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Jungs sind wie Kaugummi - süß und leicht um den Finger zu wickeln (German Edition)

Jungs sind wie Kaugummi - süß und leicht um den Finger zu wickeln (German Edition)

Titel: Jungs sind wie Kaugummi - süß und leicht um den Finger zu wickeln (German Edition)
Autoren: Kerstin Gier
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zerzausten Strähnen in sein Gesicht. Aber sie sahen frisch gewaschen aus und waren von einem sehr hellen Blond.
    »Du solltest doch um drei hier sein«, sagte er unfreundlich.
    »Das war ich ja auch.« Durch die blonden Haarsträhnen sah ich immerhin ein Auge, und das war so blau, dass es schon fast unecht wirkte. Entweder, der Typ trug farbige Kontaktlinsen oder er hatte Augen wie ein Wick-Hustenbonbon.
    » Vor der Tür«, sagte er. »Wir waren vor der Tür verabredet. Ich wollte gerade gehen.«
    »Ich auch.« Ich sah nicht ein, warum ich die ganze Schuld auf mich nehmen sollte. Wenn er ein bisschen intelligent gewesen wäre, hätte er mal reingeguckt. Das hatte ich ja schließlich auch getan.
    Er sagte nichts mehr, guckte mich nur griesgrämig an. Ich wartete einige Sekunden ab. Wir steckten wohl in einer Art kommunikativer Sackgasse.
    »Und jetzt?«, fragte ich.
    »Jetzt haben wir nur noch eine halbe Stunde«, knurrte er und latschte vor mir in den Klassenraum. »Aber dass das klar ist, ich nehme trotzdem das Geld für die volle Zeit. Ist ja nicht meine Schuld.«
    Ist auch nicht mein Geld, dachte ich und folgte ihm achselzuckend. Wenigstens roch er nicht ekelhaft und hatte auch keins dieser unappetitlichen Bärtchen, die sich so viele Jungs an unserer Schule wachsen ließen, einmal rund ums Kinn oder in merkwürdigen Linien quer durchs Gesicht, keine Ahnung, was das sollte, ich kannte jedenfalls kein einziges Mädchen, das darauf stand.
    Mein bartloser Nachhilfelehrer deutete auf einen Tisch in der ersten Reihe, ausgerechnet auf Nebeldings Platz. »Setz dich.«
    Ich setzte mich zwei Plätze weiter.
    Ein Wick-Hustenbonbon-Auge guckte genervt zwischen den Haaren hindurch, als der Typ sich auf den Stuhl neben mich setzte und einmal vernehmlich aufseufzte. »Okay, also, kann ich mal dein Mathebuch sehen und dein Heft?«
    »Wie heißt du bitte?«, fragte ich. Hallo? Noch unhöflicher ging’s ja wohl nicht.
    Wieder ein Seufzer. »Konstantin Drücker«, sagte er dann und strich sich die Haare aus dem Gesicht. Ich sah, dass das andere Auge genauso blau war. Wahnsinn. »Ich hab echt nicht den ganzen Tag Zeit.«
    »Drücker?«
    Noch ein Seufzer. »Mein Bruder Simon müsste in deiner Klasse sein.«
    In der Tat. Das war er. Simon und seine Handspiegel. Ich suchte in Konstantins Gesicht nach Ähnlichkeiten mit Simon. Sie waren durchaus vorhanden: die gleiche lange Nase, eine ähnliche Augenpartie, nur vom armen Simon nahm man eben zuerst die Akne und den Schweißgeruch wahr. Ich fand, es gehörte wirklich Charaktergröße dazu, zuzugeben, dass man mit Simon verwandt war.
    »Trägst du Kontaktlinsen?«, fragte ich.
    »Was? Nein«, sagte Konstantin. »Also, fangen wir endlich an, oder möchtest du noch wissen, ob ich Nagellack benutze?«
    »Nein«, sagte ich. Also wirklich!
    »Was nehmt ihr gerade durch?«
    Ich schob ihm meine Mathesachen rüber. »Winkel und Dreiecke und so was«, sagte ich.
    »Geometrie!« Konstantins Miene hellte sich auf. Als er die erste Zeichnung erblickte, lächelte er sogar. Er hatte schöne Zähne, blendend weiß, ein wenig nach innen gekippt. In seinen Mundwinkeln bildeten sich niedliche Grübchen. Ich weiß nicht warum, aber in diesem Augenblick wünschte ich mir, selber eine Matheaufgabe zu sein.
    In meinem Magen machte sich ein seltsames Gefühl breit. Erst wollte ich es auf die Tiefkühlbaguettes schieben, aber dann merkte ich, dass es an Konstantin lag. Konstantin schlug mir auf den Magen. Und dann auch auf die Lunge: Plötzlich konnte ich gar nicht mehr normal atmen.
    »Wunderbar«, sagte Konstantin. »Dann fangen wir mal an. Zeichne einen Winkel von hundertvierundvierzig Grad und unterteile ihn in vier gleich große Teilwinkel.«
    Jetzt klopfte auch noch mein Herz wie verrückt. Was zur Hölle war denn nur mit mir los?
    »Kannst du Erste Hilfe?«, fragte ich.
    Konstantin sah mich verwirrt an. Diese Bonbonaugen! Über dem linken Auge teilte eine kleine weiße Narbe die Augenbraue. Die Art und Weise, wie er seine Augenbrauen jetzt zusammenzog, sodass sich über der Nase eine unwillige Doppellinie bildete, ließ auch noch meine Knie ganz weich werden.
    Da wusste ich, was mit mir los war. Die weichen Knie kamen nämlich in fast jedem Buch, Film oder Song vor. Und sie bedeuteten immer nur das eine.
    »Du – sollst – die -sen – Win -kel – zeich -nen«, sagte Konstantin ganz langsam.
    Aber das konnte ich beim besten Willen nicht. Ich hatte mich nämlich soeben verliebt, zum ersten Mal in
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