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Kalt, kaltes Herz

Kalt, kaltes Herz

Titel: Kalt, kaltes Herz
Autoren: Keith Ablow
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nicht ganz bei Verstand.«
    »Ich kann mich nicht mehr an alles erinnern, so wütend war ich.« Ihre Stimme verlor sich. »Ich habe alles kaputtgemacht.«
    »Wir räumen zusammen auf.«
    »Wirst du sie nicht vermissen?«
    Weder an Kathys Tonfall noch an ihrer Ausdrucksweise konnte ich erkennen, ob sie sich in der Gegenwart oder in der Vergangenheit befand – ob sie von Blaire oder von Rachel sprach. »Nein«, sagte ich. »Ich werde sie nicht vermissen.«
    »Aber ich.«
    Ich schloß die Augen. »Hör zu, Kathy. Warum fahren wir nicht einfach weg? Nach Plum Island, zu dem Hotel am Strand, wo wir unsere erste gemeinsame Nacht verbracht haben. Waltons' Ocean Front. Weißt du noch?« Offenbar weinte sie. »Kathy?«
    »Ja?«
    »Waltons' Ocean Front. Treffen wir uns dort. Wir könnten noch mal von vorn anfangen.«
    »Das geht nicht. Ich habe heute nacht vier Entbindungen und komme wahrscheinlich erst morgen abend hier raus.«
    »Dann eben morgen. Treffen wir uns gleich nach der Arbeit.«
    »Und du wirst mich nicht versetzen?« Ihre Stimme klang wieder gereizt.
    »Ehrenwort.«
    »Wehe, wenn du mich sitzen läßt wie bestellt und nicht abgeholt.« Sie legte auf.
    Es dauerte fast drei Stunden, bis ich das Haus einigermaßen in Ordnung gebracht hatte. Ich versuchte, nicht an Rachel zu denken, doch immer wieder schnürte es mir urplötzlich die Brust zu. Mir wurde übel, und ich mußte mich setzen, wenn mich die Erinnerung an sie überkam.
    Kurz nach Einbruch der Dunkelheit klingelte das Telephon. Ich stürzte hin. »Clevenger«, keuchte ich. »Die Gestapo hat mir erlaubt, noch einen letzten Anruf zu tätigen.«
    Ich erkannte Trevor Lucas' Stimme.
    »Wären Sie so nett, mich zu besuchen?«
    »Warum sollte ich?«
    »Damit ich Ihnen die Wahrheit erzählen kann.«
    »Wenn Sie mir etwas zu sagen haben, können Sie es genauso gut jetzt tun.«
    »Lieber nicht. Sie müssen schon persönlich herkommen.«
    Mir fiel ein, vor wie vielen Dingen ich die Augen verschlossen hatte. »Ich bin sofort bei Ihnen«, antwortete ich. Er legte auf.
    Ich stieg ins Auto und fuhr zum Revier. Emma Hancock war nicht da. Tobias Lucey bewachte die Zellen, doch da mein Ansehen bei der Polizei wieder gestiegen war, ließ er mich anstandslos zu Lucas.
    »Am besten verabschieden Sie sich gleich von ihm. Er wird morgen früh nach MCI Concord verlegt«, verkündete Lucey und öffnete die Stahltür. »Die Grand Jury hat das Verfahren gegen ihn eröffnet. Vorsätzlicher Mord in drei Fällen.«
    »Wer vertritt die Anklage ?«
    »Red Donovan, der neue Bezirksstaatsanwalt, übernimmt den Fall selbst. Heutzutage ist ein dreifacher Mord zwar keine große Sache mehr, aber wenn der Täter ein Arzt ist ... nach der Geschichte könnte man glatt einen Film drehen.«
    »Wen hat sich Lucas als Anwalt genommen?«
    »Er hat sich selbst vertreten, wie er gesagt hat. Und er hat nicht einen einzigen Zeugen aufgerufen.« Lucey schüttelte den Kopf. »Der Mann glaubt wohl, er hätte es mit einem harmlosen Blechschaden zu tun.«
    »Darüber würde er sich wahrscheinlich viel mehr aufregen«, meinte ich.
    Ich ging den Flur entlang zu Lucas' Zelle. Die anderen Zellen waren leer, und ich hörte ihn leise summen, bevor ich ihn sah. Wieder saß er im Schneidersitz und mit geschlossenen Augen auf dem Boden und meditierte. Ich blieb stehen und musterte sein verbeultes, zerschrammtes Gesicht. Plötzlich öffnete er die Augen und erwiderte meinen Blick. »Tut mir leid«, sagte er.
    »Was tut Ihnen leid? Wovon reden Sie?«
    »Von Ihrer Tänzerin. Der flachbrüstigen mit den roten Haaren.« Ich knirschte mit den Zähnen.
    »Das vierte Opfer«, fuhr er fort. »Auf der Fahrt ins Gefängnis habe ich im Radio von ihrer Feuerbestattung gehört.« Er runzelte die Stirn. »Sie sehen zum Fürchten aus. Hoffentlich hat sie Ihnen nicht zu viel bedeutet.«
    »Sie haben drei Opfer auf dem Gewissen«, antwortete ich mit schwacher Stimme. »Vielleicht haben Sie der Grand Jury nicht richtig zugehört.«
    »Nein,
die
haben mir nicht zugehört. Ich habe gesagt, daß ich unschuldig bin, und ich hätte es auch beweisen können. Aber das hat noch Zeit.«
    »Warum warten, wenn Sie unschuldig sind?«
    »Warum? Weil man mir unrecht getan und mich schrecklicher Gräueltaten beschuldigt hat, die ich nicht begangen habe. Ein schwerwiegender Irrtum, der richtiggestellt werden muß.«
    »Denken Sie, es kümmert jemanden, wenn Sie sechs Monate lang im Hochsicherheitsgefängnis meditieren, anstatt Fettpolster
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