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Jones, Diana Wynne

Jones, Diana Wynne

Titel: Jones, Diana Wynne
Autoren: 04 Die Krone von Dalemark
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nach Hildis letztem Brief hätte Mitt sogar beeidet, dass er sie hasse. Doch dummerweise hatte er sich anmerken lassen, dass Ynen ihm fehlte. Selbst wenn er sich die allergrößte Mühe gab, so viel war Mitt klar, wäre er nicht einmal imstande, auch nur vorzutäuschen, dass er Ynen nicht leiden könnte. Auf keinen Fall durfte er es riskieren, dass diese beiden Adligen dem Jungen ein Leid zufügten.
    »Wie geht es Ynen?«, fragte er.
    »Sehr gut – im Moment jedenfalls«, antwortete die Gräfin. Sie log niemals. Mitt war erleichtert, bis ihm auffiel, dass sie und Keril genau die gleiche zufriedene, in keiner Weise überraschte Miene zeigten. Sie hatten gewusst, dass er nachgeben würde. Sie hatten es erwartet.
    »Ich warne euch«, sagte Mitt. »Wenn überhaupt jemand ermordet werden muss, dann sehe ich zwei prächtige Kandidaten in diesem Moment vor mir. Wen also wollt ihr töten lassen? Was ist so besonders daran, dass ihr euch solche Mühe macht, nur damit ich es tue?« Keril hob die Brauen. Die Gräfin wirkte erstaunt. Gut, dachte Mitt. Ich brauche nur auszuprobieren, wie weit ich mit meinen Frechheiten gehen kann, dann weiß ich, wie wichtig ihnen dieser Mord ist. »Haltet ihr mich für einen Trottel?«, fragte er. »Wenn die Sache rechtens wäre – nun, ihr habt mehr Rechtsgelehrte, als ihr zählen könnt. Wenn es euch um eine alltägliche Gewalttat ginge – ihr habt Hunderte von Gefolgsleuten. Ich würde meinen letzten Pfennig darauf setzen, dass ihr mühelos und von heute auf morgen einen besseren Mörder oder Spion als mich anwerben könntet. Also müsst ihr politische Gründe haben – ihr wollt den Mord Abschaum aus dem Süden, einem wie mir, in die Schuhe schieben können.«
    »Das hast du gesagt, nicht ich«, erwiderte Keril. »Aber mit den politischen Gründen – ja, da liegst du richtig. Wir möchten eine junge Dame aus dem Weg räumen. Sie ist sehr charmant und bei weitem zu beliebt. Die gesamte Westküste einschließlich Wassersturz wird ihr folgen, sobald sie das Zeichen gibt.«
    »Lodernder Ammet!«, rief Mitt.
    »Halt den Mund!«, fuhr die Gräfin ihn an, »und hör zu!« Sie klang, als schnappe eine Falle aus Stahl zu. Hier hat die Frechheit ihre Grenzen, dachte Mitt und würgte herunter, was er hatte sagen wollen. Es tat ihm genauso weh, als hätte er einen ganzen Apfel auf einmal verschluckt.
    »Noreth von Kredinstal, bekannt als Einentochter«, sagte Keril. »Ich nehme an, du hast schon von ihr gehört.« Mitt schüttelte zwar den Kopf, doch nur aus Verblüffung, denn er wusste tatsächlich, wer Noreth Einentochter war. Die Geschichte vom einzigen menschlichen Kind des Einen war nur eine von vielen, die ihm während des vergangenen Winters an den kleinen Aberather Kohlefeuern zu Ohren gekommen waren. Er hatte geglaubt, es sei wie die anderen Geschichten eine Sage aus längst vergangener Zeit. Doch Keril fuhr fort, auf höchst sachliche Weise von Noreth zu sprechen, als lebe sie im Hier und Jetzt. »Leider«, sagte er, »hat sie außerordentlich gute Beziehungen. Die Familie Kredinstal stammt von Tanabrid ab, der Tochter des Adons, deren Mutter eine Unvergängliche war. Noreth ist eine Base der Grafen von Auental und von Wassersturz – sie ist allerdings bei ihrer Tante aufgewachsen, der Frau des Barons Stair von Adenmund –, und sie ist entfernt mit mir verwandt…«
    »Mit mir ebenfalls«, sagte die Gräfin. »Wie schade, dass das Mädchen verrückt ist.«
    »Verrückt oder nicht«, sagte Keril, »Noreth behauptet, der Eine persönlich sei ihr Vater. Da ihre Mutter bei ihrer Geburt starb, kann niemand ihr widersprechen, und mit dieser Behauptung verschafft sie sich bei den einfachen Leuten großes Ansehen. Sie macht kein Hehl daraus, dass sie sich für berufen hält, ganz Dalemark als Königin zu regieren – den Norden und den Süden.«
    »Und dieser Dummkopf in Wassersturz stärkt ihr den Rücken«, sagte die Gräfin.
    Das ist es also!, dachte Mitt. Sie fürchten um ihre Macht! Deshalb soll ich Noreth beseitigen, und dann schieben sie es dem armen Süden in die Schuhe! »Einen Augenblick«, sagte er. »Wenn sie aber die Wahrheit sagt, dann kann niemand etwas daran ändern. Und jemand, dessen beide Elternteile von den Unvergänglichen abstammen, wird nicht gerade leicht zu töten sein.«
    »Gut möglich«, sagte Keril. »Gerade deshalb erschien uns so wichtig, was wir von den Heiligen Inseln über dich erfahren haben. Die Berichte legen nahe, dass du die Unvergänglichen bitten
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