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Jones, Diana Wynne

Jones, Diana Wynne

Titel: Jones, Diana Wynne
Autoren: 02 Die heiligen Inseln
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Windes scharrte sacht an der Weizengarbe entlang. Die Seile hingen über ihren Köpfen. Mitt und Hildy ergriffen je eines. Sie brauchten nicht zu klettern. Die Seile wurden hochgezogen. An jedem arbeitete ein Dutzend Männer.
    »Was geht dort vor?«, bellte Benk.
    Neben Hildy wurde ein Beiboot des Schiffes zu Wasser gelassen, während sie nach oben stieg. Ein zweites platschte gleich unter Mitt ins Meer, als er die Reling erreichte. Kaum setzten sie mit Hilfe einer Vielzahl lächelnder Seeleute von den Inseln den Fuß an Deck, schwamm ein drittes Beiboot im Wasser. Mitt entdeckte Benk, der sie anstarrte und dann zu der Leiter eilte, die auf das Deck hinabführte, auf dem Hildy und er standen.
    »Dort entlang müsst ihr«, sagte Benks Diener höflich. An seiner Seite gingen Mitt und Hildy an Masten und Taurollen vorbei, und auch an Dutzenden von Matrosen, die zu den Beibooten hinunterkletterten. Sie erreichten die Kabinentür, unmittelbar bevor Benk die Leiter heruntergestiegen war. Der Diener öffnete ihnen die Tür, und sie gingen hinein. Benk bemerkte endlich, was seine Besatzung trieb, und rannte brüllend zu den Männern.
    In der Kabine schien das Laternenlicht nicht ganz so hell, wie der Himmel leuchtete. Niemand sah, wer sie waren, bevor sie ganz eingetreten waren. Dann aber konnte Ynen sich nicht beherrschen und rief: »Mitt! Hildy, er ist doch nicht tot!« Al sprang auf. Lithar erkannte sie und sagte freundlich: »Ich hatte mich schon gewundert, wo ihr beide geblieben wart.«
    »Benk!«, brüllte Al.
    »Mitt, ich muss dich um Verzeihung bitten«, sagte Navis.
    Mitt nickte ihm so herzlich zu, wie er konnte. Er hoffte, er könnte irgendwann ein Mensch wie Navis werden, wenn er sich einen freundlichen Gesichtsausdruck bewahrte. Trotzdem achtete er nur auf Al, der Hobins Büchse in der Hand hielt. Mitt ließ sie nicht aus den Augen. Auf seiner Zunge wartete ein Name.
    »Benk!«, schrie Al wieder.
    Wütend und durchgeschwitzt tauchte Benk in der Tür auf. »Die verdammte Mannschaft ist in die Boote gegangen!«, rief er. »Sie rudern alle davon.«
    »Benk«, fragte Al, »wie kommen die hierher? Besonders der da?«
    »Ich weiß es nicht!«, sagte Benk und lief rot an. »Sie waren wieder auf diesem Boot – der Straße des Windes.«
    »Dann sollst du diese Straße nehmen«, sagte Al. Er hob Hobins Büchse, stützte sie mit dem Unterarm und schoss auf Mitt.
    Mitt brüllte Libby Biers geringeren Namen, als er sah, wie Al den Finger bewegte.
    Mit unglaublicher Geschwindigkeit stieg ein Apfel vom Tisch auf und schwebte zwischen Mitt und der Waffe in die Luft. Die Kugel traf ihn, und der Apfel zerplatzte. Die ganze Kabine bespritzte er, und jeder im Raum war voller Apfelstückchen, Kernen und Haut. Die abgelenkte Kugel traf eine der Laternen und zerbrach das Glas. Navis und seine beiden Bewacher hoben die Arme, um sich vor dem Regen aus Glassplittern zu schützen. Nach einem Moment der Lähmung schüttelte sich alles und klopfte Apfelstücke und Glas von der Kleidung.
    Al blickte von der Büchse auf die zerschossene Laterne. »Was war das?«
    »Ich war das«, antwortete Mitt. »Und ich kann es so oft tun, wie du Kugeln hast. Wir sind hier, um Ynen und seinen Vater nach Norden zu bringen, und du solltest sie lieber gehen lassen. Seid ihr so weit?«, fragte er Ynen und Navis.
    Ynen und Navis hatten sich bereits erhoben. Sie wären in diesem aufgewühlten Augenblick gegangen, hätte Lithar nicht aufgeschrien: »Ach wie nett! Wie niedlich! Du kannst also doch Kunststücke! Sieh dir das an, Al. Ist das nicht hübsch?«
    Jeder sah hin. Niemand konnte der Versuchung widerstehen. Aus Lithars Knie wuchs ein kleiner Apfelbaum. Die Wurzeln hatten sich schon sichtbar über sein Hosenbein ausgebreitet und saugten dem Apfelbrei die Feuchtigkeit aus. Während sie zusahen, verfärbten sich die Blätter von frühlingshaftem Hellgrün zum Dunkel des Sommers. Auf dem Tisch wuchs noch ein Baum, und mehrere entsprangen dem Fußboden. Lithar war entzückt.
    »Noch ein Kunststück«, bat er. »Das ist wunderschön.«
    Mitt hätte ihm beinah zugestimmt, und Hildy war ganz seiner Meinung. Sie beugte sich über den Baum auf dem Tisch und sah ihm staunend beim Wachsen zu.
    »Sehr hübsch«, sagte Al und blickte im Vorbeigehen kurz auf Lithars Knie. Dann packte er Hildy so rasch und so fest am Arm, dass sie aufschrie. »Jetzt raus mit dir«, sagte er zu Mitt. »Du und deine Kunststücke! Ich zähle bis fünf, dann breche ich ihr den Arm, und ich
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