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Jones, Diana Wynne

Jones, Diana Wynne

Titel: Jones, Diana Wynne
Autoren: 01 Die Spielleute von Dalemark
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Sorglosigkeit und die freie, ungekünstelte Art, mit der die Leute vor Graf Keril traten und frei heraus sagten, was sie dachten. So etwas wäre im Süden unvorstellbar gewesen. Moril mochte Keril sehr. Er mochte auch Hailda, Kialans Mutter. Nun genoss er Kialans Gesellschaft und die allgegenwärtige Musik. Doch in der Stadt war ihm stets zu warm, und im Haus wurde ihm heiß. Immer öfter suchte er die Einsamkeit der Berghänge, um allein zu sein. Nachts war die Hitze am schlimmsten, und er schlief so oft wie möglich in einem der Gärten. Als Hailda das bemerkte, wies sie ihm ein Zimmer im Erdgeschoss zu, dessen Fenster sich auf einen Garten öffnete. Moril war ihr dankbar und benutzte es trotzdem so gut wie nie. Er schlief dort nur, wenn es regnete.
    Brid und Kialan sprachen darüber und gingen zu Keril, um ihn zu fragen, was er davon halte.
    »Ja«, sagte Keril, »ich fürchte, dass er uns eines Tages verlässt. Ich hoffe aber, er bleibt noch eine Weile. Ich bin es Clennen schuldig, ihm eine anständige Ausbildung zu verschaffen.«
    Danach wachte Brid wie mit Adleraugen über Moril. Doch nichts im Verhalten ihres Bruders deutete daraufhin, dass er gehen wolle. Er schien sehr froh über den Unterricht zu sein, den Keril ihm zukommen ließ. Lange Stunden verbrachte er beim Quidderspiel mit Kialan, mit dem Neufassen alter Lieder und dem Dichten neuer. Er ritt mit Kialan und Brid aus und erwanderte mit ihnen die Berge. Nur war ihm eben im Haus zu warm, und in seinem Hinterkopf arbeitete etwas, worüber er noch nicht nachdenken mochte.
    Nun, da der Flinnpass blockiert war, kamen kaum noch Nachrichten aus dem Süden. Es dauerte fast einen Monat, bis Fischer berichteten, Tholian habe tatsächlich unter dem Steinschlag den Tod gefunden. Sein Heer, in dem die meisten Männer ohnedies gegen ihren Willen dienten, hatte das Lager abgebrochen und war nach Hause gezogen. Einige Zeit später traf ein Handelsschiff ein und die Besatzung berichtete, dass es im Süden sehr still geworden sei. Jawohl, sagte der Kapitän, als Keril selbst ihn befragte, die Grafen und Barone seien tief erschüttert. Doch Schuld an der Ruhe seien die einfachen Leute. Ohne dass sie etwas unternähmen, erschienen sie den Mächtigen bedrohlich; die Grafen wagten nicht einmal, dem Norden ein Friedensangebot zu machen. Zu sehr fürchteten sie, damit einen Aufstand auszulösen.
    Wieder einen Monat später fuhr ein Wagen in Hannart ein. Nach dem schwarzen Schlamm auf seinen Radachsen zu urteilen, war er durch die Marschen nach Norden gekommen. Wo ihn kein Schlamm verunzierte, war er fröhlich grün und golden gestrichen und schmuck ausstaffiert. Ein sehr hübsches Mädchen saß auf dem Kutschbock, neben ihr ein verträumt wirkender Mann mit schmalem Gesicht und einem dünnen, ergrauenden Bart. Der Fröhlichkeit Hannarts begegnete er mit einem Ausdruck milden Wohlbehagens. Die kleinen Goldbuchstaben auf den Seiten des Wagens verrieten seinen Namen: HESTEFAN DER BARDE.
    Die Menschen Hannarts begriffen sofort, dass es Musik und Neuigkeiten aus dem Süden geben würde. In Trauben folgten sie dem Wagen, der gemütlich durch die Straßen zuckelte und schließlich auf dem Hof des Grafenhauses vorfuhr.
    »Sieh nur! Ein Barde!«, sagte Brid zu Kialan.
    »Kennst du ihn?«, fragte Kialan Moril.
    »Ich habe von ihm gehört«, antwortete Moril. Er schaute sich Hestefans sanftes Gesicht und die verträumten Augen an, und ihm kam der Gedanke, dass er vermutlich genauso aussehen würde, wenn er einmal älter war.
    Der Wagen hielt an. Das graue, gescheckte Pferd schnaubte, als wollte es sagen: »Gut – das reicht für heute, vielen Dank.« Die Leinwandplane wurde etwas zurückgeschoben, und im Wagen stand eher zögernd ein dritter Reisender auf.
    »Dagner!«, kreischten Brid, Moril und Kialan.
    Sie rannten herbei und warfen sich auf ihn. Grinsend und malvenrot vor Freude kletterte Dagner vom Wagen und wurde von ihrem Ansturm gegen die Seitenwand geworfen.
    »Was ist passiert?«, fragte Brid.
    »Wie bist du aus dem Gefängnis gekommen?«, fragte Moril.
    »Ganner hat mich befreit«, sagte Dagner, als er wieder zu Atem gekommen war. »Ganner ist ein guter Kerl. Ich mag ihn mittlerweile sehr. Er ist uns gefolgt, wisst ihr, und als er uns nicht fand, ist er nach Markind zurückgekehrt. Dann … Ich weiß nicht, was du diesem alten Gernegroß von Richter erzählt hast, Moril, aber als sie mich wieder vor ihn brachten, da schien er mir gar nicht mehr so sehr von meiner Schuld
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