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Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Titel: Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers
Autoren: Juergen Zoller Selbst
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spielen … Aaaah! Jawoll! Es klingt wie Hund. Es ist ja auch ein Tromsa-Schlagzeug. „Trommmmm!“ die Bassdrum. „SSSSSSaaaa“ die komischen Becken. Ein einziges großes Rumpeln, und alles andere ist SCHEISSEGAL. Es ist wie damals in Hillscheid. Das Alphabet, endlich auf Trommeln. I was walking down that lonely road. Dadaaaaah daddam. Wirbel, Break, Abschlag. Jetzt aber ganz laut. Die Band sollte es dennoch nie geben.
    In der Firma ging er abends immer als Letzter raus, beladen mit Paketen, die zur Expressgutabfertigung am Hauptbahnhof gebrachten werden mussten. Jedes Mal war es das gleiche Ritual: Licht ausmachen, abschließen und gehen. Und jedes Mal fiel sein Blick dabei auf die Portokasse. Rein, raus, Pakete weg, wieder zurück. Die Portokasse war immer noch da. Im Proberaum fehlte eine Anlage. In seiner Tasche fehlte Geld. In der Portokasse war Geld. Die Pakete hatte er an den Bahnhof gebracht, er war zurückgekommen und wieder gegangen. Und die Portokasse war plötzlich leer. Der Proberaum brauchte eine Anlage. Wie einfach das ging. Aber bei
Annas
gab es Twisthosen, die kosteten ordentlich was, und die gab es auch nicht beim Schwab-Versand. Das Geld dafür war in der Portokasse gewesen: 2.000 Mark, eine Unsumme, wechselten so nach und nach den Besitzer und lange, lange merkte keiner was. Gut, man hätte die bunten Hemden sehen können, die Jürgen plötzlich trug und die Hosen. Und das fette Stereotonbandgerät musste es dann auch noch sein. Wenn schon dicke Backen, dann ganz dicke: Im
Storyville
hatte er Raoul Knox kennen gelernt, einen schwarzen Amerikaner. Man könnte nicht gerade sagen, dass die beiden Freunde wurden, aber Jürgen brachte ihm, ganz „Guck mal was ich kann“, einfach mal so einen sibirischen Silberfuchspelz mit. Weil alle Scheiße der Welt immer auf einen Tag fällt, sagte erst der Chef: „Zöller, kommen sie mal in mein Büro …“ und dann die Jungs vom Fichtelclub: „Ach, eigentlich … das mit der Band, das war doch eher nur so’n Spaß.“ Abgesehen davon: Mit einem dingfest gemachten Dieb wollten sie sowieso nichts zu tun haben. Shit happens, you know. Damit war auch die leuchtende Karriere als „Rauchwarengroßhandelskaufmann“ jäh beendet. Vater Rudi durfte in der Firma bleiben. Nachdem das Familiengericht ihm gehörigst den Kopf gewaschen und Onkel Fred ihn quasi geächtet hatte, fand Jürgen schnell einen Job auf der
Rhein-Main Airbase,
dem amerikanischen Militärflughafen Frankfurt. Raoul Knox hatte sich als Arbeitsvermittler eingeschaltet. Ab sofort wurde er Passbildfotograf bei der sogenannten „Pass and ID Section“. Und endlich konnte den ganzen Tag Englisch gesprochen werden.
    „The Shaking Twisters“ hieß eine der Bands, die regelmäßig in Neuenhain auftrat. Das war neu, doch es hatte eindeutig zunehmende Tendenz. Zwar verirrten sich keine Engländer auf die Dörfer, aber es waren immerhin Beatbands. Sie spielten das, was „in“ war: Die englischen Gitarrenbands wie die „Shadows“. Duane Eddy. Alles, was leicht nachzuspielen war, tanzbar und so einen schönen Gänsehaut kitzelnden „Twang“ mit den Gitarrensaiten machte. Es hatte nicht den Glanz der Bands im
Storyville,
es roch eher nach abgestandenem Bier und vollen Aschenbechern auf karierten Tischdecken mit Brandlöchern. Aber es war Beat von der Basis, wenn auch etwas rustikal. Der Gitarrist hieß Cookie, und die „Shaking Twisters“ waren, so fand Jürgen schon sehr expertenhaft, eine „Tanzkapelle der etwas anderen Art“.

3
Jetzt aber mal richtig: „The Gears“ am Start
     
    Alsdann: Ladies and gentlemen. Now for something completely different: Vorhang auf für „The Gears“! Mit Cookie, mit Holli, dem Tanzlehrer vom Fichtelclub und mit Hans. Jürgen natürlich am Schlagzeug. Die Startbedingungen für die kreative Entwicklung der jungen Künstler hätten nicht besser sein können: das Hotel
Europäischer Hof
in Bad Soden stand schon lange leer und sollte irgendwann abgerissen werden. Aber vorerst enthielt es einen großen Gewölbekeller mit Bühne drin. So wie der
Cavern Club
in Liverpool. „Okay Jungs, Ihr wisst, worum es geht …“, sagte Cookie. One, two, three, four … Sie kannten ihr Material, Noten gab es selbstverständlich nicht. Hätte es sie gegeben, wer hätte sie denn lesen sollen? „Die Beatles können auch keine Noten lesen“, wussten Eingeweihte. Cookie schoss den ersten Akkord in den Raum, die anderen stiegen ein, zwei Minuten Vollgas, schwitzen. Während sie
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