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Julia Quinn

Julia Quinn

Titel: Julia Quinn
Autoren: Mit List und Küssen
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hinten.
    »Es geht nicht um den besten Blick«, erklärte sie. »Es geht
ums Zuhören.«
    »Ich weiß«, bekannte er düster.
    »Und im Übrigen geht es auch nicht ums
Zuhören, sondern darum, Unterstützung zu zeigen.« Sie schenkte ihm ein
strahlendes Lächeln und ließ sich auf dem Platz ihrer Wahl nieder– erste Reihe
Mitte. Seufzend setzte Marcus sich auf den Platz zu ihrer Rechten.
    »Hast du es bequem?«, fragte er. Honoria erwartete ein Kind,
und ihre Schwangerschaft war schon so weit fortgeschritten, dass sie sich in
der Öffentlichkeit eigentlich nicht mehr hätte zeigen sollen, aber sie hatte
darauf bestanden, für die musikalische Soiree eine Ausnahme zu machen.
    »Es ist eine Familientradition«, sagte sie. Und für sie war
das Erklärung genug.
    Für ihn war es der Grund, warum er sie
liebte.
    Es war so merkwürdig für ihn, plötzlich eine eigene, richtige
Familie zu haben. Da waren all die Smythe-Smiths, so viele, dass er immer noch
nicht alle kannte. Und wenn er sich nachts neben seiner Frau zur Ruhe bettete,
konnte er jedes Mal kaum glauben, dass sie zu ihm gehörte. Und er zu ihr. Sie
waren eine Familie.
    Und bald würden sie zu dritt sein.
    Ein Wunder.
    »Sarah und Iris sind immer noch sehr missmutig wegen ihres
Auftritts.« Honoria flüsterte, obwohl sonst keiner da war.
    »Wer übernimmt deinen Part?«
    »Harriet«, sagte sie und fügte hinzu: »Sarahs kleine Schwester.
Sie ist erst fünfzehn, aber vor ihr war niemand mehr dran.«
    Marcus spielte mit dem Gedanken zu fragen, ob Harriet gut war,
dachte dann aber, dass er das gar nicht wissen wollte.
    »Im Quartett sind diesmal zwei Schwesternpaare«, stellte
Honoria fest. »Ich frage mich, ob das je zuvor der Fall war.«
    »Deine Mutter wird es bestimmt wissen.«
    »Oder Tante Charlotte. Sie ist eine richtige Familienchronistin
geworden.«
    Der Raum begann sich langsam zu füllen.
    »Ich bin so nervös.« Honoria lächelte aufgeregt. »Weißt du,
dass ich zum ersten Mal im Publikum sitze?«
    Er blinzelte verwirrt. »Was war denn in den Jahren, bevor du
mitgespielt hast?«
    »Das ist etwas anderes«, sagte sie und warf ihm einen dieser Das-verstehst-du-ohnehin-nie-Blicke zu. »Oh, da sind sie ja, da sind sie. Es geht los.«
    Marcus tätschelte ihr die Hand, machte es sich in seinem Sessel
bequem und sah zu, wie Iris, Sarah, Daisy und Harriet ihre Plätze einnahmen. Er
glaubte, Sarah stöhnen zu hören.
    Und dann begannen sie zu spielen.
    Es war schrecklich.
    Er hatte natürlich gewusst, dass es fürchterlich werden würde, es
war ja immer fürchterlich. Aber irgendwie vergaßen seine Ohren immer wieder,
wie schrecklich es tatsächlich war. Vielleicht waren die Mädchen dieses Jahr
auch noch schlechter als sonst. Harriet ließ zweimal den Bogen fallen. Das
verhieß nichts Gutes.
    Er sah zu Honoria, in der Erwartung, sie voller Mitgefühl zu
finden. Schließlich hatte sie auch schon mitgemacht. Sie wusste genau, wie es
sich anfühlte, dort oben zu sitzen und diesen Lärm zu veranstalten.
    Doch Honoria sah nicht im Mindesten verstört oder mitleidig aus.
Im Gegenteil, sie lauschte den Musikerinnen mit einem strahlenden Lächeln,
beinahe wie eine stolze Mama, die sich im Glanz ihrer talentierten Sprösslinge
sonnt.
    Er musste zweimal hinsehen, um sich zu vergewissern, dass er nicht
halluzinierte.
    »Sind sie nicht wunderbar?«, murmelte sie und neigte den Kopf
in seine Richtung.
    Schockiert öffnete er den Mund, brachte aber
keinen Ton heraus.
    »Sie haben sich so verbessert«, wisperte
sie.
    Falls das stimmte, war er unendlich dankbar, dass er nie einer
ihrer Proben beigewohnt hatte.
    Den Rest des Konzerts brachte er damit zu,
Honoria zu beobachten. Sie strahlte, sie seufzte, einmal presste sie die Hand
aufs Herz. Und als ihre Cousinen die Instrumente absetzten (Sarah hob
natürlich nur die Finger von den Tasten), sprang sie als Erste auf und
klatschte frenetisch Beifall.
    »Wäre es nicht wunderbar, wenn wir Töchter hätten, die in diesem
Quartett mitspielen können?«, schwärmte sie und küsste ihn ungestüm auf
die Wange.
    Er hatte ehrlich keine Ahnung, was er darauf antworten sollte.
Gewiss nicht das, was er dann tatsächlich sagte: »Ich kann es gar nicht
erwarten.«
    Doch als er schließlich neben seiner Frau
stand, die Hand leicht auf ihren Rücken gelegt, und ihr zuhörte, wie sie mit
ihren Cousinen plauderte, wanderte sein Blick unwillkürlich zu ihrem Bauch, wo
das neue Leben heranwuchs. Und er erkannte, dass er es tatsächlich
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