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Judasbrut

Judasbrut

Titel: Judasbrut
Autoren: Sabine Fink
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»Muss ich mir jetzt Sorgen machen? Du klingst so komisch.«
    Holzapfels
Bass dröhnte erneut durchs Telefon. »Mädel, du hast heute wirklich einen Sinn
für Zwischentöne. Nein, du musst dir keine Sorgen machen. Du bekommst Zuwachs,
um den du dich ein Weilchen kümmern sollst.«
    »Oh,
oh«, unkte Maria. »Er oder sie?«
    »Diesmal
eine ›sie‹.«
    »Oho?«
    »Ganz
hoher Besuch von unserer exklusiven Fachhochschule des Bundes aus Wiesbaden.
Eine Kriminalkommissarin zur Ausbildung, die seit Anfang April hier im
Präsidium ist und den Wunsch geäußert hat, möglichst viel Abwechslung zu
haben.«
    »Und
deswegen schickst du sie ausgerechnet zu mir?«
    »Schließlich
hast du noch keinen Ersatz für deine Kollegin Susanne, daher dachte ich, du
hast Hilfe nötig und hab ein gutes Wort eingelegt. Außerdem wohnt sie in
Erlangen und es schadet nichts, wenn sie eine Weile bei euch Dienst schiebt.
Hast du eigentlich was von Susanne gehört?«
    »Zuletzt
vor meinem Urlaub, da ging es ihr blendend. Jetzt hat sie noch zwei Wochen bis
zur Entbindung. Ich ruf sie in den nächsten Tagen an. Soll ich sie von dir
grüßen?«
    »Mach
das«, antwortete Holzapfel. »Elfriede hat übrigens durch die Blume anklingen
lassen, dass sie dich lange nicht gesehen hat.« Elfriede war seine Frau, die
Maria gegenüber immer gern ihre mütterliche Seite zeigte – obwohl
sie gerade einmal zwölf Jahre älter war.
    Maria
lachte. »Wie wäre es mit dem 30.? Tanz in den Mai – oder
von mir aus auf einen Keller oder ins Brauhaus. Wollt ihr kommen oder sollen
wir?«
    »Ich
frag’ Elfriede, wenn’s recht ist.«
    »Tu das … Sag
mal, was macht eigentlich Christoph? Spricht er wieder mit dir?«
    Holzapfel
holte tief Luft. Sehr tief. »Mein Sohn zieht es vor, mich nicht mehr über sein
Leben zu informieren. Er hat seine Ausbildung endgültig geschmissen und ist zu
seinen sogenannten Freunden gezogen.« Er schnaubte abfällig. »Ich weiß
nicht mehr, was in dem Jungen vorgeht.«
    Sie
verabschiedeten sich kurz und bündig. Nachdem sie sich auf der Schallershofer
Straße in den Verkehr eingereiht hatte, konzentrierte sich Maria für einige
Minuten ausschließlich auf das Fahren. Sie öffnete eine Seitenscheibe und
atmete tief ein. Es war kühler als auf den Balearen und die Natur noch lange
nicht so weit. Doch es roch intensiv nach Frühling. Die vertraute Umgebung, die
Geräusche der Stadt und nicht zuletzt die langjährige Übung, in bestimmten
Situationen ihren Kopf frei von Gedanken und Gefühlen zu machen, brachte sie
zur Ruhe. Am meisten wunderte sie sich darüber, dass der neue Fall sie
persönlich berührte. Maria hatte gedacht, sie habe die Sache mit ihrem Ex-Mann
Andreas abgehakt. Sie begegnete ihm, wenn sie Franzi zu ihm brachte oder er sie
abholte – seine Verantwortung als Vater nahm er Gott sei Dank ernst.
    Rein
äußerlich betrachtet war also alles in Ordnung, allerdings vermied es Maria,
über ihren Verflossenen nachzudenken. In der Rückschau betrachtet, kam sie sich
dumm und naiv vor. Andreas war ein Frauenheld gewesen – aber
erst, als sie längst verheiratet waren und Franzi geboren war, begann sie zu
begreifen, dass sie ihn nicht hatte ändern können. Lange Zeit verschloss sie
die Augen, redete sich ein, Andreas sei einfach jemand, der schnell
Freundschaften schloss, ohne dass etwas dahintersteckt. Sie wollte eine Familie
und ihren Job und Andreas war genau der Richtige dafür. Wenn sie ihn darauf
ansprach, nahm er sie nicht ernst, stritt es ab und redete ihr ein, sie sei eifersüchtig
oder er fand einleuchtende Erklärungen für sein Verhalten. Bis zu dem
Nachmittag, als Maria für Andreas unerwartet die Wohnung betrat …
    »Arschloch!«,
flüsterte Maria inbrünstig und schob die hässlichen Details der Szene beiseite,
als sie Andreas mit der Mutter von Franzis bester Freundin in eindeutiger Pose
im Wohnzimmer erwischt hatte.
    Besser
als sie selbst hatte Paul erkannt, dass ihre persönlichen Erlebnisse hochkämen,
wenn sie den Fall von Dr. Eichmüller bearbeiten würde. Es war gut, dass er sie
vorher informiert hatte, denn so konnte sie sich innerlich wappnen und ihre
Gefühle ausblenden – denn die hatten nun gar nichts bei ihrer Arbeit zu suchen.
    Inzwischen
hatte sie die Stadt durchquert und stellte ihren Wagen hinter dem roten Gebäude
der Polizeiinspektion in der Schornbaumstraße ab. Sie grüßte einen Kollegen der
Verkehrspolizei. Bei diesem Wetter hätte Maria sich lieber für einen Einsatz im
Außendienst
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