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Kabbala-Box (2 Romane in einem Band)

Kabbala-Box (2 Romane in einem Band)

Titel: Kabbala-Box (2 Romane in einem Band)
Autoren: Klaus Regner
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verliebt ist und nicht weiß, wohin mit dieser Liebe.
    Man lebt in einer dunklen Kammer (vampirgleich), im eigenen (Kinder-) Zimmer, seine Träume und Wünsche aus. Ich gestalte mir in meinem schwulen Hirn, das Zuversicht, Nähe und Sex braucht, ein fixfertiges, dogmatisches Bild meines Chatkumpels, dem er in der Realität niemals gerecht wird. Sozusagen eine fertige Gedankenskulptur bevor ich das Original überhaupt gesehen habe. Ob die Enttäuschung groß sein wird, wenn ich ihn dann treffe, wird sich herausstellen; aber für diesen einen Schuss tut man(n) so ziemlich alles, man(n) nimmt auch hässliche Ficks in Kauf.
    Es ist doch so: Man lernt sich kennen, erkennt Gemeinsamkeiten, Reibungen, Sinn und lässt das Herz die Sache entscheiden, man liebt sich oder nicht. Aber wenn du als Schwuler in der Sz ene nicht stündlich on-top informiert bist – wie bei einer online Aktualisierung des Duden – und die Hahnenkammfrisur vom Vorjahr trägst, kannst du es mit der Partnersuche gleich vergessen. Schwule Männer sind ständig auf der Suche nach …, nach was eigentlich? Nach potenziellen besseren Partnern, nach immer neuen Sexabenteuern. Jemand, der fühlt, hat schon verloren … eigentlich wie in der heterosexuellen Welt. Nur spielt Sex bei den Schwulen eine noch größere Rolle. Sie richten ihr Leben ausschließlich nach Sex aus. Die Schwulenwelt ist eine Männerwelt hoch 2.
    Bei der Partnersuche gehen wir Schwule wie bei einem Bewerbungsgespräch vor:
    ◦ Schwanzlänge
    ◦ Schwanzdicke
    ◦ Alter
    ◦ Körpergröße
    ◦ Muskulatur des Körpers
    ◦ Haarpracht/Glatze
    Gewisse Punkte müssen erfüllt werden, sonst gehen wir a) mit dem Typen nicht ins Bett und b) interessieren wir uns für ihn erst gar nicht. Und kommt dazu, dass der Typ – auch wenn er alle nötigen Punkte auf der Do-Seite erfüllt – ein Spinner ist, dann bleiben wir solange bis der Onkel Doktor die Pillen verschreibt und die Psychologentante eingeschalten wird, die sich die meisten eh nicht leisen können. Sex ist das Wichtigste. Es ist das Allheilmittel. Ich war vor der Trennung anders. Meine Liebe, die ich für ihn, den einen, den Arzt fühlte, war irgendwie reiner.
    Jetzt regiert die Devise: „Der Nächste bitte“, wenn gewisse Punkte auf der Do-List nicht erfüllt werden, die unbedingt erfüllt werden müssen. Und man möchte anonym ble iben, da man keine Zeit hat sich richtig kennen zu lernen, denn schon an der nächsten Ecke wird ein weiteres Bewerbungsgespräch durchgeführt. – Der neue Bewerber könnte ja besser sein.
     
    Der Computer ist endlich heruntergefahren. Ich strecke und dehne mich und verstecke die Magazine mit den nackten Männern in meiner Schublade. Obwohl ich alleine wohne, könnte ich ja ungeahnten Besuch bekommen, und dieser ungeahnte Besuch sollte nicht sofort erkennen, dass ich dauergeil bin, zu jeder Tages- und Nachtzeit. Dunkle Kammern , da haben wir sie wieder!
    Während ich mir noch einen Happen zu essen mache, im Geiste eine Kalorienbilanz erste lle – ich bin im Minusbereich (Gott sei dank) –, denke ich über den morgigen Tag nach. Morgen, in aller Früh, werde ich meinem Sportpensum wieder nachgehen, dann den Tag mit Arbeit verbringen und mich anschließend mit Freunden auf ein geiles Fickdate treffen. Ich öffne meinen Terminkalender und sehe, dass ein Dreier mit Fuck4you und Boyloch eingetragen ist. Fuck4you bekommt noch eine Ich-freu-mich-so-SMS und von Boyloch lass ich mir den Termin für morgen bestätigen. Beide Typen (ein Schwulenpaar) schreiben mir schnell zurück. Fuck4you freut sich ebenso und Boyloch bestätigt den Termin für 19:30.
    Ich schließe meinen Terminkalender, gehe duschen, schalte das Radio im Badezimmer ein. FM4 spielt irgendeine Scheiße, und während ich dusche, muss ich an Mond*schein denken. Seine unverfrorene Art hat mir zu denken gegeben. Selten denke ich nach dem Chatten über meine Chatpartner nach oder erinnere mich überhaupt an ihre Namen. – Anonymität ist doch das Wichtigste.
    Tagsüber im Job gebe ich 100%, treffe Freunde und bin humorvoll. Ich bin ein Eyecatcher, wie man sagt. Tagsüber der Gute und nachts der Böse. Ich kompe nsiere meine Lust so stark, dass ich ficken könnte bis zum Erbrechen. Ich sage leise den Namen meines Chatpartners: „Mond*schein“ und schlage mir beim Duschen ins Gesicht, „was soll das nur?“ Ein angenehmer Mitspieler war er ja nicht gerade und doch fühle ich eine Herausforderung. Genau das wird auch der Grund dafür sein, warum
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