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Kalle Blomquist

Kalle Blomquist

Titel: Kalle Blomquist
Autoren: Astrid Lindgren
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seine Kraft zusammen. »Rasmus, jetzt mußt du tun, was ich dir sage. Du mußt zu Kalle und Anders und Eva-Lotte gehen. Ich denke, du willst eine Weiße Rose werden! Das willst du doch?«
    »Ja, natürlich … aber …«
    »Na also! Dann mach schon! Ich glaube, die warten schon auf dich!«
    »Und du, Nicke? Was …«
    »Ach, Blödsinn! Ich liege hier so schön weich im Moos, mir fehlt nichts. Ich bleibe hier und ruhe mich aus und will mir anhören, wie die Vögel Musik machen.«
    »Aber …« sagt Rasmus und spricht nicht weiter, denn er hört jemanden in der Ferne rufen. Jemand ruft seinen Namen. »Das ist ja Vati«, sagt er dann und lacht.
    Da weint Nicke wieder, aber ganz leise, den Kopf in das Moos gedrückt. Ja, manchmal ist Gott einem armen Sünder gnädig – jetzt braucht er sich um Rasmus keine Sorgen mehr zu machen. Und er weint vor Dankbarkeit – und weil es so schwer ist, der kleinen Gestalt Adieu zu sagen, die da in dem schmutzigen Overall steht und nicht weiß, ob sie zu Vati gehen oder bei Nicke bleiben soll.
    »Geh nur, und sag deinem Vater, daß da im Wald ein alter kaputter Kidnapper herumliegt«, sagt Nicke leise.
    Da schlingt Rasmus wieder die Arme um seinen Hals und schluchzt: »Du bist aber kein alter kaputter Kidnapper, Nicke!«
    Nicke hebt mühsam eine Hand und streichelt Rasmus das Gesicht. »Adieu, Häschen«, flüstert er. »Geh jetzt und werde eine Weiße Rose, die feinste kleine Weiße Rose …«
    Rasmus hört, wie wieder sein Name gerufen wird. Er steht schluchzend auf, bleibt unentschlossen stehen und sieht Nicke an. Dann geht er langsam weg. Dreht sich ein paarmal um und winkt. Nicke hat keine Kraft mehr zu winken, aber seine einfältigen Augen folgen der Kindergestalt, und diese Augen sind voller Tränen.
    Jetzt gibt es keinen Rasmus mehr. Nicke schließt die Augen.
    Er ist zufrieden – und müde. Es wird schön sein, endlich zu schlafen.

SECHZEHNTES KAPITEL
    »Georg Louis Peters«, sagte der Kommissar der Staatspolizei, »es stimmt genau! Endlich! Finden Sie nicht selbst, daß es endlich Zeit wurde, Sie einmal zu erwischen?«
    Peters gab darauf keine Antwort. »Geben Sie mir eine Zigarette«, sagte er ungnädig.
    Schutzmann Björk ging auf ihn zu und steckte ihm eine Zigarette in den Mund. Peters saß auf einem Stein bei der Anlegestelle. Seine Hände waren mit Handschellen zusammengefes-selt. Hinter ihm standen seine Kumpane, Blom und Svanberg und der Pilot.
    »Sie wissen doch, daß wir schon eine ganze Weile hinter Ihnen her sind«, fuhr der Polizeikommissar fort. »Ihren Sender hatten wir schon vor zwei Monaten angepeilt, aber bevor wir zugreifen konnten, waren Sie uns entwischt. Haben Sie die Spionage aufgegeben? Sie sind ja jetzt statt dessen anscheinend unter die Menschenräuber gegangen?«
    »Das eine kann ein so gutes Geschäft sein wie das andere«, sagte Peters mit offenherzigem Zynismus.
    »Möglich«, sagte der Kommissar. »Aber jetzt ist es auf jeden Fall sowohl mit dem einen als mit dem anderen für Sie zu Ende.«
    »Ja, man ist wohl fertig«, gab Peters bitter zu. Er zog kräftig an seiner Zigarette. »Etwas möchte ich gern noch wissen«, sagte er. »Wie haben Sie herausbekommen, daß ich auf Kalvö war?«
    »Das haben wir erst bemerkt, als wir hierherkamen«, erwiderte der Kommissar. »Und wir kamen her, weil ein Funkama-teur eine Nachricht auf der Kurzwelle auffing, die er telefonisch an uns weitergab. Eine Nachricht, die unser Freund Kalle Blomquist gestern abend durchgab.«
    Peters warf einen gehässigen Blick auf Kalle. »Konnte ich mir denken«, sagte er. »Wäre ich nur zwei Minuten zeitiger gekommen, dann wäre er erledigt gewesen! Verdammte Gören!
    Sie sind schuld an all meinem Pech. Ich schlage mich lieber mit der ganzen schwedischen Staatspolizei herum als noch einmal mit den dreien.«
    Der Kommissar ging zu den drei Weißen Rosen, die auf dem Steg saßen. »Die Polizei kann froh sein, so tadellose Mitarbeiter zu haben«, sagte er.
    Die drei schlugen bescheiden die Augen nieder. Und Kalle dachte, daß es ja eigentlich nicht die Polizei war, der sie hatten helfen wollen, sondern, genauer genommen, Rasmus.
    Peters drückte den Zigarettenstummel mit dem Absatz aus.
    »Worauf warten wir eigentlich noch?« fragte er eisig. »Ich habe hier nichts mehr verloren.«
    Eine kleine grüne Insel zwischen vielen anderen in einem blauen Sommermeer. Die Sonne scheint auf die kleinen Häuser, auf die Anlegestelle und auf die Boote, die dort liegen und auf den Wellen
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