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JULIA FESTIVAL Band 97

JULIA FESTIVAL Band 97

Titel: JULIA FESTIVAL Band 97
Autoren: ANNE MATHER
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aufregen? Es ist nicht mein Stil, meine Gesprächspartner einzuschüchtern.“
    Aber genau das tat er. Mit seiner Arroganz und seiner dominanten Art schüchterte er die Menschen ein. Wer war dieser Mann? Wie beurteilte seine Frau die Situation? Vermutlich war sie genauso entsetzt über die Beziehung ihres Sohnes mit einer Frau Ende zwanzig wie ihr Mann.
    Tess hatte ihn schon viel zu lange angesehen und wandte sich ab. Wenn Marco seinem Vater ähnlich war, konnte sie verstehen, dass Ashley sich zu dem Jungen hingezogen fühlte. Falls es überhaupt stimmte, was Castelli behauptete.
    „Mrs. Daniels kennt Sie nicht“, erwiderte sie energisch. „Und wenn Ashley gerade nicht zu Hause ist, regt sich ihre Mutter natürlich über Ihren Anruf auf.“
    „Das verstehe ich nicht.“ Wieder blickte er sie mit seinen goldbraunen Augen durchdringend an. „Kommen Sie, Tess, seien Sie ehrlich. Sie befürchten, dass Ashley nicht bei ihrer Mutter ist. Stimmt’s?“
    „Ja“, gab sie widerstrebend zu. „Ich kann die Möglichkeit nicht ganz ausschließen. Das heißt aber noch lange nicht, dass sie mit Ihrem Sohn zusammen ist. Vielleicht braucht sie nur Ruhe und hat sich irgendwohin zurückgezogen.“
    „Das glauben Sie selbst nicht, oder?“, fragte er freundlich und ließ die Hand langsam über seine Seidenkrawatte gleiten. Diese Geste wirkte seltsam erotisch, was ihm sicher nicht bewusst war. Die Sinnlichkeit, die er ausstrahlte, gehörte genauso zu seiner Persönlichkeit wie sein markantes Gesicht, sein muskulöser Körper und der Designeranzug. „Ich habe das Gefühl, Sie sind viel zu verständnisvoll. Hoffentlich ist Ihrer Schwester klar, was für eine loyale kleine Freundin sie an Ihnen hat.“
    Musste er sie daran erinnern, dass sie relativ klein war? „Ich rufe jetzt in England an“, verkündete sie ärgerlich. „Aber wenn Ashley bei ihrer Mutter ist …“
    „Dann mache ich es irgendwie wieder gut“, versprach er ihr ruhig. „Wenn Ihre Schwester Ihnen ähnlich ist, kann ich verstehen, dass Marco sich zu ihr hingezogen fühlt.“
    „Behandeln Sie mich nicht so gönnerhaft.“ Seine herablassende Art machte sie zornig. „Ashley ist ganz anders als ich. Sie ist groß und hat dunkles Haar.“
    „Ah ja“, antwortete er nachsichtig. „Offenbar habe ich Sie beleidigt. Verzeihen Sie mir. Da Sie die jüngere Schwester sind …“
    „Das bin ich nicht“, unterbrach sie ihn hitzig. „Ich habe Ihnen doch gesagt, dass mein Vater nach dem Tod meiner Mutter wieder geheiratet hat.“
    „Ich kann es nicht glauben.“ Er schüttelte den Kopf. „Haben Sie vorhin nicht behauptet, Ihre Schwester sei achtundzwanzig?“
    „Ja, und ich bin zweiunddreißig“, erklärte Tess ungeduldig. Nach kurzem Zögern fuhr sie ruhiger fort: „Sparen Sie sich bitte die Bemerkung, ich würde jünger aussehen. Schon seit zehn Jahren versuche ich vergeblich, die Leute davon zu überzeugen, dass ich älter bin als die Kinder, die ich unterrichte.“
    Castellis Lächeln wirkte beunruhigend charmant. „Die meisten Frauen würden Sie darum beneiden. Meine Mutter gibt ein kleines Vermögen dafür aus, nicht so alt auszusehen wie sie ist.“
    „Ich bin eben anders als die meisten Frauen“, entgegnete sie. „Und jetzt rufe ich in England an. Dann ist die Sache erledigt.“

2. KAPITEL
    Raphael di Castelli ging angespannt in der Galerie hin und her. Am liebsten hätte er sich neben Tess gestellt, um sich zu vergewissern, dass sie wirklich ihre Schwester in England anrief. Tess wirkte ehrlich und unschuldig, aber er hatte keinen Grund, ihr zu vertrauen.
    Aus Höflichkeit blieb er im Ausstellungsraum. Er war überzeugt, dass er recht hatte. Verdicci, der Privatdetektiv, den er engagiert hatte, hatte sich nicht getäuscht. Marco war mit einer Frau an Bord des Flugzeugs nach Mailand gegangen.
    Das Gespräch schien endlos lange zu dauern. Schließlich kam sie aus dem Büro, und Castelli spürte, wie aufgewühlt sie war. Ihre Wangen waren gerötet. Sie ist ganz bezaubernd, dachte er und stellte sich vor, wie sie morgens nach dem Aufwachen aussehen würde. Rasch verdrängte er das beunruhigende Bild wieder, das vor ihm aufstieg. Tess bedeutete ihm nichts. Ihre Naivität gefiel ihm, das war alles.
    „Sie ist nicht in England“, stieß Tess unvermittelt hervor.
    Raphael war erleichtert darüber, dass seine Informationen richtig waren. Zugleich war er aber auch resigniert.
    „Sie hatten recht“, fügte Tess hinzu und sah ihn reumütig an. Ihm fiel auf,
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