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Kaleidoscope: Kriminalroman (German Edition)

Kaleidoscope: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Kaleidoscope: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Darryl Wimberley
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denn sie war bei irgendeiner Auseinandersetzung am Flussufer zu Bruch gegangen. Wer brauchte schon eine Uhr? Für die wichtigen Dinge war genug Zeit. Immer. Alles andere konnte warten.
    Das einzige wertvolle Schmuckstück außer seinem Ehering stammte aus dem Ausland. Eine Art Brosche oder Anstecknadel, in deren Besitz er während der letzten Wochen beim Militär gekommen war. Stets poliert, steckte es an Jacks breitem Revers. Es war nicht wie ein Freimaurerabzeichen, nichts dergleichen. Jack wusste nicht genau, was es eigentlich war. Irgendein Herold mit einem geprägten Wappen und einer Inschrift in einer, vom leeren Ritual der Heiligen Messe abgesehen, für Jack unvertrauten Sprache. Das Schmuckstück hatte eine Geschichte, falls die jemanden interessierte. Sie interessierte aber niemanden.
    »Findet wieder in die Normalität zurück«, hatte der Präsident die Leute nach dem Krieg beschworen, die seitdem wie verrückt versuchten, seiner Bitte nachzukommen. Stricke geben nach … Gas stinkt ganz furchtbar … Da kann man ebenso gut weiterleben .
    Jack steckte die freie Hand in seine Tasche, um das Kartenspiel darin zu befingern. Er versuchte, sich einzureden, dass er sich keine Sorgen wegen Arbeit machte. Mit Karten kam man immer über die Runden, wenn man gut war. Wenn man Glück hatte.
    Aber es waren doch gute Zeiten, oder? Wilde Zeiten.
    Er wollte etwas trinken. Für zehn Cent brachte einen die Straßenbahn überallhin, aber Jack gingen die Zehncentstücke aus. Er entschied sich für Schusters Rappen. Irgendein Laden rund um McMillan und Vine wäre in Ordnung gewesen, aber Jack entschied sich für Wielert’s Café. Wielert’s war immer gut. Boss Cox hatte von dort aus den Laden geschmissen, als er noch Bürgermeister war. Als er zum Café kam, nickte Jack den bekannten, aber namenlosen Gesichtern zu, die draußen herumstanden.
    »Hallo Jungs«, sagte Romaine, als er sich durch den Pulk von Männern zum nur schlecht getarnten Eingangsbereich drängte, der Grenzlinie zwischen der Straße und dem, was drinnen vor sich ging.
    »Moment mal.«
    Ein gertenschlanker Rotkopf stand von einem Stuhl mit geflochtener Lehne auf. Strohhut und Knickerbocker. Den zumindest kannte Jack.
    »Murdock, was ist los? Arbeitest du jetzt als Türsteher?«
    »Staponski sagt, du kommst hier nicht rein.«
    »Hey, wir sind doch alte Freunde.«
    »Staponski sagt, du schuldest ihm Geld.«
    Christian Nicholas Staponski. Spitzname Spuds. Der führte den Laden.
    »Ja, klar, ich schulde ihm Geld«, sagte Jack gelassen. »So wie die halbe Stadt.«
    »Ja, also, du bist hier nicht willkommen.«
    »Hör zu«, sagte Jack. »Ich habe einen Fünfer in der Tasche. Spuds wird’s gar nicht gefallen, wenn du mich verscheuchst.«
    »Gib mir den Fünfer. Ich gebe ihn Spuds.«
    »Ich bin doch kein Dorftrottel, Murdoch.«
    »Ach, nein?«, krächzte eine Stimme hinter ihm.
    Jack drehte sich um und sah Nick Staponski, der das karge Foyer des Speakeasy vollkommen ausfüllte.
    »Also kommst du rein oder nicht?«
    Staponski ging wieder hinein, bevor Jack antworten konnte, wobei er seine kaputte Hüfte nachzog. Ein schmaler Gang führtezur Bar. Jede Menge Gläser mit Schaumkronen auf der polierten Hartholztheke. Dazwischen Schnapsgläser mit Fusel und hier und da echtem Whisky. Ein paar Kerle schlugen an der Theke die Zeit tot. Ein Beau neben einer Biene, die Schnaps und Zigaretten verteilte, als wäre sie Diana Mayo.
    »… ’Tain’ nobody’s biiiiiiznesssssss …«
    Spuds führte Jack an einem farbigen Mädchen vorbei, das von einem Negerquintett begleitet gurrte, zu einer Tür mit Spion. Auf einmaliges Klopfen hin wurde sie geöffnet. Jack betrat einen Raum mit niedriger Decke, der mit Bierhefe, Tabak und Schweiß imprägniert war. Hier fanden die richtigen Geschäfte statt: Karten, Lotterie, Pferdewetten. Auf einem langen Tresen, der als Hinterzimmer-Bar diente, brummte ein Crosley-Radio vor sich hin, dessen Röhren ein Baseballspiel aus dem Äther aufschnappten.
    »… möchte die Fans daran erinnern, dass die Reds im Oktober ein reguläres Saisonspiel der National League spielen werden. Können Sie sich das vorstellen? Demnächst wird noch rund um den Weihnachtsbaum gepitcht. Unglaublich …«
    »Gegen wen spielen wir heute, gegen die Pirates?«, fragte Jack fast instinktiv.
    »Kümmere du dich nicht darum«, knurrte Spuds und schubste Romaine gegen die fußstützenlose Theke. »Also, wo ist mein Fünfer?«
    Jacks Mund war staubtrocken.
    »Ich habe ihn
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