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Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche

Titel: Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche
Autoren: Julie Powell
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breit lächelnd. Es verlief sogar ein schmales Brett unter dem Bild, als handle es sich tatsächlich um einen Altar, vor dem die Pilger ihre Gaben opfern konnten.
    Ich behielt die Schachtel noch einen Augenblick in der Hand und schaute zu dem Bild hoch. Es war ein gutes Foto, ein hervorragendes Porträt. Sie sah freundlich, stark und hungrig aus, breitschultrig, mondgesichtig und großzügig, so wie sie ausgesehen hatte, als sie im letzten Jahr Abend für Abend durch meinen Kopf gespensterte. Die Julia in der Seniorensiedlung in Santa Barbara mochte mich für einen unseriösen, unflätigen kleinen Gernegroß halten. Vielleicht würde ich diese Julia gar nicht mögen, falls ich sie einmal kennen lernen sollte. Aber die Julia in meinem Kopf, die Einzige, die ich wirklich kannte, die hatte ich richtig gern. Und mehr noch, die Julia in meinem Kopf hatte auch mich sehr gern.
    »Also, bon appétit und so, Julia. Und vielen Dank. Ehrlich.«
    Ich legte die Butter unter das Bild - und rannte davon wie der Teufel, die ganze Zeit gackernd, und Eric hinter mir her.
    Und damit war es wirklich zu Ende. Eine Sekretärin in Queens riskierte ihre Ehe, ihren Verstand und das Wohlergehen ihrer Katzen, um in einem einzigen Jahr alle 524 Rezepte aus Mastering the Art of French Cooking zu kochen - einem Buch, das das Leben Tausender dienstbotenloser amerikanischer Köchinnen verändert hatte. In diesem Jahr wurde sie dreißig. Sie war ein Feigling, und es war das Schwerste, Mutigste, Beste, was sie je getan hatte, und ohne Julia hätte sie es nie geschafft.
     
    Ende

    Juni 1949
Paris, Frankreich
     
    »So, Paulski, ich hab’s.«
    »Hier, beug dich aus dem Fenster, damit ich die Dächer hinter dir mit draufkrieg. Was hast du?«
    »Ich habe etwas gefunden, was ich machen kann.« Minette sprang auf das Fensterbrett, gegen das sich Julia lehnte. Sie kraulte die Katze hinter den Ohren und lächelte in die Kamera.
    Paul klickte, drehte den Film weiter, klickte wieder. Das gedämpfte Licht, das an diesem Nachmittag in ihre Wohnung fiel, schien wie geschaffen, um den weichen, breiten Zügen seiner Frau zu schmeicheln. Mit der Kamera in der Hand war er immer guter Laune. »Aha, und was?«
    »Ich zeig’s dir, warte einen Augenblick.« Sie drückte sich vom Fensterbrett ab und trabte durch den Flur ins Schlafzimmer, Minette immer hinterher. Paul hörte, wie sie auf ihrem unordentlichen Sekretär in Papieren blätterte, dann war sie wieder da. Sie trug ein Blatt vor sich her.
    »Ich nehme Unterricht mit elf anderen Veteranen - die Ausbildung ist sogar umsonst. Ich bin die einzige Frau, also pass gut auf mich auf!«
    Paul griff nach dem hektographierten Blatt, um es besser lesen zu können. »Cordon Bleu? Die Kochschule? Willst du einen Kochkurs machen?«
    Julie gluckste. »Oh, mehr als das! Es ist eine Ausbildung zum Küchenchef. Wenn ich fertig bin, darf ich ein Restaurant eröffnen, wenn ich will. Wir könnten es ›Chez Paulski‹ nennen, was meinst du?«
    »Klingt gut.« Er gab ihr den Antrag zurück und schloss sie in die Arme. Als sie seine Umarmung erwiderte, brach sie ihm fast die Rippen.
    »Ich lerne für dich, meinen Mann, kochen. Nein - ich werde für dich die Küche meistern , haha!«
    Paul machte noch einen Schnappschuss, als seine Frau die Katze zu Minettes großer Bestürzung hoch über ihren Kopf hob. »Das könnte genau das Richtige für dich sein, Julie, weißt du das?«
    Sie drehte sich zu ihm um, plötzlich nachdenklich. »Du weißt das? Ich glaube nur, es könnte das Richtige sein.« Sie lachte, und er lachte mit. »Vielleicht ist es ein neuer Anfang für das alte Mädchen!«

… na ja, nicht ganz
    W as ich über das Ende gelernt habe, ist Folgendes: Weder kündigt es sich lange an noch schleicht es sich an, denn es gibt gar kein Ende.
    Eine Woche vor Abschluss des Projekts kaufte ich zwei Flaschen Champagner. Eine davon köpfte ich am vorletzten Abend mit Sally und Gwen für eine Art (vorgezogene) Abschlussfeier. Die zweite wollte ich bei der (eigentlichen) Abschlussfeier öffnen. Aber das habe ich dann nicht getan, denn es war nicht vorbei, solange das Geschirr nicht abgespült war, stimmt’s? Und an diesem Abend wollten wir nicht abspülen. Und dann brüteten wir den Plan mit der Julia-Wallfahrt aus, und das war das richtige »Ende«. Allerdings tauchte da schon dieses Buch als Möglichkeit am Horizont auf, und als daraus Wirklichkeit geworden war, hätte ich gefürchtet, es zu beschreien, wenn ich feierte, bevor ich
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