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Kabbala-Box (2 Romane in einem Band)

Kabbala-Box (2 Romane in einem Band)

Titel: Kabbala-Box (2 Romane in einem Band)
Autoren: Klaus Regner
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Wunderheiler, – und, ach ja: schwuler Familienvater. Wenn seine Pat ienten wüssten, dass er den lieben langen Tag – auch während eines Patientengesprächs (Anamnese genannt) – auf seinem Computer Fickprofile und Gayportale im Hintergrund geöffnet hat, würden sie sich nicht mehr wundern, warum ihr hart verdientes Geld immer weniger wird und das Krankheitsbild sich immer mehr verschlechtert.
    Ich stehe vor dem Haus, tripple nun hin und her. Schmerz durchflutet mich, ich will umkehren, nachhause gehen, mich in mein warmes Bettchen legen und einschlafen (und nicht mehr aufw achen). Der Schmerz, die Trennung, die Verzweiflung, sie veranlassen mich hierher zu kommen. Hier ist der Schlüssel begraben, und ich muss ihn finden, um das Tor zum Seelenheil (oder des Vergessens) öffnen zu können.
    Im Dunkeln sieht das Haus lieblos aus. Lügen wurden in diesem Haus erzählt und eine Zeitlang war ich ein Teil dieses Lügenkorsetts, in dem meine Verzweiflung und mein Schmerz zusamme ngeschnürt worden waren. „Aufdecken. Verarbeiten. Verkünden“, sage ich zu mir.
    Willkommen in einem Zeitalter, in dem Fakeprofile auf diversen Gayportalen hirnlose Fick-Zombies erschaffen. Der Arzt ist zu so einem schwulen Fick-Zombie geworden. Er und die a nderen Untoten benutzen diese Plattformen, um ihren eigenen Splatter-Fuck-Film zu kreieren und der Arzt ist ihr schauspielerisches Meistertalent: der parkplatzsuchende Fick-Zombie. Würde ist für den Arzt nur ein Konjunktiv. Die Fantasie der Fick-Zombies – selbst das Leben – spielt sich nur mehr im Web 2.0, Facebook, Twitter, My Space, Gayromeo und Co. ab. Netzwerk-Zweitleben wird betrieben. Freunde in realer Echtzeit zu treffen, um auf Du und Du Gedanken sowie Freuden und Sorgen auszutauschen, gibt es nicht mehr. Einzig und allein der nächste heimliche Fick mit irgendeinem Unbekannten (um möglichst viele Krankheiten nachhause zu schleppen) ist von Wichtigkeit. Im Netz darf nichts versäumt werden. Da gibt es so viele Angebote für jedes einzelne Bedürfnis, das man schnell befriedigen muss.
    Ich war so ein Angebot für eine besondere Sorte Mensch. Mein Preisschild, die Etikette, die mir auferlegt wurde, hatte ich allerdings nicht gesehen. Nach ein paar Monaten gab es wieder neue Angebote und die waren günstiger als ich, weil leichter form- und biegbar.
     
    Ich betrachte das dunkle Haus, umrandet von hohen Bäumen – erbaut in den 1930ern Jahren –, und Efeu wächst an der Ostseite der Hauswand empor. Das Haus ist ein Teil meiner Liebesg eschichte und ich werde sie erzählen, sie loslassen und sie wegwerfen, ich befreie mich von meinem persönlichen Hirnmist, der mich täglich aufs Neue begleitet …
     
    Cora, so heißt die Ehefrau des Arztes , von mir liebevoll auch Big Mama genannt, war in jungen Jahren – als sie den Arzt ehelichte – eine unsagbar schöne Frau gewesen. Ihr Gesicht ist durch die Jahre als zurückgestoßene Schein(Ehe)Frau, in denen sie seine Männer kommen und gehen gesehen hatte, in sich zusammengefallen. Und egal, wie viele Quantenheilungsbücher sie in sich reinstopfte, sie entwickelte sich nicht weiter. Für sie ist eine Sicherheitsnadel heute noch ein Mode-Accessoire. Nach seinem Outing hatte sie keinen Grund mehr, sich schön zu machen. Sie wurde fett, hässlich und sprach ständig vom Essen. (Ihre Lieblingsmenüs sind Couscous-Variationen in rauen Mengen.) R-E-S-P-E-C-T.
      Ihr Mann, der Arzt, ist schöner g eworden, er fickt sich auch den Verstand aus seinem Hirn, egal wo, egal wie, egal mit was. Also ihr Männer da draußen: FICKEN HÄLT JUNG! „Rah, rah, ah, ah, aha, roma, romamaha, gaga, olalaha, want your bad romance“, würde wohl Lady Gaga dazu singen.
      Mit seinen Kindern hatte ich mich gut verstanden, besonders mit Elke, sie ist auch Ärztin g eworden (Homöopathieprüfung inklusive). An einem sonnigen Einkaufstag, an dem wir verabredet waren, erzählte ich ihr, dass es sich nicht so leicht leben ließe mit ihrem sexbesessenen Vater, der die schwulen Rastplätze in Österreich besser auswendig aufsagen kann, als die Geburtstage seiner Kinder. Ihre Antwort war die, dass sie mir ihre Freundschaft auf Facebook kündigte und sich danach nicht mehr meldete. Tja, Hilfe von Seiten der Familie konnte ich keine erwarten.
    Nicht wirklich anders verlief es mit den zwei übrigen Kindern. Christoph, der zweitgeborene Sohn der drei Kinder, ist noch immer Student. Mittlerweile hat er schon erfolgreich sein drittes Studium abgebrochen. Er
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