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Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche

Titel: Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche
Autoren: Julie Powell
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Führerschein verschlungen. Eric, ein grundanständiger Staatsbürger, würde mich nie ohne Führerschein fahren lassen, und das bedeutete, dass die Strecke New York-Washington demjenigen von uns beiden vorbehalten war, der Autofahren hasste. Deshalb gärte an dem schönen Septembermorgen, als wir unseren Mietwagen abholten und losfuhren, von Anfang an eine leise Gereiztheit zwischen uns.
    Es ist wundervoll, an einem schönen Tag nicht in New York zu sein. Es ist wundervoll, den Wind im Haar zu spüren. Es ist wundervoll, wenn man keine Einkaufsliste schreiben muss. Es ist weniger wundervoll, wenn man mit einer miesen Karte und einem noch mieseren Copiloten nach Washington hineinfahren muss. Ich hatte die großartige Idee, die Ausfahrt »Georgia Avenue« zu nehmen und direkt auf die Mall zuzufahren. Wie sich herausstellte, hätte dies etwa fünfzehn Jahre gedauert. Als Eric hörbar grummelte, er werde gleich mit dem Ganghebel Harakiri begehen, hatte ich meine zweite glänzende Idee, nämlich irgendwo rechts abzubiegen. Das führte dazu, dass wir wie eine (sehr langsame) Flipperkugel durch die Gegend torkelten, über Kreisverkehre wirbelten und wie, na ja, eben wie New Yorker kurz vor dem Schlaganfall Fußgänger anschrien, die so langsam über die Straße gingen, als sei entweder ganz Washington behindert oder unter Drogen. Wir wären vielleicht für immer verloren gewesen, wenn wir nicht zufällig auf der Pennsylvania Avenue gelandet wären. Ich hätte nie gedacht, dass ich das unter der gegenwärtigen Regierung jemals sagen würde, aber: Gepriesen sei das Weiße Haus!
    Erics Freund aus Washington hatte behauptet, rund um die Mall sei das Parken kein Problem. Das mochte an anderen Tagen zutreffen, aber nicht zum Zeitpunkt der National Association of Negro Women Conference und der American Black Family Reunion . Inzwischen war es zwei Uhr nachmittags, und wir hatten den ganzen Tag noch nichts gegessen. Wir wussten nicht, um wie viel Uhr das Smithsonian schloss, wo es überhaupt war oder wo wir vielleicht eine Butter kaufen konnten, was wir unbedingt vor dem Museumsbesuch machen mussten, denn ohne Butter war alles sinnlos - und überall diese gottverdammten Bäume und dazu Massen, Massen, Massen von Menschen auf der Mall, die keinen Deut schneller gingen als beim Straßenüberqueren. Wir gerieten ein wenig in Panik. Der Reflecting Pool war beim Bau des wahnsinnig scheußlichen World War II Memorials trockengelegt worden, wir konnten also einfach hindurchstürmen. Wir irrten umher, erhitzt und verwundert, fragten Polizisten nach dem Weg, wichen Pommes futternden Kindern aus und machten unterwegs Halt, um Eric a) eine Brühpolnische zu kaufen, b) Kamerabatterien und c) - nachdem er die alten, vor einer Woche gekauften weggeworfen und die neuen eingesetzt hatte und durchdrehte, weil das Batterielämpchen noch immer blinkte, bis wir rauskriegten, dass es das »Kein-Film«-Lämpchen war und die alten Batterien, die jetzt in einem Mülleimer unter Ketchup und Puderzucker begraben lagen, durchaus noch funktioniert hätten - einen Film.
    Die Butteraussichten waren außerordentlich düster. Für alle, die noch nie da waren: Die Mall in Washington ist eine tolle Gegend, wenn man große, graue Regierungsgebäude, Präsidentenstatuen und Buchhandlungen besichtigen will, aber versuchen Sie bloß nicht, dort Lebensmittel zu kaufen. Ich fragte den Geschäftsführer von Harry’s Restaurant, ob ich ihm ein Viertel Butter abkaufen könne. Der Geschäftsführer war kein New Yorker, das merkte man daran, dass er kein Arschloch war, aber er konnte mir auch nicht helfen, denn Harry’s kocht ohne Butter . Ich flippte aus und dachte, dieses langsam gehende Volk ist zwar ganz nett, und sie haben auch viele Bäume, aber trotzdem könnte ich nicht in Washington leben. Immerhin sagte er, wahrscheinlich würde ich in dem CVS drei Blocks weiter Butter finden.
    Und so war es auch.
    Gut. Wir waren bereit. Es war jetzt halb vier. Eric hatte seine polnische Wurst gegessen, und wir waren im Besitz von Butter sowie einer Kamera mit Film, die wir benötigten, um das Hinterlegen der Butter zu dokumentieren. Wir fanden das Smithsonian und stellten uns ans Ende der Schlange vor dem Sicherheitscheck am Eingang. Jetzt mussten wir nur noch die Butter reinbekommen.
    Sie müssen wissen, dass ich (ich will mich dessen keineswegs rühmen) ein furchtbarer Tugendbold bin. Nein, das stimmt nicht ganz, denn ich bin nicht richtig ehrlich oder höflich - Scheiße, ich
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