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Junimond (German Edition)

Junimond (German Edition)

Titel: Junimond (German Edition)
Autoren: Katrin Bongard
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Hausnummern, noch zwei Häuser. Doch plötzlich bremste ihre Mutter hart vor einem kleinen schwarzen Oldtimer-Cabrio, das aus der entgegengesetzten Richtung kam und mitten auf der Straße wendete. Einfach so. Ein Mädchen stieg aus. Es war groß und schlank und hatte die Sonnenbrille in ihr langes, schwarzes Haar geschoben. Das Auto passte zu ihr wie eine teure Handtasche, der Blick auch. Souverän, reich. Sie drehte sich kurz um und grinste, als sie den alten Bus entdeckte und kam einige Schritte auf sie zu.
    »Kommt ihr durch oder soll ich in die Einfahrt fahren?«, rief sie lässig.
    Stella sah ihre Mutter an, der das vermutlich lieber gewesen wäre, die aber zu stolz war, um es zuzugeben. Es war verdammt eng.
    »Geht schon«, sagte Stella und lehnte sich aus dem Fenster, um den Abstand zum Cabrio im Auge zu behalten. Vielleicht sollte das Mädchen besser wegfahren, wenn sie ihren Außenspiegel nicht verlieren wollte. Doch sie war völlig unbekümmert.
    »Das passt.«
    Oder sie hatte ein Zweitcabrio in der Garage.
    Ihre Mutter fuhr Schritttempo und das Mädchen gab Fahranweisungen, bis sie vorbei waren. Dann winkte es zum Abschied und verschwand in Nummer 45.

    Dann war es da, das nächste Haus, ihr Haus. Der erste Eindruck war hart. Es war mit Abstand das heruntergekommenste Haus der Gegend. Immerhin war es groß und hatte früher bestimmt prächtiger ausgesehen, obwohl es weniger eine herrschaftliche Villa als ein freundliches Einfamilienhaus mit spitzem Giebel und einem quergestellten Seitengebäude war. Der gelbe Putz bröckelte und der Zaun des Vorgartens war rostig und verbogen, auf dem Grundstück wucherte das Unkraut. Irgendwie sympathisch.
    Ihre Mutter fuhr mit zwei Rädern auf den Bürgersteig, um die schmale Straße freizuhalten und schaltete den Motor aus. Stella sah aus dem Beifahrerfenster. Beide schwiegen.
     
    Stella Levy

5
    »Fliegen ist nur was für Droiden.«
    (Star Wars III)
    Immer noch Sonntagmorgen
    Warum musste er sich verlieben? Das hatte er nicht auf dem Plan gehabt, schon gar nicht, in ein Mädchen, das er schon sein ganzes Leben lang kannte. Und – was viel schlimmer war – auch sie kannte ihn. In und auswendig und natürlich viel besser, als er sie je kennen würde. So waren Mädchen. Nick stöhnte leise. Sie erinnerte sich mit Sicherheit an alles. Was ja vielleicht auch ein Vorteil war. Nur für sie war er damals von dem Dach des Spielhauses gesprungen, hatte den Regenwurm gegessen und mit Ares Blutsbrüderschaft geschlossen. Mit echtem Blut, mit seinem Blut. Und Ares war umgefallen, weil er kein Blut sehen konnte. Nicht er. Nur um das mal festzuhalten.
    Nick zog sich die Decke über den Kopf und atmete langsam in die Dunkelheit. Konnte das nicht aufhören? Warum musste er an einem wunderbaren Sonntagmorgen, gerade erst aufgewacht, noch müde, sogar unverkatert, schon an sie denken?
    Nebenan hörte er seine Brüder lachen, Felix, der gerade in den Stimmbruch kam und Benny, der noch weit davon entfernt war. Und im Bad lief die Dusche. Keine Chance, sich stundenlang Wasser über den Kopf laufen zu lassen, sicher brauchte Lars den gesamten Inhalt des 100 Literboilers auf. Als Ältester sah er das als sein Geburtsrecht an. Holte sich einen runter, und brauchte danach noch Stunden, weil er die Ganzkörperrasur entdeckt hatte. Manchmal fragte sich Nick, wie es möglich war, dass sie Brüder waren, Genmaterial teilten, verwandt waren. Denn Lars war nur auf seinen Körper fixiert. Und man konnte es ihm noch nicht einmal verübeln. Er sah gut aus, die Jungs fanden das, die Mädchen fanden das, alle. Groß und gutaussehend, männlich, muskulös. Wenn es stimmte, dass solche Männer erfolgreicher waren, dann konnte Nick nur hoffen, dass er tatsächlich die gleichen Gene wie Lars hatte und sich da noch etwas tat. Oder die Sache Quatsch war. Danny de Vito, Dustin Hoffmann, Tom Cruise, die waren doch alle erfolgreich und Zwerge. Und er war sogar größer als sie.
    Nick schlug die Decke zurück, sprang aus dem Bett und betrachtete sein Spiegelbild auf dem ausgeschalteten Bildschirm seines iMacs. Frauen mochten schöne Männer. Und er? Strubbelige, blonde Haare, Sommersprossen, ein breites Grinsen. Er konnte ja witzig sein. Ha, ha, na klar. Humor haben. Das mochten Mädchen auch. Obwohl das eher Felix' Stärke war. Er dagegen konnte noch nicht mal einen Witz erzählen, ohne die Pointe zu verhauen.
    Also doch Musiker. On Stage. Aber als Schlagzeuger? Die saßen auf der Bühne immer im Hintergrund.
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