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Jones, Diana Wynne

Jones, Diana Wynne

Titel: Jones, Diana Wynne
Autoren: 04 Die Krone von Dalemark
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könntest, dir zu helfen.« Mitt sah ihn groß an. Keril wusste viel mehr, als er geahnt hatte, und machte sich sein Wissen mit einer Kaltschnäuzigkeit zunutze, die Mitt sich nicht hätte vorstellen können. Der Graf von Hannart beugte sich vor. »Wir können uns weder einen falschen Monarchen noch einen weiteren Aufstand leisten, der in einer Katastrophe endet«, sagte er. Mitt sah ihm an, dass es ihm völlig ernst damit war. »Wir wollen nicht schon wieder einen Krieg mit dem Süden. Wir möchten, dass Noreth ohne Aufsehen aufgehalten wird, bevor ihr die Krone in die Hände fällt.«
    »Die Krone?«, fragte Mitt. »Aber niemand weiß, wo die Krone ist. Ich habe Geschichten gehört, dass Manaliabrid sie versteckt hätte.«
    »Das hat sie auch«, sagte Keril.
    »Noreth sagt«, fügte die Gräfin hinzu, »dass der Eine ihr zeigen wird, wo die Krone ist.« Als Mitt zwischen ihnen hin und her blickte, beschlich ihn der Verdacht, dass beide eine konkrete Vorstellung hatten, wo die Krone versteckt lag. »Das Mädchen behauptet, der Eine spreche zu ihr«, fuhr die Gräfin voll Abscheu fort. »Wie gesagt, sie ist verrückt. Sie sagt, der Eine habe ihr ein Zeichen versprochen, das ihren Anspruch beweisen wird, und am diesjährigen Mittsommer werde sie Königin werden. Was für ein unglaublicher Unsinn!«
    »Augenblicklich ist sie in Wassersturz«, sagte Keril, »und dient ihrem Vetter als Rechtsgelehrte, aber soweit wir wissen, wird sie am Mittsommer ihre Tante in Adenmund besuchen, um dort um Unterstützung zu werben. Dich schicken wir ebenfalls nach Adenmund.«
    »Und«, fügte die Gräfin hinzu, »du wirst dorthin gehen und sie aufhalten. Aber führ die Tat nicht dort aus. Wir möchten jedes Aufsehen vermeiden.«
    »Wir raten dir, dich als einen ihrer Anhänger auszugeben – unter den anderen dürftest du nicht weiter auffallen. Dann warte auf eine passende Gelegenheit«, sagte Keril. Als Mitt den Mund öffnete, fügte er hinzu: »Wenn du Hildrida und Ynen vorher noch einmal sehen möchtest, erlauben wir es dir.«
    »Aber Mittsommer ist doch schon übermorgen!«, protestierte Mitt. Er hatte sich sehr auf das Festmahl in Aberath gefreut, aber darauf hinzuweisen wäre ohnehin sinnlos gewesen.
    »Bis Adenmund ist es nur ein leichter Tagesritt«, sagte die Gräfin, die nur ganz selten ohne ihre Kutsche verreiste. »Ich werde verlauten lassen, dass ich dir Urlaub gegeben habe, damit du Navis Haddsohn in Adenmund besuchen kannst. Morgen in aller Frühe brichst du auf. Du kannst nun gehen und packen.«
    Mitt war zwar beigebracht worden, dass man sich verneigte, wenn man von einem Grafen entlassen wurde, aber er war viel zu angewidert, um daran zu denken. Er wandte sich ab und tappte durch die halbdunkle Bibliothek davon, vorbei an den Bücherschränken und Glasvitrinen mit der Sammlung der Gräfin: die Halskette, die Enblith die Schöne getragen haben sollte, der Ring, der einst dem Adon gehört hatte, die Flöte Osfamerons und ein brüchiges Stück Pergament, das noch aus den Tagen König Herns stammen sollte. Er spürte, dass sich hinter ihm die beiden Adligen entrüstet aufrichteten.
    »Mitt Alhammittsohn«, rief Keril ihm nach. Mitt blieb stehen und drehte sich um. »Ich weise dich darauf hin«, sagte Keril, »dass man gehängt werden kann, sobald man fünfzehn ist. Wenn ich richtig informiert bin, bist du am Tag des Erntefestes geboren. Bis dahin sollte Noreth also lieber tot sein, meinst du nicht auch?«
    »Andernfalls können wir den Lauf der Gerechtigkeit vielleicht nicht mehr aufhalten«, fügte die Gräfin hinzu. »Du hast beinah drei Monate Zeit, aber beeil dich lieber. Die Zeit geht schneller vorbei, als du denkst!«
    Er brauchte gar nicht erst zu versuchen, die beiden Adligen hinzuhalten. »Ja«, sagte Mitt. »Ich habe verstanden.« Er blickte wieder an ihnen vorbei in das gequälte, verhärmte Gesicht des Adons. Von wo er nun stand, konnte er das Gemälde weitaus besser erkennen. Er deutete mit dem Daumen darauf. »Sieht ganz schön elend aus, der alte Knilch, was?«, fragte er. »Dreht ihm bestimmt den Magen um, Nachkommen wie euch zu haben!« Damit kehrte er ihnen den Rücken zu und schritt zur Tür, in der Hoffnung, unverschämt genug gewesen zu sein, um auf der Stelle ins Gefängnis geworfen zu werden. Doch während er die Tür öffnete, blieb es hinter ihm still, und als er von außen die Tür schloss, hörte er nur das Ächzen der Angeln. Der Mann, der vor der Bibliothek Wache stand, straffte schuldbewusst
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