochte.
    Wo ist das ganze Eis?, hatte er gefragt, um eine Landschaft näher zu bestimmen, die er in seiner Vorahnung wohl nur undeutlich gesehen hatte.
    Am Nordpol ist sehr, sehr viel Eis, hatte Jilly ihm gesagt.
    Und das war tatsächlich der Fall.
    Unter einem bedrohlichen Himmel, der so hart wie der Deckel eines Eisenkessels aussah, erstreckte sich eine düstere weiße Ebene, die am Horizont ringsum in einem zwielichtartigen, grauen Dunst verschwand. Die einzigen Erhebungen waren gezackte, durch Druck entstandene Furchen und Eisplatten – manche so groß wie Särge, andere größer als ganze Bestattungsinstitute –, die aus der Polarkappe geborsten waren und nun wie Grabsteine auf dem Friedhof irgendeines anderen Planeten aufrecht dastanden.
    Kalt, hatte Shepherd gesagt.
    Und das war es wirklich.
    Für den nördlichsten Punkt des Erdballs war die Kleidung der Besucher äußerst ungeeignet, und obgleich die berüchtigten Polarwinde zu Bett gegangen waren, schnappte die Luft mit wölfischen Zähnen zu. Der Schock des abrupten Temperatursturzes ließ Jillys Herz schmerzhaft stottern. Fast wäre sie auf die Knie gesunken.
    Parish Lantern war zwar deutlich verblüfft, sich statt am Lake Tahoe in diesem unwirtlichen Reich grimmiger Abenteuergeschichten und romantischer Weihnachtsmärchen zu befinden, aber er reagierte mit bemerkenswerter Fassung. » Eindrucksvoll «, sagte er.
    Nur Proctor geriet in Panik. Er stolperte im Kreis herum und fuchtelte mit den Armen, als wäre das eisige Panorama ein Trugbild, das er irgendwie wegreißen konnte, um den warmen grünen Sommer am Lake Tahoe wieder herzuzaubern. Vielleicht versuchte er auch zu schreien, die brutale Kälte nahm ihm jedoch die Stimme, sodass er nur ein schrilles Pfeifen hervorbrachte.
    » Shepherd «, sagte Jilly und merkte, wie die kalte Luft ihr in der Kehle brannte und die Lunge schmerzen ließ, » wieso sind wir hier? «
    » Kuchen «, sagte Shepherd.
    Während die beißende Kälte Proctors Panik allmählich zu einer tauben Verwirrung reduzierte, zog Parish Lantern sich und die drei Gefährten zu einem engen Kreis zusammen, bis die vier sich mit den Köpfen berührten, ihre Körperwärme teilten und sich gegenseitig warmen Atem ins Gesicht hauchten. » Es ist mörderisch kalt «, sagte er. » Das halten wir nicht lange durch. «
    » Wieso sind wir hier? «, fragte Dylan nun seinen Bruder.
    » Kuchen. «
    » Ich glaube, er meint, wir sollen den Bastard hier lassen und uns dann zu Hause an den Kuchentisch setzen «, mutmaßte Lantern.
    » Das geht nicht «, sagte Dylan.
    » Doch «, sagte Shep.
    » Nein «, sagte Jilly, » das ist nicht das Richtige. «
    Lantern drückte keinerlei Erstaunen über diese Worte aus, woran Jilly
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