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Judasbrut

Judasbrut

Titel: Judasbrut
Autoren: Sabine Fink
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beim
Kriminaldauerdienst in Nürnberg gewesen. Schon vor ihrer Versetzung zum
Erlanger KK1 hatten sie nicht nur beruflich miteinander zu tun.
    »Morgen,
Maria. Ich hab ja gehört, dass für deine Tochter der Urlaub schön war. Und wie
war’s für dich?« Paul Holzapfel redete extrem schnell, wobei diese Eigenschaft
im Gegensatz zu seiner ansonsten eher bedächtigen und gewissenhaften
Persönlichkeit stand.
    »Sehr
erholsam. Franzi hat gleich Anschluss gefunden, war den größten Teil des Tages
mit sich selbst beschäftigt und ich hatte tatsächlich zwischendurch so ein
vages Gefühl von Langeweile. Stell dir vor, ich habe meine Nase in ein Buch
gesteckt! Morgens vor dem Frühstück war ich sogar joggen. Herrlich sag ich dir.
Eine Woche ganz ohne Leichen – daran könnte ich mich glatt
gewöhnen.«
    »Keine
Leichen, nicht mal im Buch? Was hast du denn gelesen? Heftchenromane?«
    Maria
kicherte. »Schlimmer. Jane Austen.«
    »Dass
ich das noch erleben darf«, dröhnte Paul Holzapfels Bass aus dem Handy. »Hab
ich das nicht deiner Mutter vor Ewigkeiten ausgeliehen?«
    »Hast
du. Ich habe vergessen, es zurückzubringen.«
    »Kein
Problem«, brummte Holzapfel. »Ist Olaf eigentlich noch sauer?«
    »Nicht
du auch noch!«, stöhnte Maria. »Franzi hat mich damit genervt. Nein, ist er
nicht. Er hat verstanden, dass ich allein sein wollte. Themawechsel: Schieß los
mit ›was-auch-immer-du-zu-sagen-hast‹. Du rufst mich nicht umsonst vor
Dienstbeginn an.«
    Durch
das Telefon war ein rasselndes Geräusch zu hören, dass man mit etwas Fantasie
als Kichern interpretieren konnte. »Hast du Zeitung gelesen oder Radio gehört?
Die Sache mit Dr. Eichmüller?«
    »Es kam
gerade in den Nachrichten – was war da los?«
    Holzapfels
Tonfall wurde nun dienstlich. »Gestern Morgen ging ein Notruf von Eichmüller
selbst ein. Herzanfall. Als der Notarzt eintraf, öffnete niemand und die
Rettungskräfte gelangten durch eine unverschlossene Terrassentür hinein. Dr.
Eichmüller lag fast bewusstlos im Flur des Obergeschosses. Weiß der Himmel, wie
er es überhaupt geschafft hat zu telefonieren. Es stand wohl auf Messers
Schneide, deshalb konnte ich gestern nur sehr kurz mit ihm sprechen. Er
beschuldigt seine Frau, ihn umbringen zu wollen.«
    »Warum?«,
fragte Maria sachlich.
    »Nun,
sie kam frühzeitig aus den Ferien zurück und hat ihn mit seiner Geliebten im
Ehebett erwischt. Er hatte bereits länger ein Verhältnis. Seine Frau hat es
wohl geahnt und völlig die Nerven verloren, als die Dame plötzlich im Evakostüm
aus dem Schlafzimmer kam.«
    »Und
darüber wundert er sich?«, erwiderte Maria mit triefendem Sarkasmus.
    »Maria«,
tadelte Holzapfel sanft.
    Sie
schnaubte. »Männer! Die sind alle gleich!«
    »Du
telefonierst gerade mit einem«, erinnerte Holzapfel sie. »Wie ich sehe, war
meine Entscheidung goldrichtig, dich vor Dienstantritt mit dem Wesentlichen
bekannt zu machen – und dem lieben Gott dafür zu danken, dass du damals deine
Dienstwaffe nicht dabei hattest.«
    Maria
stieß ein paar derbe Verwünschungen aus, die Holzapfel nicht weiter
kommentierte, weil er wusste, dass sie nicht an ihn, sondern an Marias Ex-Mann
gerichtet waren. Holzapfel hatte die familiäre Katastrophe, die sich lange
angebahnt und vor mehr als vier Jahren ihren Höhepunkt gefunden hatte, in ihrer
vollen Bandbreite mitbekommen. Er hatte Maria beigestanden – und
ihre Versetzung unterstützt, als sie sich entschlossen hatte, mit ihrer Tochter
zurück nach Erlangen zu ziehen.
    Schließlich
atmete sie tief durch. »So, jetzt bin ich ganz Ohr! Danke, Paul. Also: Sie hat
die beiden im Bett erwischt. Und was passierte dann?«
    »Er
sagt, sie hat sich furchtbar aufgeregt und seine Geliebte vor die Tür gesetzt – nackt.«
    Maria
kicherte schadenfroh.
    »Sie
hat ihr die Sachen samt Autoschlüssel hinterher geworfen. Dr. Eichmüller bekam
durch die Aufregung einen Herzanfall.«
    »Der
Ärmste«, sagte Maria ohne großes Mitleid.
    »Seine
Frau ist Allgemeinärztin in einer Gemeinschaftspraxis in Neustadt. Sie wusste
natürlich, dass ihr Mann mit dem Herz Probleme hat. Als er einen Anfall bekam,
hat sie ihm nicht geholfen, sondern anscheinend alles dafür getan, damit es ihm
schlechter ging. Details findest du im Bericht, den ich dir geschickt habe.«
    »Hört,
hört«, murmelte Maria.
    »Sara
Eichmüller ist seitdem verschwunden. Haftbefehl liegt vor. Eichmüller ist noch
in der Uni-Klinik.«
    »Aha.
Sonst noch was?«
    »Ja.«
    Maria
runzelte die Stirn.
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