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Julia Saison Band 05

Julia Saison Band 05

Titel: Julia Saison Band 05
Autoren: HELEN R. MYERS CATHY GILLEN THACKER CHRISTINE RIMMER
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auseinander.
    Und da war er wieder. Michael.
    Älter, stärker, selbstsicherer … Und dennoch: Es war Michael. Da war sie sich ganz sicher.
    Sie berührte das Gesicht auf dem Bild, schloss die Augen und flüsterte inständig, wie im Gebet: „Ich habe es versucht, das schwöre ich. Ich habe versucht, dich zu finden. Aber irgendwie, im Lauf der Jahre … Oh Gott. Es tut mir so leid.“
    Wieder sackte sie in sich zusammen wie ein Häuflein Elend. So ging das nicht weiter. Jetzt musste sie tapfer sein. Sie richtete sich wieder auf, griff nach dem Telefon und wählte die Handynummer ihres Bruders.
    Tanner ging beim zweiten Klingeln an den Apparat. „Tanner Bravo.“ Tanner war Privatdetektiv. Er hatte eine eigene Detektei, Dark Horse Investigations. Die ganze Zeit über hatte er nach Michael gesucht, aber ohne Erfolg.
    „Ich bin’s.“ Ihre Stimme hörte sich geradezu lächerlich dünn an. „Hör mal, eine Frage: Kannst du heute Abend vielleicht vorbeikommen und ein paar Stunden auf DeDe aufpassen?“
    „Hast du ein heißes Date?“ Tanner hörte nicht auf, sie aufzuziehen, weil sie nie ausging. Normalerweise zahlte sie es ihm mit gleicher Münze heim.
    Aber im Augenblick fühlte sie sich nicht zu Scherzen aufgelegt. „Haha. Nein. Kein Date. Da hält so ein Typ einen Vortrag an der Valley University. So eine Motivationsgeschichte …“
    „Du brauchst Motivation?“
    „Eine der Therapeutinnen hier im Zentrum hat ihn empfohlen.“ Wenn auch nicht unbedingt wegen seiner rhetorischen Fähigkeiten.
    „Bekomme ich ein Abendessen?“
    „Braten und Brötchenklöße. Zum Nachtisch gibt es Vanilleeis und Haferplätzchen mit Rosinen.“
    „Das war die richtige Antwort, Glück gehabt. Wann soll ich da sein?“
    Sie überflog den Artikel. „Äh, der Vortrag fängt um halb acht an. Komm um sechs vorbei, dann essen wir, bevor ich gehe. Ich bin spätestens um zehn wieder da.“
    Als sie auflegte, hatte sie einen Augenblick lang ein schlechtes Gewissen, weil sie ihm nichts gesagt hatte. Aber nein. Sie musste sich erst absolut sicher sein, bevor sie alle in Aufregung versetzte.
    Mitch Valentine hielt seine Rede im Zentrum für Soziologie, im sogenannten „Delta Hall“-Auditorium, in dem mehr als tausend Zuhörer Platz hatten. Als Kelly um zwanzig nach sieben ankam, waren schon mehr als die Hälfte der Plätze besetzt.
    Ganz schön viel Publikum für einen Selbsthilfe-Guru an einem Dienstagabend.
    Kelly zögerte – nach oben oder nach unten? Vorne, in der Mitte oder hinten? Als sie sich schließlich für einen Sitz im vorderen Drittel der Sitzreihen entschied, war sie fix und fertig. Aber so war sie nahe genug an der Bühne, um erkennen zu können, ob Mitch Valentine tatsächlich Michael war.
    Und weit genug weg, dass er sie wohl kaum in der Menge entdecken würde – falls es sich tatsächlich um Michael handelte. Und falls er sich an sie erinnerte.
    Möglicherweise hatte er ja völlig vergessen, dass er jemals leidenschaftlich in ein Mädchen namens Kelly verliebt war. Seine Vergangenheit hatte er ja ganz offensichtlich hinter sich gelassen. Und er wusste nichts von DeDe. Noch nicht.
    Neben ihr kicherte eine College-Studentin und drehte sich zu ihrer Sitznachbarin um. „Du hättest wirklich zu dem Empfang kommen sollen. Er hat meine Hand geschüttelt. Gott. Diese Augen. Diese Stimme. Du weißt doch, was ich sonst von diesen Vorträgen halte. Aber hier bin ich nun. Und wie du siehst, beklage ich mich kein bisschen …“
    Ihre Freundin blieb unbeeindruckt. „Ich werde es ja erleben. Und ich kann diese Vorträge immer noch nicht ausstehen.“
    „Glaube mir“, sagte das erste Mädchen, „sobald du ihn siehst, änderst du deine Meinung.“
    Die beiden steckten die Köpfe zusammen und fingen an zu tuscheln.
    Michael hatte schon immer eine angenehme, tiefe Stimme gehabt und schöne Augen. Als Kelly wieder nach vorne sah, gingen die Lichter über den Sitzreihen aus – und die Scheinwerfer über der Bühne an. Von hinten kam ein Mann auf die Bühne: groß, dünn, graues Haar …
    Während das Publikum höflich applaudierte, ging der Grauhaarige ans Rednerpult. Er stellte sich als Vorsitzender der soziologischen Fakultät vor und setzte zu einer glühenden Lobrede an, um den Gastredner des Abends vorzustellen.
    „Mitch Valentine ist der lebendige Beweis dafür, dass der amerikanische Traum wirklich wahr werden kann. Mit neunzehn hat er sein erstes Computerspiel entworfen. Wer hat schon mal Death Knot oder Midnight
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