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Judassohn

Titel: Judassohn
Autoren: Markus Heitz
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ohne Spikes mit über zweihundert PS unterwegs, das verlangte nach außergewöhnlichen Balancefertigkeiten. In jeder Kurve gab sie eine Probe ihres Könnens.
    Sia schielte kurz auf die Geschwindigkeitsanzeige.
87 Stundenkilometer.
Noch hatte sie keine Angst, aber es war nicht ohne, wie der Porsche über Kreuzungen driftete, sich absichtlich drehte und wieder gekonnt aufs Gas trat. Der Tuaregfahrer beherrschte seinen Wagen genauso gut. Sia musste ähnliche Manöver absolvieren, um dranzubleiben.
    Das weiße Auto fuhr auf das Völkerschlachtdenkmal zu, bog ab und hielt auf das Eingangstor des Südfriedhofs zu.
    Der Porsche zog sofort an die Seite und bremste.
    Sia lenkte die Hayabusa auf den Bürgersteig hinter den Schutz eines parkenden Kleintransporters.
Friedhöfe sind normalerweise mein Spezialgebiet. Vor allem um diese Uhrzeit.
Nun wollte sie erst recht wissen, was hier vor sich ging.
    Das Gitter öffnete sich für den Tuareg, er fuhr hinein und verschwand vorerst aus ihrem Blick.
    Sia bockte das Motorrad auf, schob die Brille auf die Stirn und schwang sich mit einem kräftigen Satz aus dem Stand über die hohe Friedhofsmauer.
    Ob sie einschreiten würde, wusste sie noch nicht.
Vielleicht überlasse ich dem Fahrer oder der Fahrerin des Cayenne diese Aufgabe.
    Das weiße Auto rollte die breite Straße hinab auf den Gebäudekomplex mit der Aussegnungshalle und der Urnenübergabestättezu und bog nach links, dann wieder scharf nach rechts ab.
    Soso. Zum Krematorium also.
Sia blickte sich um, ob irgendwelche Menschen um kurz nach drei Uhr morgens auf dem Gelände unterwegs waren.
    In dem kleinen Häuschen neben dem Tor brannte eine schwache Lampe mit kaltem Licht. Sie tippte auf eine gedämpfte LED-Leuchte. Eine Gestalt bewegte sich darin und schien mit dem Handy zu telefonieren. Ab und zu wurden die Züge des Mannes vom Display schwach beleuchtet.
    Da huschte ein weißer Schemen über das Tor, rannte unglaublich schnell an dem Wärter vorbei, ohne bemerkt zu werden, und hetzte die Straße zum Krematorium hinab.
    Sieh an. Da hat jemand aber ordentlich trainiert.
Sie folgte ihm mit einigem Abstand, um ihn nicht auf sich aufmerksam zu machen.
    Es war ein großer Mann, der vor ihr lief. Sehr athletisch gebaut, komplett in verschleierndes Weiß gekleidet, der offenkundig auf eine Jacke oder einen Mantel verzichtet hatte. Über dem breiten Kreuz spannte sich ein Doppelhalfter, zwei Pistolen steckten darin. Auf dem Rücken wippte die Halterung eines Kurzschwerts; Gesicht und Haare wurden durch eine hellgraue Sturmhaube verborgen.
    Schwert, Handfeuerwaffen, Tarnklamotten — entweder ein Profikiller oder ein Wahnsinniger.
Der schwache Geruch, den er in der kalten Luft als eine feine Spur hinterließ, machte Sia stutzig.
So riecht kein normaler Mensch.
    Die Reifenspuren des Tuareg, die im frischen Schnee leicht zu verfolgen waren, wiesen ihm den Weg. ZUTRITT NUR FÜR STÄDTISCHE BEDIENSTETE stand auf dem Schild neben dem Tor zu lesen. Sia folgte dem Mann und schaute kurz nach den vielen Abdrücken. Ihrer Einschätzung nach war der Geländewagen die Strecke bereits mehrmals gefahren.
    Sie lief weiter, und nach ein paar Metern sah sie den Wagen mit geöffneter Klappe in einer Art Hof stehen. Hinter dem Steuer saß jemand und kramte im Handschuhfach.
    Sie sind zu den Verbrennungsöfen unterwegs.
Sia sah den Weißgekleideten sich durch die Schatten zum Fahrzeug schleichen. Er verursachte kaum ein Geräusch, bewegte sich trotz seiner muskulösen Statur äußerst geschmeidig.
Das macht er nicht zum ersten Mal. Passt zu seiner Montur.
Ihre Neugierde wuchs zusammen mit ihrem Ärger.
Was treibt ihr in meiner Stadt? Und wer seid ihr?
    Der Maskierte duckte sich neben die Fahrertür und klopfte sachte gegen die Scheibe.
    Sia sah, wie sich ein kantiges Gesicht durch das Glas abzeichnete. Der Mann versuchte, etwas in der Umgebung zu erkennen, und wandte schließlich den Blick nach unten, neben den Tuareg.
    Der Maskierte erhob sich blitzartig aus seiner Deckung. Er schlug mit beiden Fäusten die Scheibe ein und drosch den Fahrer auf Mund und Nase; geborstenes Sicherheitsglas überschüttete den Mann. Bevor er durch die Wucht nach hinten flog, packte der Maskierte ihn an den Haaren und zerrte ihn brutal durch das Loch heraus. Dort schleuderte er ihn auf den Boden und versetzte ihm einen brutalen Stampfschritt gegen den Hals, der dem Mann den Kehlkopf zerschmetterte. Ohne innezuhalten, lief er um den Tuareg herum, schaute kurz in das
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